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No Sudden Move

1954: Der Kleinkriminelle Curt Goynes (Don Cheadle) wird gemeinsam mit den beiden Gangstern Ronald Russo (Benicio Del Toro) und Charley (Kieran Culkin) von dem undurchsichtigen Jones (Brendan Fraser) zu einem Clou angeheuert. Für eine vierstellige Bezahlung sollen sie die Familie Wertz in einem Haus festsetzen und dabei wichtige Dokumente ergaunern, welche Familienvater Matt Wertz (David Harvour) von seinem Vorgesetzten beschaffen soll. Erst scheint auch alles wie am Schnürchen zu laufen und die ersten Hindernisse überwinden die drei Gauner, indem sie einen kühlen Kopf bewahren. Doch dann treten die ersten Fehler auf, was sowohl die Familie Wertz als auch die drei Gangster in Gefahr bringt...

Steven Soderbergh ist ein echter Filmkünstler, der sich schon in den verschiedensten Genres ausgetobt und dabei immer wieder etwas Neues ausprobiert hat, dessen Werke mich aber zumeist kaltgelassen haben. Ich mochte zuletzt sein "Unsane" aus dem Jahr 2018, der erste komplett mit einem Smartphone gedrehte Kinofilm, während mich größere Werke wie Netflix' "Die Geldwäscherei" oder auch die kultige "Ocean's"-Trilogie im direkten Vergleich weniger tangierten. Im Jahr 2021 kehrt er dann auch wieder ins Gangster-Genre zurück und will eine ähnlich leichtfüßige Note wie in den Heist-Coups mit Danny Ocean erreichen, dies aber auch mit einem düstereren, wesentlich weniger zugänglicheren Background würzen. Diese Rechnung geht leider nicht ganz auf, denn obwohl Soderbergh wie gewohnt ein fantastisches Ensemble aus Hollywood-Stars, die man so noch nie gemeinsam gesehen hat, versammelt hat, gleitet ihm die Handlung immer wieder aus den Händen.
"No Sudden Move" beginnt dabei als ziemlich simpler Gauner-Thriller, wobei drei Kriminelle, über die wir so gut wie nichts erfahren und deswegen auch keine Bindung zu ihnen aufbauen, einen Coup annehmen und dann drohen ihn zu vergeigen. Soderbergh inszeniert schon diese ersten Begnungen kühl und ohne echte Aufregung - selbst wenn dann mal etwas furchtbar schiefläuft und ein Handlungsträger überraschend eine Kugel in den Kopf geschossen bekommt, bleibt die Inszenierung förmlich still. Das soll stilvoll und irgendwie "cool" sein, da Soderbergh gerade in der zweiten Hälfte aber mit immer absurderen Wendunegn um die Ecke kommt, scheint er sich eher zu verkopfen. Natürlich sind die lässigen Sprüche der Protagonisten und ihre Darstellungen cool und eine gewisse Faszination angesichts des Spiels und wie weit Soderbergh dieses treibt, um gar noch einen Wink hin zur wahren US-Historie zu stellen, stellt sich auch ein. Bei all dem Stil und dem coolen Gehabe, wo die eigenen Wendungen gefeiert werden, stellt sich so etwas wie Spannung oder gar Gefühl nicht ein: Die Charaktere sind uns herzlichst egal, zumeist sogar unsympathisch und nicht einmal die maßlos talentierten Stars können aus ihnen noch Leben herausholen.
Die stärksten Leistungen bieten dabei Ray Liotta (wie gewohnt großartig) und "Sleepless"-Star David Harbour, der als verängstigter Familienvater, der sich schließlich zu groben Taten hinreißen lassen muss, einfach nur herrlich agiert. Dass man indes aber so brillante Schauspieler wie Jon Hamm und 90er-Abenteuerikone Brendan Fraser in kleinen Auftritten verschenkt, grenzt beinahe an eine Sünde. Keinen Gefallen habe ich auch an der optischen Inszenierung gefunden: Soderbergh nutzte eine Art FishEye-Look, welcher besonders bei Weitwinkelaufnahmen für mehr Bildinhalt und abgerundete Ränder sorgt. Was sicherlich auch ein cooles, modernes Stilmittel sein soll, wirkt angesichts der teilweise seltsam komponierten Bilder aber eher nervig und selbst nach rund zwei Stunden Filmlaufzeit hat man sich nicht daran gewöhnt. Das ist sicherlich auch Geschmackssache, mich hat diese Optik jedoch eher verwirrt und es mir zusätzlich erschwert, in die Geschichte hineinzufinden. Wenn sich alle Parteien im letzten Drittel, wie in diesem Genre erwartet, gegenseitig aufs Kreuz legen, wird das Tempo indes auch erhöht, es wird jedoch angesichts der mau gezeichneten Figuren auch immer egaler. Stil ist leider nicht alles, Mr. Soderbergh.

Fazit: Soderbergh ist eine coole Sau und das zeigt sich in beinahe jedem seiner Filme - hier überwiegt der Gangster-Stil jedoch die Substanz, denn obwohl "No Sudden Move" viel zu erzählen hat, wirkt er arg verkopft und leidenschaftslos. Am Ende ist es einem, trotz der Starbesetzung, die hier alles gibt, ziemlich egal, wer nun wie viel Geld bekommt.

Note: 4+





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