Im Kloster freundeten sie sich an, dann trennten sich ihre Wege: Der Klosterschüler Narziss (Sabin Tambrea) kümmerte sich um den von seinem Vater hergeschickten Goldmund (Jannis Niewöhner), was zu einer tiefen Freundschaft führte. Eines Tages floh Goldmund jedoch, um seine ihm unbekannte Mutter zu finden und so die tiefsitzenden Geheimnisse seiner Vergangenheit zu erkunden - ein Pfad, der von Narziss' tiefsitzendem Glauben abzuweichen drohte. Auf seiner Suche erlebte Narziss viele Abenteuer, fand Liebe, Leidenschaft und seine Hingabe zur Kunst, entdeckte gar seinen eigenen Glauben. Doch dieser soll bei seiner Rückkehr ins Kloster bei den dortigen Mönchen auf Ablehnung und gar Zorn stoßen... nur sein alter Freund Narziss bestärkt Goldmund auf diesen neuen Wegen.
Hermann Hesse war zu seinen Lebzeiten stets dagegen, seine Werke filmisch umsetzen zu lassen und trotzdem gab es in deutschen Landen so einige Versuche, die klassischen Geschichten des Autors auf Film zu bannen. Meistens gaben sie Hesse in seinen Äußerungen recht, denn dessen Schreibweise, sein unnachahmlicher Stil schien sich unmöglich in Bilder verwandeln zu lassen. Und 2020 wagte sich mit "Anatomie"-Regisseur Stefan Ruzowitzky doch noch jemand an das, was in etwa als der Heilige Gral in Hesse's Schaffen gilt: An eine Verfilmung von "Narziss und Goldmund", dass so ziemlich jeder gelesen oder zumindest in Erinnerung hat, ob als Schulbuch-Lektüre oder aus eigenem Interesse. Die Skepsis bei einem solchen Projekt war da und sie ist zumindest teilweise berechtigt gewesen. Denn obwohl Ruzowitzky ein Händchen für starke Bilder hat und im Mittelteil ein überraschend flottes Tempo bei seiner Inszenierung vorlegt, zeigt sich gerade in den stillen, tiefen Momenten, dass es ihm an der Vision fehlt, Hesse's Meisterwerk wirklich voll und ganz stimmig auf Film zu bannen.
Ein Werk wie dieses, welches als eine der ganz großen Produktionen aus deutschen Landen an den Start gehen sollte (ein Vorhaben, dem die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung machte, denn der Film startete quasi pünktlich zum ersten Lockdown im März 2020), wird natürlich groß aufgefahren. Dementsprechend sind die Produktionswerte enorm und man fuhr mit spektakulären, detaillierten Sets, prachtvollen Kostümen und einem starken Make-Up-Design alles auf, was man von einer Produktion wie dieser erwartet. Nur in den wenigsten Momenten, besonders zu Beginn des Films, kann "Narziss und Goldmund" diverse Studio-Settings schlechter verschleiern, ansonsten sieht das alles schon sehr fein aus und erhält durch eine treffsichere Inszenierung seitens des Regisseurs auch eine atmosphärische Dichte, die man aus unseren Landen in diesem Genre nicht allzu oft sieht. Ein zweischneidiges Schwert ist indes die Besetzung, denn obwohl der Großteil der anwesenden Mimen wirklich gute Arbeit verrichtet, wird es immer dann ein wenig seltsam, wenn urplötzlich bekannte Gesichter auftreten. Wo eine Emilia Schüle in ihrem Auftritt als kecke Lydia durchaus Akzente setzen kann, agieren Uwe Ochsenknecht und besonders "Asphaltgorillas"-Star Kida Khodr Ramadan so, als hätte man ihnen nur schnell ein paar maue Kostüme und Perücken übergezogen.
Schwierig gestaltet sich auch die Besetzung des Hauptdarstellers. Jannis Niewöhner gehört sicherlich zu den größten Nachwuchstalenten unseres Landes, doch in diesem Genre scheint er sich kaum wohlzufühlen. Obwohl mit viel natürlichem Charme und einer angenehmen Physis auftretend, scheint bei ihm immer wieder der Berliner Recke durch, was zu einem mittelalterlich angehauchten Drama so gar nicht passen will... besonders, wenn sein Berliner Akzent durchgehend zu hören ist. Generell scheint es so, als habe der Regisseur ein Händchen für ausdrucksstarke Bilder, auch für leisen Humor und einen guten Hang zum Schnitt. Immer wieder unterlaufen aber auffällige Schönheitsfehler - so zum Beispiel, wenn ein kleiner Junge nach etlichen Rohrstockhieben auf die unteren Beine nur eine Szene später so glücklich und quickfidel durchs Unterholz hüpft, als hätte es dieses physische Märtyrium nie gegeben. Solcherlei Ausrutscher sind zwar verzeihbar, gehören aber eigentlich nicht in solch eine große Prestige-Produktion und zeigen auf, dass es doch etwas mehr braucht, um Hermann Hesse's Kunstwerk gerecht zu werden. Dabei bleibt auch die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden Titelfiguren etwas auf der Strecke - die Bilder können oftmals nur unkonstant behaupten, wie tief ihre Freundschaft geht.
Fazit: Mit großem Produktionsaufwand erschafft Stefan Ruzowitsky auf der Leinwand ein finsteres Drama in ausdrucksstarken Bildern und mit einer dichten Atmosphäre. Trotz der schneidigen Inszenierung leiert "Narziss und Goldmund" mit seinem blassen Hauptdarsteller und den teilweise studiomäßigen Sets immer weiter aus und zeigt somit, dass es auch heute noch schier unmöglich ist, die großen Werke von Hermann Hesse filmisch angemessen umzusetzen.
Note: 3
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