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Hawkeye

Eigentlich will Clint Barton (Jeremy Renner) nur ein entspanntes Weihnachtsfest mit seinen Kindern in New York City verbringen. Doch nicht nur die Erinnerungen an das selbstlose Opfer seiner besten Freundin Natascha sowie den letzten Kampf gegen den Titanen Thanos nagen noch an ihm - auch die Rückkehr seiner früheren Tarnidentität "Ronin" sorgt plötzlich für Aufregung. Clint will der mysteriösen Person, die offensichtlich seinen Anzug stibitzt und sich für den rächenden Samurai ausgibt, nachjagen - auch um so seine Familie zu schützen. Dabei trifft er auf die talentierte Bogenschützin Kate Bishop (Hailee Steinfeld), die in Clint nicht nur ein großes Idol sieht, sondern womöglich selbst in eine gefährliche Verschwörung hineingetappt ist... und dabei durchaus die Hilfe von einem echten "Avenger" gebrauchen könnte.

Die vierte Serie innerhalb des Marvel Cinematic Universe widmet sich einem Helden der allerersten Garde. Ursprünglich war ein eigener Film zu dem talentierten Bogenschützen, der schon seit den ersten Filmen zur Garde der "Avengers" gehört, geplant - doch ein Serienstoff schien reizvoller. Im direkten Vergleich mit den wesentlich mutigeren und komplexeren "Loki" oder "WandaVision" ist "Hawkeye" nun deutlich geradliniger erzählt. Die Serie geht weniger Wagnisse ein, sondern erzählt ein durchweg unterhaltsames Marvel-Abenteuer, welches hier und da bereits die ersten Fronten in Richtung der weiteren Zukunft des Franchise legt, aber auch vorherige Plots und Cliffhanger aufnimmt und weitererzählt. Dementsprechend fügt sich auch das Solo-Abenteuer von Clint Barton atmosphärisch und inszenatorisch in den großen Marvel-Kosmos ein, ohne dabei ein allzu großes Aufsehen zu machen. Und das ist als kleine Abwechslung zu den zuletzt ja immer gigantischer werdenden (und ebenfalls wahnsinnig unterhaltsamen) Materialschlachten der "Eternals" und Co. ja auch eine nette Sache. Die Serie funktioniert dabei aber weniger über ihren narrativen Plot, in welchem die Bösewichter eher fad bleiben und die langwierige Exposition von diversen Geheimnissen und Verbänden nur solide Unterhaltung bleibt - sondern über das unwiderstehliche Team-Up seiner Besetzung.
Im Fokus steht dabei natürlich der titelgebende Avenger, der zudem Unterstützung von einer in den Comics populären, im MCU gänzlich frischen Figur bekommt - und dieses Duo vermag von Anfang bis Ende den Unterhaltungswert enorm hochzuhalten. Nicht nur gerät dieses als eine Art Staffelstabübergabe getarnte Abenteuer durchweg erheiternd, es werden auch emotionale Töne angestoßen, wenn sich Barton selbst mit dem abfinden muss, was er für andere Menschen ist. Und sowohl der MCU-erprobte Jeremy Renner als auch die neu zum Franchise hinzustoßende Hailee Steinfeld spielen sich hier wahnsinnig energetisch die Bälle zu. Neben den beiden ist es aber auch den zahlreichen Nebenfiguren zu verdanken (wobei sich neben vielen neuen Gesichtern auch einige bekannte Figuren ein Stelldichein geben), dass der Cast von "Hawkeye" durchweg sympathisch herüberkommt und im Finale ein sehr rundes, durchdachtes Bild ergibt. Da stört es wenig, dass der Plot ein wenig schwer in Gang kommt und am Ende der Gedanke überwiegt, dass so viel lange Story-Einführung angesichts der simplen Geschichte nicht notwendig gewesen wäre. Da die Charaktere nämlich so überzeugend geschrieben und gespielt sind, die Dialoge vor süffisantem Humor sprühen und immer wieder interessante Fässer erneut geöffnet werden, die auf vorhergehende und zukünftige Handlungen anspielen, bleibt das Tempo konstant hoch.
Auch die Actionszenen überzeugen über weite Strecken - die Macher finden viele Ideen, die verschiedenen Figuren und ihre menschlichen Fähigkeiten zusammenzubringen, sie mit Humor und Kreativität zu würzen und dabei trotzdem ihre Charaktereigenschaften nicht zu vergessen. Aus dem Rahmen fällt dabei nur eine im Trailer bereits prominent platzierte Autoverfolgungsjagd, die in jedem anderen Marvel-Film wohl eine brillante Choreographie ergeben hätte, hier aber seltsam mau inszeniert herüberkommt, wobei jegliche Dynamik verloren geht. Glücklicherweise machen das die anderen Szenen, in denen kräftig zu Pfeilen, Schwertern und anderen Waffen gegriffen wird (auch hier sind die Anspielungen auf andere Helden und Abenteuer für jeden Fan Gold wert) aber deutlich besser. Neben all dem hohen Tempo sind es aber vor allem die stillen Momente, die "Hawkeye" nicht zur besten Serie des aktuellen MCU, aber dennoch zu einem qualitativ hochwertigen Beitrag machen. So gefällt besonders der Handlungsstrang rund um Clints Vorwürfe, die er sich bezüglich seiner Freundin Natascha macht - dabei gefällt "Hawkeye" nicht nur als glaubwürdige Erzählung über Verlust und Zukunftsängste, sondern auch als Abschluss einer der ersten Heldinnen des Marvel Cinematic Universe, der hier sehr berührend und konsequent erzählt wird.

Fazit: "Hawkeye" ist besonders wegen seiner unwiderstehlichen, hervorragend aufgelegten Besetzung eine wahnsinnig unterhaltsame Serie. Für Fans des MCU gibt es eine Menge zu entdecken, die Serie hält ein starkes Pacing zwischen Humor, Action und stillen Momenten. Da stört es wenig, dass der etwas umständlich aufgezogene Plot letztendlich hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.

Note: 2-





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