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Der Spinnenkopf

Mitten auf einer abgeschiedenen, paradiesisch anmutenden Insel befindet sich ein Gefängnis, welches mit den dortigen, penibel ausgesuchten Häftlingen lockerer umgeht: Der Gefängnisdirektor Steve Abnesti (Chris Hemsworth) erlaubt den wenigen Insassen jede Menge Freiheiten und auch die Verkürzung ihrer Haftstrafen, wenn diese sich dafür als Probanden zum Testen einiger neuer Medikamente zur Verfügung stellen. Besonders scharf ist Abnesti darauf, ein Medikament zur Steigerung der Lust und schließlich sogar der Verliebtheit salonfähig zu machen. Einer seiner regelmäßigen Probanden ist der junge Jeff (Miles Teller), der aufgrund eines schweren, selbstverschuldeten Unfalls in dem sonderbaren Gefängnis einsitzt und diese seltsamen Maßnahmen bislang noch recht achselzuckend über sich ergehen ließ. Doch schließlich erfährt er über Abnesti's Ziele mehr als ihm lieb war und erfährt, dass sich dahinter sehr düstere Abgründe verbergen...

Es ist im Grunde ein ziemlich sicheres Ding, welches Netflix hier in Auftrag gegeben hat: "Der Spinnenkopf" ließ sich, mit einigen wunderschönen Ausnahmen von paradiesischer Güte, recht bequem im Studio drehen, hat einen der angesagtesten Hollywood-Stars der Jetzt-Zeit in einer der Hauptrollen verpflichtet und zudem mit Joseph Kosinski einen Mann auf den Regiestuhl gesetzt, der zurzeit mit dem Rekorde pulverisierenden "Top Gun"-Sequel in aller Munde ist. Trotzdem roch das von Anfang an ein wenig nach Mogelpackung - vor allem da die Zuschauer*innen bezüglich der großen Netflix-Filme mittlerweile wissen, dass da oftmals doch eher sehr maue Mangelware dahintersteckt. Nun ist dieser Film sicherlich längst nicht so mies, dass man ihn in eine Reihe mit den zahlreichen, qualitativen Flops des Streaming-Giganten stellen will, doch verschleudert man hier auch eine ganze Menge Potential. Gerade hinsichtlich der Ausgangssituation hätte "Der Spinnenkopf" das Zeug dazu gehabt, moralische Konflikte und zeitgetreue, unbequeme Fragen auszudiskutieren. Stattdessen nutzt man dies jedoch nur für eine recht sterile Inszenierung und eine relativ altbackene Abhandlung von elektrisierenden Themen, die hier so oberflächlich abgehakt werden, dass sie eher stumpf wirken.
Das Szenario hatte man hier nämlich nicht wirklich in Griff und schon früh treten jede Menge Fragezeichen auf, die im weiteren Verlauf des Films nicht aufgelöst werden - offensichtlich, weil die Drehbuchautoren zu faul waren zu erklären, wie solch eine lockere Gefängniszentrale, in welcher die Insassen sogar Zugang zu streng geheimen Dokumenten haben, überhaupt organisiert werden kann. Die Macher sind offensichtlich auf den schnellen Schockeffekt aus und denken ihr Szenario, welches nach und nach immer löchriger und willkürlicher erscheint, daher nicht richtig durch - dabei haben die lange vorbereiteten Wendungen auch keinen richtigen Punch zu bieten. Es lässt sich aber nicht von der Hand weisen, dass der Film gerade in der ersten Hälfte, wenn er noch sehr gelenk mit den Erwartungen des Publikums spielen kann und spannende Fragen zu den einzelnen Medikamenten und Figuren aufwirft, durchaus zu packen weiß. Das liegt vor allem daran, wie die Wirkung dieser einzelnen Medikamente inszeniert wird - leider nutzen die Macher diese faszinierende Grundidee letztendlich zu selten aus und fokussieren sich fast durchgehend auf die "Lust"-Stoffe... und die Hintergründe der Entstehung dieser moralisch völlig fragwürdigen Pharmazeutika bleiben bestenfalls auch schwammig.
Die meisten werden jedoch aufgrund des charmanten Hauptdarstellers auftreten, der hier als großer Antagonist auftreten darf... und das ist irgendwie auch ein Problem. Das lockere Charisma und die deutlich sichtbare Spielfreude von "Thor"-Star Chris Hemsworth macht zwar Freude, doch unterscheidet er sich in seinem lockeren Spiel viel zu wenig von solch illustren und sympathischer angelegten Blockbuster-Rollen. So wirkt er als eigentlicher Gegenspieler der Sympathieträger kaum bedrohlich, sondern eher wie ein Kumpeltyp, der einem nicht gefährlich werden kann... und das letztendlich auch kaum wird. Ihm gegenüber bleibt "War Dogs"-Star Miles Teller leider auch zu blass, um wirklich einen Eindruck zu hinterlassen, was jedoch auch wieder die Schuld des Drehbuchs ist, welches seinen Charakter und den seines Love Interests ziemlich dröge und kantenlos anlegt. Gerade im Vergleich mit einigen der völlig kranken Vögel, die sonst noch in diesem augenscheinlichen Ferien-Häuschen herumlaufen, wirkt die Beteiligung dieser recht normalen Menschen an dem Experiment völlig krude. Krude ist zudem auch das Finale geraten, an welchem der Film urplötzlich in einen vollkommen überzogenen und bisweilen wahnsinnig veralberten Comedy-Streifen wechselt (inklusive Fäkalwitzchen), der sich wahnsinnig mit dem zuvor so ernst vorgetragenen Thriller beißt. 

Fazit: Ein Sammelsurium an vertanen Chancen - vieles oder beinahe alles, was "Der Spinnenkopf" an Ausgangssituationen darlegt, ist mindestens sehr interessant, doch was daraus gemacht wird, ist spätestens ab der Halbzeit eher dröge. Chris Hemsworth kann mit altbekannten Charme auflaufen, was seiner bösartigen Rolle aber auch den letzten Funken der nötigen Bedrohung raubt.

Note: 3-



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