Die Schauspielerin Lucille Ball (Nicole Kidman) und ihr Ehemann Desi (Javier Bardem) sind in den 50er Jahren die Stars der beliebten, wöchentlichen Sitcom "I Love Lucy" - 60 Millionen amerikanische Zuschauer lachen jede Woche vor den heimischen Bildschirmen über das lustige Pärchen. Hinter den Kulissen der Erfolgsserie sieht es aber weniger spaßig aus, da vor allem Lucy selbst die eifrigen Produzenten und Autoren mit kleinlichen Details und eigenen Wünschen auf Trab hält. Ein Schatten legt sich über die Produktion, als Lucy von der Presse verdächtigt wird, eine Kommunistin zu sein - Vorwürfe, die Lucy zwar zurückweist, die aber dennoch ihren Weg in die Medien finden sollen und somit sowohl Lucys Karriere als auch die ihres Mannes bedrohen. In der wohl furchtbarsten Produktionswoche der Serie geht nun jeder auf dem Zahnfleisch, da sie alle nicht wissen, ob sie überhaupt noch einen Job haben...
Es gibt gewisse Traumkombinationen von Cast und Crew, die einen Filmfan wie mich schon vorab völlig durchdrehen lassen - bei dem Drehbuch-Genie Aaron Sorkin, der solch meisterhafte Bücher wie zu "The Social Network" oder "Moneyball" geschrieben hat, ist diese Kombination im Grunde egal. Denn wenn Sorkin ein Buch schreibt und zusätzlich auch noch Regie führt (nun zum dritten Mal nach dem "nur" guten "Molly's Game" und dem brillanten "The Trial of the Chicago 7"), dann ahnt man, dass dabei nur etwas Gutes herauskommen kann. Und wenn dann auch noch solch starke Schauspieler*innen wie Nicole Kidman, Javier Bardem und J.K. Simmons engagiert werden, die mit den wunderbaren Zeilen Sorkins agieren dürfen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Nun ist "Being the Ricardos" kein perfekter Film geworden, doch das, worauf man sich zuvor gefreut hat, ist absolut so drin: Brillante, geschliffene Dialoge, die spannender und lustiger sind als so ziemlich alles, was wir dieses Jahr sehen durften; großartige Mimen, die in diesen Dialogen schlichtweg aufblühen; und ein charismatischer, provokanter und herrlich lustiger Blick hinter die Kulissen einer Sitcom.
Ja, das ist für jeden Filmfan absolut schmackhaft, weswegen ich vielleicht direkt vorab die Dinge aufzählen will, an denen das neueste Werk Sorkins scheitert. Zum einen nimmt sich "Being the Ricardos" etwas zu viel vor. Die einzelnen Plots rund um die Ehe der beiden Protagonist*innen, Lucys Konflikt mit den Vorwürfen der Medien, der Stress der Produzenten, die Streitereien der Nebendarsteller, Lucys Schwangerschaft, die Unterwürfigkeit des weiblichen Geschlechts zur damaligen Medienzeit, die hier aufgeräumt werden soll... all diese Ideen, Plots und Themen sind großartig geschrieben, doch ist es selbst für zwei Stunden zu viel, weswegen sich der Film gemeinhin etwas zu verzetteln droht. Im Mittelteil geht das Tempo flöten, da man sich viel zu akribisch den einzelnen Lagerfeuern widmen muss, wobei einzelne Charaktere leider über den Rand fallen - besonders die beiden jungen Autoren haben hier einen Konflikt auszutragen, dem sich viel zu selten richtig gewidmet wird. Das führt dazu, dass nicht jeder der Handlungsstränge richtig atmen kann, obwohl das Drehbuch aus jedem Plot noch wirklich viel rausholt - natürlich durch die herrlichen Dialoge.
Und trotzdem macht das enorm viel Spaß, wobei Sorkin besonders der Blick hinter die Kulissen einer spaßigen Sitcom gelingt. Mit versteinerten Mienen sprechen die Schauspieler die Gags durch, über die sich das Publikum wegschmeißen soll - das wirkt surreal und dennoch sicherlich ungemein realistisch. Sorkin zeichnet das Bild eines Tagewerks, welches bloß keine Risiken eingehen darf und dabei leistet er sich wunderbare Seitenhiebe auf die Firmenpolitik, der schon beim kleinsten Anzeichen eines Themas, welches nicht ganz mit den christlichen Wertevorstellungen der Zuschauer übereinstimmt, der Schweiß auf der Stirn perlt. In feingeistigen Dialogen, welche von den großartigen Schauspielern in bester Screwball-Manier herumgeschossen werden, bleibt kaum ein Auge trocken. Dabei erschafft Sorkin auch, nach anfänglichen Startproblemen, absolut faszinierende Charaktere mit Herz, Hirn und sehr viel Tiefe, verliert die Konflikte nicht aus den Augen. Das gipfelt in einem grandiosen Finale, dem zuvor nur wenige Längen vorausgingen, und wobei kaum ein Auge trockenbleiben dürfte. Die grandiosesten Leistungen vor der Kamera bieten dabei natürlich Kidman und Bardem, die als Paar vor und auch hinter der Kamera glänzen - Kidmans absolute Humorlosigkeit beißt sich dabei so schräg mit ihrer Rolle in der Sitcom, dass es eine wahre Freude ist. Doch auch die restliche Besetzung, über den nah am Herzinfarkt stehenden Produzenten zu den sich ständig kabbelnden Autoren und dem wunderbar cholerischen J.K. Simmons agieren absolut brillant.
Fazit: Das neue Buch von Aaron Sorkin ist in den Dialogen, die von bestaufgelegten Stars dargeboten werden, absolut fantastisch, seine Inszenierung makellos. Darüber hinaus hat sich "Being the Ricardos" thematisch etwas viel Futter aufgeladen und ist nah dran an einer Zerfaserung, die jedoch immer wieder durch die starken Charaktere und den wunderbaren Wortwitz verhindert wird.
Note: 2-
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