Nach dem spurlosen Verschwinden von Laurel (Karla Souza) und ihrem Sohn Christopher stürzt Annalise Keating (Viola Davis) in ein tiefes Loch und bekommt einen alkoholischen Rückfall. Wegen diesem entschließt sie sich zu einem Entzug und wird in einer intensiven Therapie mit ihren eigenen Selbstzweifeln und Problemen konfrontiert. Zuhause versuchen Connor (Jack Falahee), Oliver (Conrad Ricamora), Asher (Matt McGorry) und Michaela (Aja Naomi King) noch immer, Laurel zu finden. Frank (Charlie Weber) macht Connor und Oliver, die am Tatabend die Verantwortung für den kleinen Christopher hatten, schwere Vorwürfe und die Gruppe droht erneut zu zerbrechen. Als Annalise zurückkehrt, hat sie für ihre ehemaligen Schützlinge einen überraschenden Rat... und ein düsteres Geheimnis wird gelüftet.
Nach dem Ende der finalen Staffel von "How to Get Away with Murder" hat man unweigerlich das Gefühl, dass sich die Macher den ganz großen Ansporn, die Energie und das Tempo für eben diese letzten fünfzehn Folgen aufgespart haben. Wo die vorhergehenden Seasons trotz aller Spannung und sympathischer Antihelden immer wieder an unglaubwürdigen Handlungen, dramaturgischen Stolperern und wirren Plots zu kauen hatten, scheint die sechste Staffel diese Fehler nun zwar nicht auszumerzen, aber als eigenen Lebenssaft zu nutzen. Man nimmt sich beinahe alle großen Plots aus der Vergangenheit dieser Serie un klöppelt dabei ein Finale, welches sicherlich nicht frei von üblichen Fehlern ist, in dieser Konstante und auch auf emotionaler Hinsicht aber voll ins Schwarze trifft. Sicher, einige Fehltritte, die sich die Serie ab der zweiten Staffel immer wieder leistete, findet man auch hier. So wirken einige plötzliche Enthüllungen ungemein forciert, da sie im Grunde nur gebraucht werden, um einen Charakter in eine bestimmte Richtung zu lenken oder einen Plot anzutreiben. Auch die schier aggressive Musikuntermalung, die viele Szenen an den Rand des Kitsches treibt, sowie die fehlende Zeit am narrativen Ende, welches einige Tiefschläge und die unvermeidlichen Erklärungen und Verwicklungen diverser Fragezeichen zu rasch abspult, fallen weiterhin auf. Aber ansonsten gibt es eigentlich nichts, was an diesem Finale nicht stimmt - Fans werden es jedenfalls lieben.
Zu Beginn misst man sich dabei noch an alten Stärken: Wie zu alten Zeiten der hervorragenden ersten Season gefallen die ersten Episoden nicht zwingend mit hohem Tempo, jedoch mit spannenden Justizfällen, leisen Charaktermomenten, einem sich nur langsam entblätternden Mysterium, stimmigem Humor und interessanten Figuren. Hardcore-Fans der Serie dürfen sich indes darüber freuen, dass beinahe jeder wichtige Charakter entweder noch einmal auftaucht oder (falls bereits verstorben) irgendwie noch einmal wichtig wird - denn selbst nach dem Aushauchen ihres letzten Atemzuges scheinen gewisse Figuren noch immer von Relevanz zu sein, wenn sich neue schockierende Details aus ihren Leben offenbaren. Die Macher erweisen ihre Fans dabei alle Ehre, indem sie Plots aus den vergangenen Seasons nicht einfach zu den Akten legen, sondern sie noch einmal hervorholen - und sei es nur der Vollständigkeit halber. Die finale Season fühlt sich daher ein wenig wie ein Best Of der vergangenen Staffeln an und nimmt sich so ungefähr das Beste aus all diesen Geschichten. So bekommt der Plot mit seinem Finale ein neues, übergreifendes Gewicht.
Im späteren Verlauf schraubt sich die finale Staffel mit ihren emotionalen Tiefschlägen und teils überraschenden, teils gar schockierenden Wendungen immer höher und kommt auf dem Hochspannungslevel gar auf Touchfühlung mit der grandiosen ersten Season. Alle Zügel scheinen losgelassen, die Macher schießen mit scharfen Geschossen. Dabei vergessen sie nie das Herz ihrer Figuren, halten sämtliche Charaktere durch kleine und große Gesten im Fokus. Alle handelnden und noch lebenden Figuren bekommen noch einmal genügend Raum, was für emotionale Höhepunkte, aber auch für mehrere traurige Momente sorgt. Das Pacing stimmt daraufhin, da man endlich auf einen endgültigen Schlusspunkt hinlaufen kann und die Macher haben stimmige und spannende Ideen für diesen finalen Akt gefunden. Man weicht gekonnt zu sensiblen Happy Ends aus (die in dieser Form wohl auch nicht mehr möglich gewesen wären), sondern lässt die etablierten Charaktere aufeinander los. Das tut manchmal ziemlich weh, hat aber auch einen neuen Reiz und sorgt zudem dafür, dass die Schauspieler zu neuen Höchstleistungen angespornt werden. Insbesondere Viola Davis schmettert in ihrer Wortgewalt wieder Dialogsalven durch den Raum, die sich gewaschen haben.
Fazit: Kein perfektes Ende einer durchwachsenen Serie, aber das zu diesem Punkt wohl bestmöglichste. Gekonnt spielen die Macher mit den Emotionen, den offengelassenen Plots und den Charakteren und schrauben ihre finale Staffel zu einem dramatischen Höhepunkt, der einen ebenso energetischen wie treffsicheren Schlussakt darstellt.
Note: 2-
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