Um sich von ihrer Schwangerschaft abzulenken, hat Jean Milburn (Gillian Anderson) während der Sommerferien ein Buch über ihre Zeit an der Moordale High verfasst, welches sogleich die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen hat. Die Schule gilt nun als "Sex School", Schüler und Lehrkräfte stehen im Auge von Fernsehreportern. Die neue Rektorin Hope Haddon (Jemima Kirke) soll Ruhe in den Laden bringen und greift mit unwahrscheinlich harter Hand durch. Da scheint sich etwas Übles anzubahnen, doch hat Otis (Asa Butterfield) dafür derzeit noch gar keinen Kopf - in der Schule scheint sich nämlich jemand als "Sex King" auszugeben und den verzweifelten Schülerinnen mit schwachen Ratschlägen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Um dem Übeltäter auf die Spur zu kommen, muss sich Otis erneut mit Maeve (Emma Mackey) zusammentun, die keine Ahnung davon hat, dass Otis zu Beginn der Ferien versucht hat, ihr all seine Gefühle zu gestehen...
Schon die zweite Staffel war ein kleiner Letdown, der aber dennoch aufgrund der sympathischen Figuren und der unwiderstehlichen Mischung aus skurillem Witz, sensibler Aufklärung und viel Herz und Verstand zu unterhalten wusste. Mit der dritten Season gerät das Konzept eines jungen, pubertierenden Schülers, der als Sex-Therapeut für seine verzweifelten Mitschüler*innen eintritt, jedoch allmählich außer Kontrolle. Von der anfänglichen "Sex Education" ist hier ohnehin kaum noch etwas übrig und die Macher müssen sich wahnsinnig mühen, noch einen Deckel über all die verschiedenen Haupt- und Nebenhandlungen zu stülpen. So wie die direkte Vorgängerstaffel zerfasert nämlich auch die dritte Staffel angesichts so vieler Plots und Charaktere relativ schnell, springt von einer Handlung zur nächsten und bleibt uns einen echten Bogen schuldig. Diesmal wird allerdings auch der Versuch gewagt, noch einen übergeordneten Plot drüberzuschlagen, der fast alle relevanten Charaktere miteinbezieht... nur ist dieser selbst mit einem zugedrückten Auge und einer Liebe für skurillen Wahnsinn nur noch sehr schwer zu goutieren.
Die neuen Regelungen an der Moordale High wirken dabei, als wäre plötzlich Dolores Umbridge in die Sex-Schule eingekehrt - und das ist nicht mal eine Übertreibung. Mit völlig wahnwitzigen Übertreibungen, welche die neue Rektorin als vollkommen überkandidelte und größenwahnsinnige Irre zeichnen, soll hier eine Art "Bedrohung" aufgebaut werden, die jedoch so überzeichnet und unglaubwürdig daherkommt, dass es förmlich schmerzt. Bei allen skurillen Überzeichnungen war "Sex Education" in seiner Geschichte, auch aufgrund der nachvollziehbaren Ängste, Sehnsüchte und Probleme der jugendlichen Figuren, stets glaubhaft, doch hier wird der Bogen dann maßlos überspannt. Das wirkt sich auch negativ auf den Comedy-Faktor aus: Frotzelige Dialoge, netter Slapstick und die charmanten Leistungen der Darsteller*innen sind zwar weiterhin dabei, diesmal gesellt sich jedoch auch ein erhebliches Maß aun pubertärem Ekel-Blödsinn dazu. Die Autoren sind sich diesmal nicht mal mehr zu schade, auf minutenlangen (!) Fäkalhumor der untersten Sorte zurückzugreifen, um billige Gags abzustauben. Das ist dann schon regelrecht ärgerlich, da dies wertvolle Screentime von den teilweise erneutb brillant geschriebenen, aktuell wichtigen und menschlichen Geschichten stiehlt.
Und diese sind, wenn sie dann mal richtig an Fahrt aufnehmen, auch wieder sehr gut erzählt. Man merkt einigen Figuren zwar mittlerweile an, dass sie irgendwie auserzählt sind und vielerseits als Pausenclowns herhalten müssen, doch meistens finden die Autoren dann doch noch einen erfrischenden Weg, sie in der Spur zu halten. Das löst dann zwar das augenscheinliche Problem nicht, dass sich immer noch viel zu viele Charaktere, die sich gegenseitig Zeit und Luft zum Atmen stehlen, sorgt aber immerhin dafür, dass kein Plot wirklich aus dem Rahmen fällt. Aber so richtig begeistert ist man, trotz einiger emotionaler Punches und gut aufgelöster Konflikte, am Ende der Season auch nicht mehr. Es scheint ein wenig, als würden die Macher immer wieder vergessen, was ihre Show eigentlich ausmacht und dass ihnen die wunderbar geschriebenen Geschichten über das Leben und Leiden von pubertierenden Teenies nicht mehr ausreichen. Deswegen verzetteln sie sich bisweilen und scheinen am Ende selbst kaum noch zu wissen, worauf sie eigentlich konkret hinauswollen, nehmen nur überall möglichst viele Themen mit, um aktuell zu bleiben. Das ist dann natürlich keine schlechte Serie, denn es gibt noch viel zu viele tolle Momente, die für Fans auch diesmal funktionieren. Dem gegenüber steht jedoch auch ein zerfasertes Story-Konstrukt, welches diesmal tatsächlich auseinanderfällt.
Fazit: Die altgedienten Qualitäten sind noch dabei, werden diesmal aber auch von miesem Pubertäts-Humor und einer vollkommen banal-irren Grundgeschichte unterstützt, die die dritte Staffel von "Sex Education" zu einem wilden Trip macht, dem jede Glaubwürdigkeit abgeht... trotz der charmanten Figuren und der interessanten Themen.
Note: 3-
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