Direkt zum Hauptbereich

Reminiscence

In der Zukunft ist die Menschheit durch einen grausamen Krieg gezeichnet - die Wirtschaft ist am Ende, Miami wurde von Wasser überflutet und es gibt keinerlei Zukunft mehr, auf die es sich noch lohnt darauf hinzuarbeiten. In dieser bedrückenden Zeit haben Nicolas Bannister (Hugh Jackman) und seine Kollegin Watts (Thandie Newton) ein fluorierendes Geschäft entdeckt - mittels einer High-End-Technik können sie ihre Kunden in ihre eigenen Erinnerungen an bessere Zeiten zurückversetzen und diese erneut realistisch erleben lassen. Doch auch Nicolas selbst verfällt alsbald der Sucht nach der sogenannten "Reminisenz", als er damit beginnt, seine große Liebe Mae (Rebecca Ferguson) aufzuspüren... und er droht, sich in diesem Fall selbst zu verlieren.

Wer schwelgt nicht gern in Erinnerungen an bessere Zeiten? Vielleicht in den Zeiten der unbeschwerten Kindheit, an schöne Feiern, Zusammenkünfte, an die erste Liebe oder einfach an die Zeit vor einer Pandemie, die unser Leben beeinträchtigt? Die Idee mit dem Spiel der Erinnerungen und wie diese auch zu einer Sucht werden können, die einen dazu bringt, sich im realen Hier und Jetzt nicht mehr richtig zurechtzufinden, ist im Blockbuster-Kino nicht unbedingt neu. Letztendlich ist an "Reminiscence" deutlich weniger frisch als man vorab glauben mochte, denn die Verbindung aus einem Sci-Fi-Krimi, einem Liebesdrama und einem apokalyptischen Szenario gab es zumindest in Versatzstücken schon mehrfach - vielleicht nicht zusammen, aber einzelne Elemente lassen sich durchaus wiedererkennen. So atmet die in ihrer Realität erschütterte, einer Sucht gleichende Liebesgeschichte ganz klare "Inception"-Vibes, während im Sci-Fi-Teil Erinnerungen an bildgewaltige Blockbuster wie "Minority Report" oder "Total Recall" wachwerden. Bezüglich der Optik hat "Reminiscence" aber nicht vor, mit diesen zu konkurrieren - die wenigen Actionszenen werden solide abgefrühstückt, groß angelegte Mega-Szenen gibt es nicht. Stattdessen steht ein teilweise recht leise inszenierter Kriminalfall mit allerlei Wendungen im Fokus der Geschichte.
Und mit dem fangen die Probleme dann auch an, denn nach einem noch recht atmosphärischen Start, der uns die Arbeit von Nicolas und Watts an der sogenannten Reminiscence deutlicher erzählt, macht die Spannungskurve einen deutlichen Schlenker nach unten. Es ist nicht so, dass die Geheimnisse der mysteriösen Mae absolut uninteressant werden, sie funktionieren nur nicht als Aufänger der Geschichte. Der Fall, in welchem sie verstrickt ist, ist schlicht und einfach nicht spannend genug, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers gänzlich aufrecht zu erhalten. So verläuft auch die Spurensuche von Nicolas, welcher seiner Mae und diversen Drahtziehern nachläuft, relativ zäh und wird nur ab und an von einigen kleinen Scharmützeln aufgelockert. Auch verbleibt die Beziehung zwischen Mae und Nicolas oberflächlich, wirkt eher wie eine nette Romanze als wie die ganz große Liebe. Die Funken wollen zwischen Hugh Jackman und Rebecca Ferguson in den Hauptrollen nicht so richtig fliegen, obwohl beide an und für sich achtbare Performances liefern. Auch die restliche Besetzung kann sich mit prominenten Namen wie Cliff Curtis oder "Mission: Impossible"-Star Thandie Newton durchaus sehen lassen, richtig gefordert werden die Nebendarsteller*innen aber leider auch nie.
Statt eines höchstens durchschnittlichen Kriminalfalls im Sinne einer Sci-Fi-Dystopie hätte ich mir einen ausführlicheren Einblick in die Arbeit des Erinnerungskommerz gewünscht. Am Ende bleibt nämlich nicht nur äußerst schwammig, wie diese Technik überhaupt funktioniert... wir erhalten auch zu wenig Background über dessen Entstehung und was die Menschen darin sehen, empfinden und wie sie damit umgehen. Die Szenen, in denen Nick und seine Kollegin Watts ihrer Alltagsarbeit nachgehen, sind im Kern interessanter und atmosphärischer als der gesamte Crime-Anteil des Films... leider wird ersterem dabei aber zu wenig Zeit eingeräumt. Dabei geben Jackman und Newton ein deutlich charmanteres Duo ab, doch auch deren freundschaftliche Beziehung zueinander wird im Nachgang viel zu wenig beleuchtet. Am Ende bleibt dabei ein Film, der eine ganze Menge Zeug anpackt und nichts davon wirklich schlecht macht, aber auch viel Potenzial verschludert, da der Fokus zu Unrecht falsch gesetzt wurde.

Fazit: Der im Fokus stehende Sci-Fi-Crime-Fall ist höchstens mäßig interessant und verläuft als zähe Spurensuche in einer durchschnittlich spannenden Geschichte. An den Nebenschauplätzen stellt der Film zwar interessante Fragen, verfolgt diese aber leider nicht weit genug.

Note: 3-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid