Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs hat der britische Herzog Orlando Oxford (Ralph Fiennes) nur einen Gedanken: Er will sämtliche Gefahren von seinem Sohn Conrad (Harris Dickinson) fernhalten, nachdem er seine geliebte Frau Emily (Alexandra Maria Lara) während eines Gefechts verloren hat. Conrad selbst jedoch möchte unbedingt in den Krieg ziehen und sucht daher den Kontakt zu einem engen Vertrauten seines Vaters, dem britischen General Herbert Kitchener (Charles Dance). Indes versammlt ein mysteriöser Bösewicht mehrere kaltblütige Schergen um sich - gemeinsam wollen sie die drei europäischen Herrscher aus Deutschland, Russland und England gegeneinander ausspielen, um so den Krieg zu ihren Gunsten zu verändern...
Die meisten Fans (mich eingeschlossen) hätten sich wohl lieber einen offiziellen, dritten "Kingsman"-Film gewünscht, doch trotzdem waren die Erwartungen an dieses Prequel nicht niedrig: Nicht nur sollte hier die Geschichte der Entstehung des Gentleman-Clubs erzählt werden, was an und für sich nach einer sehr interessanten Sache klang... auch übernahm mit Matthew Vaughn der Regisseur der ersten beiden Filme erneut das Ruder und wieso sollte er das denn tun, wenn er dabei innerhalb seiner großen Franchise nicht etwas Eindrückliches zu erzählen hätte? Leider bleibt uns Vaughn diese Antworten schuldig, denn bis auf wenige Momente, in denen recht hölzern auf allerlei Merkmale der Original-Filme angespielt wird, hat er zur Entstehung der Kingsman so gut wie gar nichts zu erzählen. Stattdessen könnte man oftmals beinahe vergessen, dass dies hier überhaupt ein "Kingsman"-Film ist, steht die äußerst ziellose und zähe Geschichte doch eher für sich selbst. Man hätte diesem Film wohl ohne größere Änderungen einen anderen Titel geben können, um somit einen eigenständigen Streifen außerhalb des Franchise zu erschaffen. So entsteht der Eindruck, dass man mit dieser recht banalen Geschichte rasch ein wenig mehr Aufmerksamkeit generieren wollte, indem man eben einfach einen großen Namen draufschreibt.
Das alleine wäre an sich noch nicht so schlimm, wenn "The King's Man" darüber hinaus denn ganz eigene Qualitäten offenbaren würde. Doch diese Hoffnungen zerschlagen sich rasch: In den ersten vierzig Minuten kommt der Film kaum aus den Sporen und offenbart enorme, tonale Probleme. Vollkommen wirr und ohne jegliche Dynamik wechselt er zwischen einem emotionalen Kriegsdrama, einer weitestgehend humorlosen Agenten-Parodie und einem klassischen Thriller hin und her, ohne dass sich diese Genres dabei irgendwie passend zusammenfügen würden. Die Story ist mit allerlei Plotpoints hoffnungslos überfüllt und in den schlimmsten Momenten hat man das Gefühl, dass nur zahlreiche Szenen ohne wirkliche Dringlichkeit aneinandergereiht werden. Der Fokus fehlt, es entsteht weder eine eigene Spannung noch wissen die Charaktere zu faszinieren. Es scheint, als hätten die Macher unendlich viele Ideen gehabt und sich dann dazu entschieden, einfach alle in diesen Film zu stecken - mit dem Ergebnis, dass "The King's Man" irgendwann so vollgestopft mit Figuren und Einfällen ist, dass diese sich allesamt gegenseitig im Weg stehen. Dabei geht sogar die verrückte Dynamik des Franchise verloren und über weite Strecken agiert der Film ungewohnt ernst und düster, nur wenige Szenen enthüllen die schräge Komik der Vorgängerfilme.
Dass es diese Momente gibt, lässt sich zwar nicht von der Hand weisen. So ist eine hervorragend choreographierte Kampfszene in Russland, die sich zwischen Tanz und knallhartem Fechtduell wiederfindet, ein aberwitziges Highlight, welches in dieser perfekten Inszenierung aus Musik, Schnitt und Choreo auch von einem Meisterregisseur wie Edgar Wright stammen könnte. Diese Momente sind allerdings rar gesät, denn gerade die starken Actionszenen machen nur einen kleinen Teil der Laufzeit aus und wurden zudem fast vollständig in den zahlreichen Trailern verbraten. Die streckenweise enorm langen Zwischenspiele, in denen sich die kopflose Story erzählen möchte, hätten in dieser Form zumindest dazu genutzt werden können, um das namhafte Ensemble ordentlich auftrumpfen zu lassen. Doch auch hier gilt: Chance vertan. Vaughn konnte für zahlreiche Nebenrollen großartige Stars gewinnen, die letztendlich so gut wie gar nichts zu tun haben. Bei den Engagements von dem fantastischen Daniel Brühl, "Captain America"-Star Stanley Tucci oder auch Aaron "Kick-Ass" Taylor-Johnson fragt man sich gar, was ihre Figuren in diesem Film zu suchen haben. Immerhin macht Ralph Fiennes in der Titelrolle eine ganz ausgezeichnete Figur, aber von ihm war in dieser Hinsicht eigentlich auch nichts anderes zu erwarten. Zu erwähnen wäre an dieser Stelle womöglich auch noch Rhys Ifans als einer der zentralen Schurken des Films, der mit seiner gigantischen Präsenz zwar die Leinwand auffrisst, aber auch mit extremem Overacting und grenzdebilen Witzchen ein gewisses Nervpotential mitbringt.
Fazit: "The King's Man" liefert weitaus weniger als das, was er mindestens liefern müsste. Als Teil der Reihe bietet er absolut nichts, was irgendwie benötigt worden wäre und erzählt darüber hinaus eine eigenständige Geschichte, die nur als kopfloser Murks bezeichnet werden kann. Einige starke Action-Momente wissen zu unterhalten, ansonsten ist dieser Blockbuster aber nah dran an einer Bauchlandung.
Note: 4
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