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Stowaway - Blinder Passagier

Zoe Levenson (Anna Kendrick), David Kim (Daniel Dae Kim) und Commander Marina Barnett (Toni Collette) sind die drei Teammitglieder einer Raumfahrt zum Mars - dort sollen die ersten Vorbereitungen auf eine mögliche Kolonisierung des roten Planeten durchgeführt werden. Kurz nach dem Start entdeckt Barnett mit dem verletzten Ingenieur Michael Adams (Shamier Anderson) einen blinden Passagier an Bord, wobei auch Teile des Luftfilterungssystems beschädigt werden. Wie die Crew wenig später feststellt, reicht der Sauerstoff an Bord nicht mehr für vier Personen und auch ein Abbruch der Mission ist nicht mehr möglich. Die drei Crewmitglieder versuchen nun, noch ohne den schockierten Michael von der prekären Situation zu unterrichten, eine Lösung für das Problem zu finden - ein tödlicher Ausgang wäre das Ende, wenn sie dies nicht schaffen.

Regisseur Joe Penna entfernt sich für diese filmische Weltraum-Mission weit von den großen und optisch hochkarätigen Blockbustern und ihren endlosen Actionszenen im dunklen All. Zwar gibt es auch hier im letzten Drittel einen Wettlauf gegen die Zeit, der auch mit einigen spektakulären Bildern ordentlich untermauert wird. Darüber hinaus konzentriert sich Penna aber über weite Strecken auf das Psychogramm seiner vier Charaktere... und auch hier geht er beeindruckend leise vor. Es gibt keinerlei hochemotionale Streitereien, stattdessen versuchen alle Figuren, ihren Erfahrungen angemessen, immer und immer wieder eine passende Lösung für das Maleur zu finden - allerdings sehen sie auch den letzten, womöglich bald unvermeidlichen Ausweg eines klaren Opfers, wenn der Sauerstoff tatsächlich nur für drei Personen reichen wird. Das mag manch einem Zuschauer zu dröge sein, doch der Konfliktstoff, den Penna hier ausgräbt, funktioniert auch ohne Szenen, in denen sich die Charaktere ständig an die Gurgel gehen. Tatsächlich wirken kurze Momente, in denen der arme Michael von einem anderen Crewmitglied gefragt wird, ob er denn nicht bitte Suizid begehen könnte, umso heftiger.
Trotz des niedrigen Tempos hält Penna die Spannung sehr solide aufrecht. Die Lösungen, welche die Charaktere zu finden versuchen, erschließen sich dem unbedarften Zuschauer aufgrund des hohen Technikbedarfs an Bord des Raumschiffes zwar nicht immer, finden in den Gesichtern der immer und immer verängstigteren Crewmitglieder jedoch eine verständliche Dringlichkeit. Untermalt wird dies von einem zurückhaltenden Soundtrack und einer unauffälligen Inszenierung, welche die Enge der Räumlichkeiten sowie Einsamkeit und Trostlosigkeit im All auf den Punkt bringt. Einen eigenen Stempel, wie ihn Christopher Nolan oder Alfonso Cuaron in diesem Genre mitbrachten, vermisst man zwar, doch kann Penna diesen menschlichen Konflikt dennoch recht kraftvoll herausarbeiten. Nur in wenigen Momenten ergötzt sich der Regisseur dann auch an der Schönheit des Weltalls, wenn Michael und Zoe beispielsweise einen Blick auf die Erde werfen, die sich um sie zu drehen scheint. Und während des großen Finales bekommen wir auch noch einige Bilder geboten, die zwar eher statisch anmuten, aber dennoch zu beeindrucken wissen.
Dass "Stowaway" letztendlich nicht rundum überzeugt, liegt an den vier Charakteren, die man sich für dieses Kammerspiel zusammengesucht hat - denn bei solch einer Ausgangslage ist es wichtig, dass alle Figuren an und für sich funktionieren. Mit dem Wissenschaftler David, hier gespielt von Daniel Dae Kim in seiner wohl besten Rolle seit der Hit-Serie "Lost", hat man aber nur eine Figur dabei, deren innere Konflikte und generelle Ausstrahlung wirklich interessant sind: Wenn sich David in einer Schlüsselszene zwischen einem möglichen Ausweg und seiner Arbeit der letzten Jahre entscheiden muss, ist das ein ganz starker Moment. Die anderen Figuren bleiben dagegen deutlich zurück: Die prekäre Situation vom blinden Passagier Michael stößt sich an seiner nahezu formelhaften Vita und Toni Collette's Charakter hat im Grunde keinerlei Merkmale, was angesichts solch einer fabelhaften Schauspielerin eine Schande ist - sie hat hier leider kaum etwas beizutragen. Und auch Anna Kendrick kann ihrer viel zu sehr auf Moral pochende Ärztin Zoe trotz einer energetischen Performance nicht viele Grauzonen zuspielen und wird etwas zu arg als stille Heldin charakterisiert, die dementsprechend etwas fade bleibt.

Fazit: Joe Penna entwirft ein interessantes Kammerspiel im Weltall und entwickelt einen spannenden, wenn auch sehr ruhig inszenierten Wettlauf gegen die Zeit. Die unterentwickelten Charaktere sorgen indes nicht dafür, dass man durchgehend gepackt ist.

Note: 3



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