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Epische Vorgeschichte: Die Serienkritik zur ersten Staffel von "Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht"

Im Ersten Zeitalter gelang den Völkern Mittelerdes der Sieg über den dunklen Herrscher Morgoth und endlich kehrte wieder Frieden ein. Nach dem Tod ihres Bruders glaubt die Elbenkriegerin Galadriel (Morfydd Clark) jedoch, dass Morgoths rechte Hand, der finstere Hexenmeister Sauron, und seine Orks noch immer leben und macht sich auf die Suche nach ihnen, von Rachegelüsten zerfressen. Das Verschwinden von Menschen in den Südlanden macht auch die dortigen Bewohner stutzig, weswegen der Waldelb Arondir (Isamel Cruz Cordova) und die menschliche Heilerin Bronwyn (Nazanin Boniadi) Nachforschungen anstellen und dabei grausame Beweise entdecken. Auch das Volk der Halbfüße strebt ein neues Abenteuer an und möchte zu fruchtbaren Landen aufbrechen. Dabei macht die junge Nori (Markella Kavenagh) die Bekanntschaft mit einem Fremden (Daniel Weyman), der von einem seltsamen Ort zu kommen scheint...

Als die Nachricht bekannt wurde, dass der Streamingdienst Amazon Prime (sicherlich auch, um neben den Giganten Netflix und Disney Plus einen sichereren Stand im Streaming-Krieg zu erhaschen) die Rechte an einer Serie im "Der Herr der Ringe"-Universum erhalten hatte, war die Vorfreude mindestens ebenso groß wie die Skepsis. Viele Fans erinnerten sich noch mit einem unwohlen Gefühl in der Magengegend an die begonnene Ausschlachtung einer grandiosen Fantasy-Trilogie, als ein Kinderbuch damals in drei zähe Filme aufgeteilt wurde. Doch es darf durchaus Entwarnung gegeben werden: "Die Ringe der Macht" ist beileibe nicht so zäh und uninspiriert wie die drei "Hobbit"-Filme, kommt mit einer größeren Bedrohung, spannenderen Figuren und deutlich mehr Tiefgang daher. An dem Thron der Original-Trilogie rüttelt man dabei natürlich nicht, aber dennoch hat sich Amazon nicht lumpen lassen und für die Produktion der ersten acht Episoden sage und schreibe eine Milliarde Dollar (!!) in die Hand genommen, was diese Staffel wohl schon jetzt zur teuersten der bisherigen TV-Geschichte machen dürfte. Und jeder Cent ist dabei auf der Leinwand zu sehen: Grandiose Landschaftsgemälde, fast durchgehend makellose Spezialeffekte und gigantische Actionszenen, Schlachten und Naturkatastrophen, die nicht nur wunderschön anzusehen sind, sondern einen beinahe paradiesischen Charakter entfalten.
Optisch nähert man sich dabei wieder mehr dem an, was Peter Jackson damals mit der "Der Herr der Ringe"-Trilogie vorgegeben hatte - weniger achterbahnartige, digitale Hüpfereien und mehr Finsternis, Brutalität und Handarbeit. Natürlich lässt sich die digitale Herkunft diverser Sets nicht immer vermeiden, was der Optik jedoch nicht schadet. Die ersten Blicke auf die Reiche der Elben, die Minen der Zwerge oder die gigantischen Städte der Menschen sind magisch und man kann sämtlichen Kreativen (ob Kostümbildnern, Setdesignern oder CGI-Profis) dabei nur sämtliches Lob aussprechen. Doch selbst eine Serie mit solch einer beeindruckenden Technik würde niemals funktionieren, wenn sie darüber hinaus nicht mit einer packenden Geschichte und interessanten Figuren aufwarten könnte. Glücklicherweise haben die Macher auch hier eine gelungene Mixtur aus Fanservice und Eigenkreation erschaffen, die beide Seiten weitestgehend zufriedenstellen dürfte. Fans der Mittelerde-Geschichten werden das ein ums andere Mal clever an der Nase herumgeführt und mit teils atemberaubenden Enthüllungen belohnt, die einige Fragezeichen beantworten und Geschichten näher beleuchten. Auch die neuen Geschichten funktionieren sehr ordentlich, auch wenn sie das ein ums andere Mal ein wenig flotter hätten erzählt werden können.
So merkt man dem Mittelteil der Staffel den Hang hin zu überladenen, exzentrisch vorgetragenen Dialogen recht deutlich an und manch eine Szene hätte dramaturgisch flüssiger gelöst werden können. Das ein ums andere Mal hat man das Gefühl, dass sich die Geschichte ein wenig im Kreis dreht, um diverse Höhepunkte ein wenig in Richtung Staffelende zu schieben - so zum Beispiel, wenn eine Armee gleich zweimal in Richtung Schlachtfeld aufbricht. Belohnt wird man jedoch immer wieder, und das sowohl mit großer Action als auch mit einfühlsamen Momenten, Letztere wirken immer dann besonders gekonnt, wenn die Elben und die Zwerge ins Spiel kommen - die Freundschaft zwischen dem jungen Elben Elrond und dem Zwerg Durin ist dabei ebenso bewegend wie lustig und hält einige sehr herzliche Momente bereit. Neben Morfydd Clark, die eine bockstarke Performance als junge Galadriel abliefert, ist es jedoch die Nachwuchsschauspielerin Markella Kavenagh, die sich als Halbfuß-Mädchen nachhaltig ins Gedächtnis spielt: Ihre Ausstrahlung ist so enorm und ihr lockeres Spiel so anziehend, dass man sich jedes Mal freut, wenn sie wieder auf den Bildschirm tritt. Im direkten Kontrast sind jedoch nicht alle Figuren so gut gezeichnet und es finden sich sogar einige blassere Besetzungen in wichtigen Rollen wieder. Es bleibt also abzuwarten, ob diese in späteren Staffeln noch ein wenig besser in ihre Parts hineinwachsen. Gespannt darf man auch sein, ob es noch ein wenig schnörkelloser gelingt, die einzelnen Plots besser zu verweben, denn über weite Strecken laufen diese doch deutlich nebeneinander her, was nicht immer gekonnt wirkt.

Fazit: "Die Ringe der Macht" ist kein perfektes Prequel - dafür ist es oft zu langwierig und umständlich erzählt und ist dramaturgisch manchmal zu unstet. Doch die grandiose Technik, sympathische Figuren und große Action, gewechselt mit erstaunlich-sensiblen Momenten und cleverem Fanservice, zeigen ganz offenkundig das enorme Potenzial, welches immer wieder richtig gut genutzt wird.

Note: 2-



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