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Ein weiterer True-Crime-Hit: Filmkritik zu Netflix' "The Good Nurse"

Amy Loughren (Jessica Chastain) arbeitet in knallharten Schichtdiensten als Krankenpflegerin und stellt für ihre Patienten und ihren Job sowohl ihre Familie als auch ihre eigene Gesundheit hintenan. Es ist schließlich ihr neuer Kollege Charles Cullen (Eddie Redmayne), der ihr eine Schulter bietet und dem sie sich auch in privaten Dingen anvertrauen kann. Nur kurze Zeit nach seiner Einstellung kommt es auf der Intensivstation des Krankenhauses jedoch wiederholt zu merkwürdigen Notfällen, oftmals mit Todesfolgen. Erst denkt sich Amy nichts dabei, doch als mit den beiden Detectives Danny Baldwin (Nnamdi Asomugha) und Tim Braun (Noah Emmerich) schließlich auch die Mordkommission ermittelt, wird sie hellhörig. Hat ihr neuer Kollege und guter Freund womöglich ein schreckliches Geheimnis?

Nur wenige Wochen nach dem heftigen und wahnsinnig umstrittenen "Dahmer" liefert der Streamingdienst Netflix sogleich den nächsten True-Crime-Hit nach - diesmal jedoch nicht als Miniserie, sondern als abendfüllender Spielfilm. Der Name Charles Cullen dürfte Kennern dabei einiges sagen, gilt er doch als einer der gefährlichsten Serienmörder überhaupt. Im Gegensatz zur Aufarbeitung der Fälle rund um Jeffrey Dahmer unternimmt dieser Film jedoch keinen ernsthaften Versuch, dieses mordende Monster irgendwie greifbar zu gestalten, was so aber auch kaum möglich gewesen wäre. Schließlich wusste auch Cullen selbst nicht, wieso er diese Taten beging und dementsprechend bleibt nun auch das Publikum im Dunkeln über seine Motive. Was bleibt, das sind seine Taten und diese zeigt "The Good Nurse" nun auf, wobei der Film niemals effekthascherisch wird, sondern Fakten sprechen lässt und den Fokus glücklicherweise ein wenig weg von dem prominenten Killer legt.
Tatsächlich geht es hier über weite Strecken nämlich weniger um Cullen selbst als um dessen Kollegin, die ebenfalls droht, dem nur augenscheinlich sympathischen und nahbaren Mann in die Falle zu gehen. Die von Oscarpreisträgerin Jessica Chastain mit bemerkenswerter Kraft gespielte Amy Loughren funktioniert dabei ganz ausgezeichnet als Fixpunkt der Geschichte und auch als Sympathieträgerin und Identifikationsfigur. Dabei wird recht clever, gemeinhin aber auch ein wenig oberflächlich etwas über den horrenden Job einer Krankenpflegerin erzählt - über die menschenunfreundlichen Arbeitszeiten, die Schufterei und die lächerlich geringe Bezahlung. Hier hätte man gerne noch ein wenig in die Tiefe gehen: So hätte ich gerne noch etwas mehr über diesen diffusen Apparat der Krankenhäuser erfahren, durch welchen Cullen über Jahre freie Bahn hatte, um seine Taten durchzuführen. "The Good Nurse" greift dieses politische Geplänkel zwar durchaus auf, lässt dies aber später relativ unrühmlich fallen, wenn sich praktisch nur noch auf die Jagd nach dem Mörder fokussiert wird. 
Diese fällt dann aber ebenso unaufgeregt wie spannend aus und bezieht seine Intensität vor allem aus kleinen, ruhigen Momenten und dem Zusammensuchen von Fakten und Beweisen. Wie es den prägnanten Figuren letztendlich zu gelingen scheint, Cullen auf die Spur zu kommen, das ist mehr als solides Spannungskino, ohne dabei in überdeutliche Genre-Klischees vorzudringen. Erst gegen Ende, wenn Eddie Redmayne doch etwas zu überzeichnet als verrückter Irrer dargestellt wird, rutscht man dabei ein wenig zu glatt in Karikaturen hinein. An diesem Punkt hat man "The Good Nurse" jedoch längst als überdurchschnittlich starken Netflix-Film erlebt, der eine gute Spannungskurve, etliche intensive Momente und einige schockierende Enthüllungen zu bieten hat. Quasi mit Leichtigkeit wird auf aktuelle Themen angespielt und fassungslos erleben wir die Demontierung eines Apparats, der für einen Serienkiller quasi einem Spielplatz glich. Nimmt man die starke Inszenierung sowie die Leistung eines durchweg guten, bisweilen sehr guten Casts hinzu, stimmt an diesem Film zwar nicht alles, aber letztendlich doch eine ganze Menge, weswegen sich ein Einschalten hier sehr lohnt.

Fazit: Intensiver Crime-Thriller nach einer schockierenden, wahren Geschichte, der inszenatorisch, schauspielerisch und dramaturgisch durchweg funktioniert. Trotz kleinerer Längen und einigen zu oberflächlich abgehandelten Momenten spannende und dramatische Unterhaltung von Netflix in ihrem Lieblings-Genre.

Note: 2-



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