Die Familie Madrigal lebt seit Jahren gemeinsam in einem verwunschenen Haus in den Bergen Kolumbiens. Durch einen mysteriösen Zauber, ausgehend von einer stets leuchtenden Kerze, ist jedes Familienmitglied mit einer besonderen Gabe gesegnet - über übermenschliche Stärke, die Kontrolle des Wetters oder dem Reden mit Tieren. Einzig die junge Mirabel hat niemals eine Gabe abbekommen, weil das damalige Ritual aus unerfindlichen Gründen gescheitert ist - ein Ereignis, welches sie stark geprägt und sie auch ein wenig von den restlichen Familienmitgliedern abgespalten hat. Als Mirabel jedoch auf die Spur einer seltsamen Vision kommt, welche aussagt, dass sie selbst für das Erlischen der Kerze und somit dem Ende der Kräfte der Familie Madrigal verantwortlich sein könnte, unternimmt sie alles, um dies zu verhindern...
Der neueste Streich aus dem Hause Disney ist nur rund ein Monat nach seinem Kinostart bereits auf dem Streamingdienst Disney Plus zu sehen - ein Weihnachtsgeschenk, welches das Mausstudio seinen loyalen Kunden und Kundinnen zum Jahresende noch mitgeben will. Das ist natürlich durchaus erfreulich, denn auch wenn die aktuellen Kinofilme mittlerweile immer schneller den Weg zum Streaming oder auf Bluray finden, ist solch ein hohes Tempo schon erstaunlich. Leider kann "Encanto" nicht ganz mit den vorherigen Werken des Disneystudios mithalten, hat im direkten Vergleich und trotz seiner magisch angehauchten Geschichte deutlich weniger Staunen und Charme zu bieten. Das gilt natürlich nicht für die technische Seite der Produktion: Die Animationen sind wie gehabt auf höchstem Niveau, die cartoonigen Charaktere mit viel Liebe zum Detail erstellt. Besonders einige farbenprächtige Szenen, wie sie oft während den disneytypischen Musical-Einlagen gezeigt werden, wissen zu begeistern.
Darüber hinaus gibt es bei den Songs aber mehr als nur eine Enttäuschung zu verbuchen. Was in früheren Disney-Filmen oftmals ein Highlight war, ist hier eher schlecht als recht gelungen. Die einzelnen Songs sind an sich ganz nett, doch keiner von ihnen hat echten Ohrwurmcharakter, Gänsehaut-Feeling oder zumindest ein paar wirklich kreative Ideen zu bieten. Das ist durchaus überraschend, da immerhin Lin-Manuel Miranda seine Finger im Spiel hatte, dessen musikalische Kreativität in "Vaiana" noch deutlich stärker zum Ausdruck kam. Auch darüber hinaus hat mich die Geschichte nicht begeistert: Die Story rund um eine Familie, die mit verschiedenen Gaben gesegnet ist, hat zwar viele schöne Ideen zu bieten, kommt aber überraschend schwerfällig in Schwung. Es gibt einige durchaus witzige Szenen und natürlich bietet "Encanto", der auf eine typische Liebesgeschichte zum Glück verzichtet, auch einiges fürs Herz. Einige der Konflikte innerhalb der Familie wirken jedoch arg forciert und es fehlt innerhalb der Bande auch an echten Charakteren, an die man sich länger erinnern wird. Die meisten Figuren werden eher über ihre magischen Kräfte charakterisiert (und auch diese sind nicht zwingend originell gehalten) und haben darüber hinaus auf emotionaler Basis viel zu wenig mitzuteilen.
Natürlich gibt es dabei auch Ausnahmen - so ist der Charakter der Großmutter, die über die Familie wacht, eine angenehm doppelbödige Figur. Das gilt so nicht unbedingt für die Heldin, deren innerer Konflikt, keine eigene Gabe zu besitzen und die deswegen ständig auf der Suche nach ihrer großen Bestimmung ist, eher dazu da ist, sich ständig im Kreise zu drehen. Darüber hinaus wird Mirabel aber sicherlich besonders das junge weibliche Publikum als eigenständige und selbstbewusste Frau zu begeistern und auch zu inspirieren wissen. Diese Mixtur reicht dann am Ende auch, um Disney-Fans über rund anderthalb Stunden sehr solide zu unterhalten - es gibt immer wieder schöne Einzelszenen, manchmal sehr gut getimten Humor und besonders visuell ist der Film ein echer Augenschmaus. Man ist vom Mausstudio in den letzten Jahren aber deutlich stärkeres gewohnt gewesen, weswegen "Encanto" leider doch als etwas größere Enttäuschung verbucht werden muss.
Fazit: Mittelmäßiger Animationsstreifen aus dem Hause Disney, der zu wenig Charme und Kreativität zu bieten hat, obwohl der Aufhänger der Story dies durchaus hergegeben hätte. Die Charaktere wirken farblos, die Songs haben keinen echten Drive. Visuell ist "Encanto" dafür ein absoluter Augenschmaus.
Note: 3-
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