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Sex Education - Die zweite Staffel

Otis (Asa Butterfield) kann endlich durchatmen - durch seine Beziehung zu Ola (Patricia Allison) scheint der gesamte, sexuelle Druck von ihm abzufallen und sogar mit der Selbstbefriedigung klappt es nun. Nach dem Umbruch mit Maeve (Emma Mackey) ist auch die Sex-Therapie in der Schule Geschichte, doch brauchen die Schüler und Schülerinnen ausgerechnet jetzt dringend Otis' Hilfe - dort sind nämlich Chlamydien ausgebrochen und alle Klassen sind in Panik. Maeve arbeitet mittlerweile in einem Brezelladen und wird von einer Person, die sie eigentlich längst abgeschrieben hatte und die nun in ihr Leben zurückkehren will, überrascht. Derweil kämpft auch Schwimm-Ass Jackson (Kedar Williams-Sterling) mit sich selbst, da er den Sport eigentlich gern sausen lassen möchte, dabei aber weiterhin unter der Fuchtel seiner Mütter steht. Und um das Chaos perfekt zu machen, steigt auch noch Otis' Mutter Jean (Gillian Anderson) ins Lehrer-Kollegium ein, um den Schülern und Schülerinnen eine kostenlose Sex-Therapie anzubieten...

Die erste Staffel der Netflix-Comedyserie "Sex Education" gehört noch immer zum Besten, was der große Streaminggigant bislang so auf den Markt geworfen hat - herrlich unprüde, herzlich, klug und mit allerlei liebenswürdigen Charakteren war diese Season schlichtweg wahnsinnig unterhaltsam. Die zweite Season liefert nun zwar wieder alles, was Fans an der ersten Staffel so liebten, führt die Geschichten der Figuren, die uns so ans Herz gewachsen sind, sinnig fort und kratzt wie gehabt mit Feinsinnigkeit und einem Gespür für den Zeitgeist wichtige, aktuelle Themen an... kann dabei das Niveau der Vorgängerstaffel nicht gänzlich halten. Das liegt vor allem daran, dass die ersten Episoden schwer damit zu ringen haben, irgendwie einen Bogen um all die Einzelkonflikte zu legen, da die von Otis und Meave ins Leben gerufene Sex-Therapie, die all diese Geschichten verband, hier der Vergangenheit angehört. "Sex Education" springt von einer Geschichte zur anderen, macht zahlreiche Fässer auf und gibt beinahe jeder einzelnen Figur noch ihr ganz persönliches Drama mit. Die meisten dieser Storys sind zwar mindestens gut erzählt, doch wirkt die Staffel ein wenig sprunghaft und kann erst sehr spät wirklich Fahrt aufnehmen, wenn es darum geht, all diese Geschichten auch zu verbinden und dramaturgisch voneinander abhängig zu gestalten.
Spätestens wenn eine große Party aber zahlreiche Konflikte auf den Siedepunkt bringt, läuft diese Staffel dann wieder vollkommen rund - auch wenn sie bis dahin schon ziemlich weit fortgeschritten ist. Über ein paar Längen und auch einige weniger überzeugende Storys (die Geschichte des Top-Sportlers, der viel lieber ein Schauspieler wäre, ist leider ein pures Klischee) trösten aber nach wie vor die charmanten Figuren hinweg. Sogar der von Asa Butterfield ziemlich hektisch gespielte Otis gliedert sich mittlerweile hervorragend ein und erklimmt gleich mehrere Stufen auf einmal auf der Sympathie-Skala, während zuvor eingeführte Nebenfiguren im weiteren Verlauf mehr Konturen erhalten. Jede Figur bekommt dabei ihre Zeit und auch wenn einige wichtige, aktuelle Themen manchmal ein wenig arg gezwungen in die Geschichte hineingeschrieben werden, können sie dabei eine Dringlichkeit entfalten, die den mal kleinen, oftmals aber auch sehr großen Sorgen von Teenagern vollkommen angemessen sind. Auch der Humor funktioniert dabei wieder: Allerlei schlüpfrige Gags, die aber niemals dem reinen Selbstzweck, sondern schlicht und einfach den alltäglichen Ängsten einer ganzen Generation dienen, reizen das Zwerchfell, während Drama-Einschübe weit über die üblichen Beziehungsgeflechte hinaus zum Nachdenken und Mitfühlen anregen. Ganz besonders herausragend inszeniert ist dabei ein Trauma-Plot rund um die Schülerin Aimee, der mit viel Sensibilität, aber auch der nötigen Portion Mut erzählt wird.
Letztendlich fühlt sich die zweite Staffel von "Sex Education" ein wenig wie eine Übergangsstaffel an - man hat am Ende der acht Folgen wahnsinnig viel gesehen, doch aufgrund so vieler verschiedener Plots auch nicht das Gefühl, überall wirklich viele Fortschritte gemacht zu haben. Das ist letztendlich zwar durchaus Jammern auf hohem Niveau, da fast jeder Plot sensibel, witzig und clever erzählt wird, aber es fällt dennoch ein wenig auf. Nichts auszusetzen gibt es hingegen an den Dialogen, die spritzig und lustig sind wie zuvor und auch die jungen Darsteller*innen geben ihr Bestes und überzeugen mit viel Feingefühl, aber auch der nötigen Portion Witz. Deswegen sollte am Ende niemand, der bereits die erste Staffel liebte, wirklich enttäuscht sein, es wird aber wohl auch nur wenige geben, die tatsächlich genauso begeistert sind wie noch zu Beginn. Die Frische und das Überraschende sind der Serie ein kleines bisschen abhanden gekommen, doch die altgedienten Qualitäten in Kombination mit einigen neuen Inhalten funktionieren in dieser Symbionte weiterhin und heben die Serie etliche Level hinaus über die üblichen Highschool-Teenie-Shows. Ich freue mich jedenfalls darauf, in der dritten Staffel weitere Dramen und Abenteuer mit all den verrückten und liebenswürdigen Charakteren zu erleben.

Fazit: Die Frische und den Charme der ersten Season erreicht diese Staffel nicht mehr ganz - zu viele Figuren und Plots teilen sich mittlerweile die acht Episoden, sodass die Handlung bisweilen arg zerfasert. Trotzdem bietet die zweite Staffel dank knackiger Geschichte, viel Herz und skurillem Witz erneut sehr schöne und auch erhellende Unterhaltung.

Note: 3+


 

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