Eigentlich könnte sich der berühmte Spiele-Designer Thomas Anderson (Keanu Reeves) mehr als glücklich schätzen, hat er mit der "Matrix"-Trilogie doch eine der berühmtesten Gaming-Reihen aller Zeiten erschaffen, für die er nicht nur jede Menge Geld, sondern auch Ruhm und Anerkennung einstrich. Tatsächlich wird Anderson jedoch sowohl von einer Art Depression als auch von merkwürdigen Visionen verfolgt, die sich ihm als eine Art reale Erinnerung oder doch als entfernte Träume zeigen. Mit der Zeit beginnt er ernsthaft an seinem Verstand zu zweifeln, muss jedoch auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass diese Wahnvorstellungen mehr als nur real sind... und dass das, was er als Videospiele kreierte, in Wirklichkeit etwas viel Echteres ist. Letztendlich trifft er auf einige Menschen, die ihm genau das weismachen wollen und Thomas oder Neo muss sich entscheiden, welche Realität nun die seine ist... wenn es denn mehr als eine gibt.
Eines lässt sich über den lang erwarteten, aber von vielen vorab auch mit äußerster Skeptis beobachteten vierten "Matrix"-Film sicherlich nicht sagen: Dass er in irgendeiner Form unoriginell wäre. Für den vierten Film der Reihe, die eigentlich nur einen richtig guten, gar wegweisenden Streifen sowie zwei ziemlich anstrengende und vergurkte Sequels aufzuweisen hat, hat sich Regisseurin Lana Wachowski für einen Ansatz entschieden, der zumindest für die erste Stunde für absurde und somit regelrecht energetische Anspannung sorgt. Wachowski verweigert sich in dieser kühnen Mischung aus Neuausrichtung, Fortsetzung und vollkommen verrücktem Über-Meta-Kommentar jeglichem Mainstream und nimmt dabei billigend in Kauf, dass der Großteil der Kino-Zuschauer*innen diesem irrsinnigen Konzept nichts abgewinnen werden - dabei stellt gerade diese verrückte Idee eine wohltuende Abwechslung und auch eine inhaltlich deutlich positionierte Abänderung zu den beiden letzten, in CGI-Action und Schicksals-Gefasel versinkenden Filmen der Reihe dar. Und das tut richtig gut, denn mit zahlreichen Anspielungen, Deja-Vu's, Zitaten und erstaunlicher Selbstkritik macht diese verwirrende Hatz rund um eine seltsame neue Welt wirklich viel Spaß. Eine spannende Schnitzeljagd ist das, bei der man förmlich auf die Antworten pochen will, die einem später gegeben werden sollen - sobald diese dann jedoch kommen, baut "Resurrections" deutlich ab.
Sobald sich herausstellt, welchen Pfad der Film denn nun wirklich einschlagen will und sich für eine klare Richtung entscheidet, betritt er die ausgelatschten Wege des Standard-Action-Kinos - garniert mit einer ordentlichen Portion des tragi-komischen Kitschs der vergangenen Filme und mit allerlei Krachbumm. Letzteres sieht visuell absolut beeindruckend aus: Zwar kann keine der knackigen Actionszenen erneut dieses Neuartige, so noch nie gespürte Gefühl des ersten "Matrix"-Films wieder aufleben lassen, doch das war auch nicht zu erwarten. Und da die zentralen Scharmützel visuell sehr aufregend und hübsch ausfallen und immer wieder spannende neue Ideen zu bieten haben (so beispielsweise die horrorartigen "Schwärme"), mag man daran auch gar nichts bemängeln. Kritisieren will man jedoch die ab der Halbzeit arg schleppend verlaufende Handlung, die zwar mit einigen sehr netten Fortsetzungs-Mitteln für die Hardcore-Fans der Reihe aufwartet, darüber hinaus in ihren recht vorhersehbaren und geradlinigen Elementen aber eher langweilt als erhellt. Da bleibt einem nicht viel mehr übrig als sich an den visuellen Ideen sowie an der Reaktivierung manch eines alten Recken zu erfreuen. Die neuen Gesichter hinterlassen darüber hinaus kaum einen bleibenden Eindruck, was sowohl für den alsbald recht anstrengend auftretenden Neil Patrick Harris als auch leider für den deutschen Max Riemelt gilt, der hier seinen Hollywood-Durchbruch feiert. In einer zentralen Rolle sticht einzig und allein "Game of Thrones"-Star Jessica Henwick in einer energetischen, letztendlich aber auch hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibenden Rolle heraus.
Letztendlich ist es aber natürlich auch vorrangig die Show von Keanu Reeves, der in seiner teils neu ausgerichteten, aber auch ikonisch zurückkehrenden, bekannten Figur erneut allerlei Spielfreude und sympathische Energie ausstrahlen kann. Das Drehbuch wirft ihm und auch den anderen altbekannten, aufgrund der neuen Ausrichtung jedoch von anderen Darstellern verkörperten Rollen diverse Steine in den Weg. Auch wenn mit der Zeit immer klarer wird, wohin sich die Autoren dabei bewegen, so sind ihnen manche Ideen doch etwas zu Kopf gestiegen - was zum Beispiel nun eigentlich mit so bekannten Figuren wie Morpheus oder Agent Smith los ist, wie und warum sie Teil des Films sind und was sie da eigentlich sollen, bleibt trotz all der geschwätzigen Antwortmöglichkeiten und wegen ständiger weiterer Verwicklungen enorm schwammig. Hier wirkt sich die Vermischung aus einer beinahe aufdringlichen Referenzierung der Original-Trilogie (wobei sogar ikonische Szenen förmlich nachgestellt werden) und einer etwas hanebüchenen, mit zu wenig Dringlichkeit vorgetragenen neuen Geschichte doch arg negativ aus: Wachowski möchte dringend allerlei zurückholen, was die Fans an den alten Filmen kennen, vergisst dabei jedoch, ob all dies wirklich nötig für den ohnehin arg zerfaserten Plot ist. Das kostet "Resurrections", trotz vieler wirklich spaßiger und schlichtweg sehr mutiger Ideen, letztendlich sehr viel Schwung, was diese 148 visuell beeindruckenden, aber auch sehr sperrigen Minuten oftmals zu einer Geduldsprobe machen.
Fazit: "Resurrections" ist über weite Strecken sehr originell, mutig, abgefahren und visuell wahnsinnig aufregend. Zu gleichen Teilen ist er jedoch auch verkopft, anstrengend, behäbig und hanebüchen. Das ist ein ziemlich verwirrendes Zerwürfnis in einem Film, der aus zwei Teilen zu bestehen scheint, die sich gegenseitig im Weg stehen. Somit ein spannendes Experiment, aber erneut kein guter "Matrix"-Film.
Note: 3-
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