Nach ihrem sagenhaften Sieg mit einer Sammelklage vor dem Supreme Court scheinen Annalise Keating (Viola Davis) wieder alle Türen offenzustehen - gleich mehrere hochrangige Kanzleien, darunter auch Caplan & Gold, bemühen sich um sie. Zeitgleich wird Keating auch wieder an der Universität eingesetzt und unterrichtet mit Eifer und Feuer. Dabei stößt sie Asher (Matt McGorry) vor den Kopf, der sich von Annalise die gleiche Unterstützung erhoffte wie Connor (Jack Falahee), Laurel (Karla Souza) und Michaela (Aja Naomi King). Frank (Charlie Weber) durchsucht indes die Vergangenheit eines neuen Studenten von Annalise und bringt schockierende Enthüllungen ans Tageslicht. Und auch die Hochzeit von Connor und Oliver (Conrad Ricamora) steht an... doch auf der Feier soll es zu einem grauenvollen Vorfall kommen.
Nein, die enorme Qualität der ersten Staffel wird "How to Get Away with Murder" höchstwahrscheinlich nicht mehr erreichen, das stellte ich bereits beim Finale der vierten Season fest. Trotzdem saß die Serie seit der ersten Season wohl nicht mehr so gut im Sattel wie jetzt kurz vor dem Serienfinale: Staffel 5 zeigt, wie es doch noch gehen kann. Die abgehobenen Thriller-Elemente, wo im Grunde in jeder Folge mit Pauken und Trompeten ein neuer überraschender Täter enthüllt wurde, der zumeist aus dem Familienkreis der Protagonisten stammte, wo immer neue Wahnsinnswendungen zu den Vergangenheiten unserer Lieblingsfiguren preisgegeben wurden und Affären und Verschwörungen bis in die höchsten Ämter ziehen - diese Plots werden nun über weite Strecken zurückgefahren. Zwar spult die zweite Hälfte der Staffel auch wieder zu weiten Teilen solcherlei Plotelemente ab, doch werden diese, trotz einiger kruder Wendungen, wesentlich spannender, zumeist glaubwürdiger und intensiver erzählt.
Deutlich mehr im Fokus steht die Aktualität der Themen, die die Serie nun anfasst und dabei auf recht stimmige Art und Weise mit der Geschichte verbindet, die von Anfang an erzählt wurde. Themen wie Rassismus, Vorverurteilungen, die "MeToo"-Debatte und Geschlechtergleichheit werden nicht nur angesprochen, sondern auch aggressiv verhandelt, was dem Fortlaufen der eigentlichen Geschichte kaum ein Bein stellt. Man mag mokieren, dass diese gesellschaftlichen Themen manchmal etwas zu pathetisch und simpel angefasst werden - gerade angesichts der Tatsache, dass unsere Protagonisten zuvor einige kaltblütige Taten verrichtet und dabei auch nicht auf Geschlecht, Hautfarbe oder Sexualität ihres "Opfers" geachtet haben. Dass diese Serie nun aber trotz ihres gezielt verlaufenden Thriller-Plots genug Raum findet, um diese Themen anzusprechen, zu verhandeln und sie sogar als emotionalen Boden einzusetzen, ist sehr erfreulich. Das führt dann auch zu einigen der emotionalsten Momente der ganzen Serie, sowohl auf charakterlicher als auch auf handlungstechnischer Ebene - insbesondere der nun wieder voll im Fokus mitmischende Nate Lahey, gespielt von Billy Brown, und die beiden Fanlieblinge Connor und Oliver bekommen einige grandiose Szenen, die mal das Herz treffen und dann wieder die Magengrube.
Der Mix aus großen Emotionen, die unsere Charaktere formen und weiterentwickeln, und den üblichen schockierenden Wendungen, die uns als Zuschauer hin und wieder den Boden unter den Füßen wegziehen, gelingt nicht immer perfekt, aber meist schnörkellos. Da sich die Serie erneut genug Zeit nimmt, um seine Figuren zu betrachten und diese weiterzuerzählen, sitzen einige Tiefschläge noch etwas härter und wir lernen unsere Lieblingscharaktere auch noch ein wenig mehr lieben - insbesondere das gemeinsame Spiel der Figuren untereinander macht Freude. Da ist es nur zweckdienlich, dass Annalise Keating sich diesmal wieder mehr dem Ensemble einfügt und als eine von vielen Hauptrollen agiert, sodass man diesmal nicht nur von einer brillanten Viola Davis, sondern von einem durch und durch starken Cast sprechen darf, die sich passend die Bälle zuspielen. Billy Brown, Liza Weil und Charlie Weber, dessen Frank Delfino diesmal keine so unpassenden Wendungen auf den Leib geschrieben bekommt, ragen noch ein Stückchen mehr heraus. Das schwächste Glied der Kette ist derweil Neuzugang Rome Flynn: Dessen Gabriel Maddox wurde schon im Cliffhanger zum Ende der vierten Staffel als neuer Knackpunkt eingeführt und nimmt dementsprechend eine wichtige Rolle im Geschehen ein. Eine Herausforderung, der Flynn nur marginal gewachsen ist, da er auch optisch nicht wirklich passen will. Sein Maddox wirkt, auch mit dem perfekten Sixpack, welches er auf krude Art und Weise immer wieder präsentieren muss, eher wie ein harmloser, unverschämt hübscher Poster-Boy für die Generation Bravo und macht dabei einen ähnlich schwachen Eindruck wie der konturlose Taylor Lautner in der mauen "Twilight"-Filmreihe.
Fazit: Einige Schönheitsfehler bekommt diese Serie nicht mehr in den Griff, doch dank einer packenden Geschichte mit aktuellen Themen, starken Charaktermomenten und mehr Hochspannung sitzt die Serie nun wieder fester im Sattel. Ich hoffe, dass das Serienfinale dieses Niveau hält... oder es sogar noch übertrifft.
Note: 3+
Kommentare
Kommentar veröffentlichen