Direkt zum Hauptbereich

Books of Blood

Der Ganove Bennett (Yul Vazquez) geht für die Suche nach dem mysteriösen "Buch des Blutes" über Leichen und verspricht sich von dem Fund einen Geldbetrag in Millionenhöhe. Zeitgleich büchst die Teenagerin Jenna (Britt Robertson) von zuhause aus, um dort ihren strengen Eltern, die mit ihrer psychischen Erkrankung nicht umgehen können, zu entfliehen. Ihr Weg führt sie zu einem Wohnheim, wo sie unterkommen und vielleicht auch bleiben möchte. Doch ein Schatten aus ihrer Vergangenheit scheint ihr zu folgen und schon bald wird sie Zeugin von einigen merkwürdigen Vorkommnissen in ihrem Zimmer. Doch gibt es diese Erscheinungen wirklich oder sind sie nur eine Manifestation von Jenna's Wahnvorstellungen?

Manchmal muss man sich über einen Film einfach ärgern oder ihm zumindest nachtrauern... und das nicht, weil dieser Film wirklich gnadenlos schlecht wäre, sondern weil in ihm ein unbändiges Potenzial schlummert, welches augenscheinlich in den falschen Händen gelandet ist. "Books of Blood" wurde mit geringem Budget für den Streamingdienst Hulu gedreht (da es diesen in Deutschland nicht gibt, landete das Werk im Jahr 2020 direkt bei Disney Star) und tatsächlich merkt man dem Film an, dass er nicht für die große Kinoleinwand produziert wurde. Alles wirkt ein wenig TV-artiger, was in Zeiten von "Game of Thrones" oder "The Expanse" ja kein Merkmal für eine schlechte Qualität sein muss. Deutlich schlimmer ist da, dass Regisseur Brannon Braga mit dem abgefuckten, teilweise gar kranken Material viel zu wenig anzufangen weiß. Alle nötigen Zutaten liegen nicht nur vor ihm auf dem Teller, sie sind sogar schon perfekt zusammengemixt und müssten nur noch in den Ofen geschoben werden... doch das gelingt hier einfach nicht mehr. Über die gesamte Laufzeit von "Books of Blood" spielte ich mit dem Gedanken, was gnadenlos gute Könner wie James Wan oder, bei Gottes Wille, "Hereditary"-Regisseur Ari Aster aus dem Stoff gemacht hätten. Uns allen hätten anschließend wohl schlaflose Nächte ins Haus gestanden.
Doch weder Aster noch Wan waren daran beteiligt und das Werk landete in den Händen von Braga, der ganz offensichtlich nicht in der gleichen Liga spielt. Dabei blitzt immer wieder erstaunliches Potenzial auf und man merkt, dass er hin und wieder ein Gespür für feinen Grusel hat - so zum Beispiel, wenn ein Mann zwischen den Vorhängen eines Fensters ins Schlafzimmer starrt. Die meisten Momente kommen jedoch nicht über ein kurzzeitiges Gruseln hinaus, da Braga schlichtweg das Fingerspitzengefühl spielt, eigentlich perfekt-schaurige Momente auch passend auszuspielen. Da hapert es leider an allem: Die Kameraarbeit ist nicht kreativ genug, der Schnitt ist zu gehemmt, das Sounddesign weiß nicht zu rocken und die Jumpscares wirken ebenso uninspiriert wie die meisten Leistungen der Schauspieler*innen. Einzig "Scream 4"-Star Britt Robertson weiß mit einer natürlichen Performance zu überzeugen - auch, da sie im spannendsten und originellsten Story-Arc mitspielen darf und diesen durchaus beherrscht. Der Rest des Casts agiert solide, ohne aber wirklich gefordert zu werden, weswegen sie auch wenig zur Horrorstimmung beitragen können.
Keine Frage, immer wieder gibt es durchaus spannende Momente - so sind die Auflösungen der verschiedenen, nur lose miteinander verwobenen Geschichten zumindest kreativ, wenn auch nicht immer wirklich befriedigend. Das Tempo ist relativ hoch, die Charaktere bisweilen interessant, doch der Funke will schließlich nicht überspringen. Und das ist schade, da dieses grandiose Potenzial in den Geschichten liegt, die in einer kruden Mischung aus "The Conjuring", "Saw" und "It Follows" alles abdecken könnten, was der geneigte Horror-Fan mag. Aber dafür braucht es eben bessere Handwerker mit mehr Mut zur Extravaganz, mit mehr Stilbewusstsein und Charme. Und all das fehlt "Books of Blood", weswegen er letztendlich nur ein Horrorfilmchen unter vielen bleibt. Das würde mich nicht so sehr tangieren, wenn es denn nicht ein deutlich besserer Film hätte sein können oder gar müssen. So werde ich heute Nacht wohl sehr gut schlafen können und nicht von gruseligen Fratzen träumen, die mich an meinem Bett heimsuchen, obwohl "Books of Blood" mich tatsächlich um meinen Schlaf hätte bringen können. Chance vertan.

Fazit: Es hätte ein hervorragender Horrorfilm werden können, doch Regisseur Brannon Braga fehlt das inszenatorische Gespür, um aus den auf dem Papier schauerlichen Szenen auch wirklich etwas Bleibendes umzusetzen. Die Geschichten sind solide erzählt, können jedoch in dieser Inszenierung kaum echten Schrecken entfalten.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid