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Zwischen allen Stühlen: Filmkritik zu "The Northman"

Vor vielen Jahren fiel Wikingerkönig Aurvandil (Ethan Hawke) dem Verrat seines Bruders Fjölnir (Claes Bang) zum Opfer - dieser nahm anschließend den Thron an sich und herrscht seit dem über die Lande. Doch Aurvandils Sohn Amleth (Alexander Skarsgard) entkam damals unbemerkt und schwört seitdem auf Rache. Nach Jahren des Märtyriums als Sklave kehrt Amleth nun ins Reich seines Vaters zurück und möchte dort all jene bestrafen, die für dessen Tod verantwortlich sind, inbesondere Fjölnir. Um seinen Rachefeldzug erfolgreich werden zu lassen, entschließt sich die Sklavin Olga (Anya Taylor-Joy) dazu, dem Krieger zu helfen...

Leicht gemacht hat es Regisseur Robert Eggers seinem Publikum in den letzten Jahren nicht - sowohl die Horrormär "The Witch" und auch das psychopathische Drama "Der Leuchtturm" gerieten enorm sperrig, ließen Kritiker aufgrund ihrer Originalität jedoch aufjubeln. Für sein neuestes Werk stand Eggers nun zwar ein deutlich höheres Budget zu, womit jedoch auch die Risikobereitschaft des Studios Universal naturgemäß ein wenig wankt. Trotzdem ist aus "The Northman" alles andere als ein Mainstream-Blockbuster geworden, weiterhin inszeniert Eggers seinen Film fernab bekannter Manirismen und Dramaturgien, folgt einer langsamen Erzählweise mit allerlei mythischem Firlefanz. Da die Story diesmal jedoch deutlich simpler verläuft, um den Zuschauer*innen einen leichteren Fokus zu geben, sehen wir diesmal ein reichlich unentschlossenes Werk. Keines, welches aufgrund seines klaren Tonfalls manche Leute abschreckt, sondern eines, welches es viel zu harsch versucht, allen Gruppen recht zu machen und dabei recht fahrig zwischen allen Stühlen landet.
Fans von Eggers' bisherigem Schaffen werden sich an der im Kern sehr dünnen Geschichte und den extrem durchsichtig, bisweilen gar langweilig geschriebenen Figuren stören - Gut und Böse sind hier klar aufgeteilt und wirkliche Grauzonen gibt es nicht. Nicht einmal der große "Held" der Geschichte bekommt großartige Ambivalenz geboten, da er von seinen nachvollziehbaren Rachegedanken ohnehin viel zu zerfressen ist, aber angesichts seiner extremen Gewalttaten auch nicht als Sympathieträger taugt. Die einzige Rolle, die ein wenig überraschenden Wahnsinn in sich trägt, dürfte die von Oscarpreisträgerin Nicole Kidman sein, die in ihren wenigen Szenen durchaus auffällt und einer zuvor noch recht passiven Rolle einen ordentlichen Stempel aufdrückt. Auch der Rest des Casts macht seine Sache sehr gut, wobei große Namen oftmals nur in kleinen Rollen zu sehen sind, während Alexander Skarsgard in der Titelrolle vor allem physisch überzeugt. Und dass die aus "The Witch" gleich mit herübergerettete Anya Taylor-Joy ihre Sache wie gewohnt ausgezeichnet macht, dürfte wohl wirklich niemanden überraschen.
Dass sich Eggers in seiner Wikinger-Mär einem nahezu zwanghaften Realismus verzeichnet, gerät alsbald zum Stolperstein. So wirken die brachialen Kämpfe und Schlachten ebenso echt wie die spektakulären Bauten und die knurrigen Dialoge, bringen jedoch auch eine gewisse Langatmigkeit und viel zu wenig Staunen mit. Die im Trailer ersichtlichen Fantasy-Elemente zeugen dabei eher von der Art und Weise des Glaubens, mit welchem die Menschen der damaligen Zeit ihre Welt betrachteten und wirken dabei trotz aller optischer Brillanz wie notdürftige und oftmals reichlich schräge Lückenfüller. Darüber hinaus mangelt es "The Northman" durchweg an Humor und das ist vielleicht auch richtig so - diese Welt ist viel zu düster, zu aggressiv und zu hoffnungslos alsdass dort irgendeine Spur von Witz angemessen gewesen wäre. Allerdings macht es die Stimmung aber auch zu einer sehr schwermütigen, den Film an sich schwerfällig, bisweilen gar behäbig - er suhlt sich in seiner Finsternis, findet keine Momente des Glücks und agiert niederschmetternd. Dazu mag die Mücke von einer Geschichte dann auch nicht mehr wirklich passen.

Fazit: Trotz des hohen Budgets fordert Robert Eggers sein Publikum mit einer sperrigen Dramaturgie und aggressiven Momenten weiterhin hinaus, tüncht jedoch auch eine wahnsinnig simple Geschichte und eindimensionale Charaktere in einer unentschlossenen Inszenierung hinzu, welche "The Northman" zu einer anstrengenden Geduldsprobe machen.

Note: 4 



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