Direkt zum Hauptbereich

The 355

Soldaten mit finsteren Plänen erbeuten eine High-Tech-Festplatte und somit ein Programm, welches dazu fähig ist, die globale Internetkommunikation lahmzulegen. In den falschen Händen könnte dies rasch den Beginn eines alles vernichtenden Dritten Weltkrieges haben, weswegen die CIA-Agentin Mace Brown (Jessica Chastain) und ihr Partner Nick (Sebastian Stan) darauf angesetzt werden, die Festplatte zurückzuerobern. Im Einsatz bemerkt Mace jedoch, dass verschiedene Parteien hinter dem Programm her sind und dies aus den unterschiedlichsten Gründen. Darunter fallen eine Agentin des deutschen BND namens Marie (Diane Kruger) sowie die Kolumbianerin Graciela (Penelope Cruz) und ihr Partner Luis (Edgar Ramirez). Hilfe holt sich Mace schließlich beim MI6 und ihrer Freundin Khadijah (Lupita Nyong'o)...

Man hätte diesem Film ein Gelingen wirklich gewünscht. Nicht nur ist es, auch seitens der Produzentin Jessica Chastain, der erneute Versuch, endlich ein Action-Franchise mit weiblicher Starbesetzung zu erschaffen, um damit den müßigen Diskussionen einer weiblichen Bond-Agentin oder einer weiblichen "Indiana Jones" aus dem Weg zu gehen... denn wieso sollten zuvor von Männern dominierte Franchises nun auf Gedeih und Verderb für eine weibliche Hauptrolle zurechtgeschrieben werden, wenn denn auch etwas ganz Neues erschaffen werden kann, was ganz und gar auf die schlagkräftigen Damen zugeschnitten ist? Leider setzt "The 355" dem wenig entgegen, was man daran nun wirklich lobenswert finden kann und was über die sicherlich mehr als gutgemeinte Ausgangsidee hinausgeht. Das Drehbuch nämlich ist eine Katastrophe, ganz gleich welchen Geschlechts die Hauptfiguren hier sind, und nutzt dabei die Klischees des Genres auf altbackene Art und Weise. Dass Chastain und ihr Team hier einem von Männern dominierten Genre endlich eine schlagkräftige Frauentruppe zufügen wollten, leuchtet ein... warum man dabei aber auf genau die mauen Handlungsgrundlagen zurückgreift, die von den Männern schon tausendmal abgegriffen wurden, ist unverständlich.
Und so finden wir uns wieder in einer Story, die so auch locker als Aufhänger für eines der Bond-Abenteuer mit Pierce Brosnan gereicht hätte. Da steht natürlich das mögliche Ende der Welt, wie wir sie kennen, auf dem Spiel und nur diese Truppe aus tatkräftigen Agentinnen kann das womöglich noch verhindern. Die Ausgangslage eines Hacker-Werkzeugs, welches nicht in die Hände der Antagonisten geraten darf, ist dabei ebenso unoriginell wie blödsinnig geraten - mit der inneren Logik nimmt man es hier wirklich nicht zu genau. Auch dramaturgisch ist "The 355" nah dran an einer Bauchlandung, liefert schwach geschriebene Charaktere, hirnrissige Wendungen und allerlei Leerlauf im Mittelteil. Es gibt uralte Klischees wie das Infiltrieren einer High-Society-Party, gesichtslose Trupps mit allerlei Waffen, eine Auktion unter Milliardären... und all dies entwickelt dabei zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Charme. Indes tummeln sich zwischen den zahlreichen Actionszenen, die immerhin sehr solide gemacht sind und nicht Gefahr laufen, irgendwann an ihrer eigenen Überzeichnung zu ermüden, auch Dialoge, die nur schwer zu ertragen sind. Das "Show don't tell"-Prinzip scheint "X-Men"-Regisseur Simon Kinberg jedenfalls vollkommen abzugehen, weswegen er sämtliche Informationen und Hintergründe immer wieder über ungemein gestelzt klingende Wortfetzen durch den Raum fliegen lässt.
Auch die Schauspielerinnen in den Hauptrollen entwickeln untereinander keinerlei Chemie, was angesichts der furchtbaren Dialoge, die sie hier gemeinsam führen müssen, aber auch nicht verwundert. Enttäuschend ist vielmehr, wie sehr die großen Talente hier vergeudet werden - nicht mal eine sonst stets so großartige Lupita Nyong'o kann in ihrem farblosen Part irgendwelche Akzente setzen. Neben den mäßig gezeichneten weiblichen Hauptfiguren fallen auch die banalen Bösewichte auf, die das Klischee eines Bond-Schurken verinnerlicht haben, aber darüber hinaus keinerlei Bedrohung ausstrahlen. Wie man es auch dreht und wendet: Man wird das Gefühl nicht los, dass man mit diesem Film all die Agenten-Thriller kopieren wollte, die unter männlicher Führung bislang so gut liefen. Dass dies auch mit einer weiblichen Besatzung funktionieren würde, war eigentlich klar, doch muss man dafür, ganz unabhängig vom Geschlecht, eben auch einen ähnlich gewitzten Charme wie die "Mission: Impossible"-Filme oder ein so gutes Drehbuch wie die "Bourne"-Trilogie abliefern. Beides geht "The 355" in seiner Klischee-Kulisse und mit seinem drögen Plot vollkommen ab, weswegen man sich höchstens an soliden Actionszenen und einigen temporeichen Verfolgungsjagden amüsieren kann - einen tieferen Eindruck hinterlässt der Film darüber hinaus aber nicht, was gleich an mehreren Fronten ebenso enttäuschend wie schade ist.

Fazit: "The 355" hätte als feministischer Agenten-Thriller endlich ein Zeichen setzen können, verlässt sich aber nur auf die faden Klischees, die zuvor in anderen Action-Franchises totgenudelt wurden. Hinzu kommt ein desaströses Drehbuch sowie eine Starbesetzung, die keinerlei Chemie untereinander aufweist - ein Actionflop, der tatsächlich wehtut.

Note: 4-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid