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Unglaubwürdiger Holzhammer: Filmkritik zu "Mainstream"

Die ziellos durchs Leben wandernde Frankie (Maya Hawke) zieht ihre nötige Restenergie aus ihrem Social-Media-Leben... bis sie den lebensfrohen Link (Andrew Garfield) kennenlernt. Der hält von dem ganzen Internetwahn absolut gar nichts, sagt seine Meinung frei heraus und macht sich auch nichts aus den Meinungen anderer Menschen über ihn. Durch ein Video, welches Frankie von einer Rede Links über ein Kunstthema hält, wird der junge Mann aber plötzlich zu einem reinen Internet-Phänomen... und mit ein wenig Hilfe Frankies verfällt er dieser Berühmtheit plötzlich. Als eine solch schräge Persönlichkeit, die mit sozialen Verständlichkeiten so ihre Schwierigkeiten hat, dauert es aber nicht lange, bis sich Link in seinem Ruhm in bitterböse Fallstricke verfängt.

"Mainstream" möchte auf Gedeih und Verderb eine Warnung für die Gefahren sein, die von Social-Media-Diensten ausgehen, die seit Jahren unser aller Leben mitbestimmen. An und für sich ist das ja keine üble Message, doch wie der Film von Regisseurin Gia Coppola diese auftischt, das mag so gar nicht schmecken. Mit dem knallharten Holzhammer wird dem überraschten Publikum diese Message schier ins Hirn geprügelt, in knallbunten Bilderwelten und superlauten Einspielern förmlich durchs Megafon geschrien, wie gefährlich diese Internetwelt doch ist. Über die Vorzüge dieser Medien wird dabei so gut wie gar nicht gesprochen, die Message bleibt absolut einseitig und ruht sich dabei auf einem Drehbuch aus, welches nicht nur ungemein vorhersehbar daherkommt, sondern in seiner Aggressivität förmlich anstrengend wird. Denn auch dieses Skript erzählt vom Aufstieg und unvermeidlichen Fall einer fiktiven, berühmten Persönlichkeit... nur dass dieser Fall eigentlich schon viel, viel früher hätte kommen müssen, wenn man diese Geschichte denn nur ansatzweise in unsere heutige Zeit transportieren will.
Die Probleme mit dem Plot hängen sehr dicht mit dem von "Silence"-Star Andrew Garfield gespielten Link zusammen, welcher das zentrale Element der Geschichte darstellt. Im Normalfall sollte in einer Geschichte wie dieser erzählt werden, wie ein anfänglich sympathischer Typ durch die Verlockung des Ruhms zu einem egomanischen Arschloch wird. Link jedoch ist, auch wenn man recht unelegant versucht, ihm ein paar alternative Vibes zu entlocken, schon lange vor seinem Social-Media-Einstieg ein ganz fürchterlicher Egomane, der seine eigenen Ansichten zwar selbstbewusst vertritt, dabei aber auch die Meinungen anderer Menschen mit Füßen tritt, ohne sich überhaupt genauer mit ihnen auseinanderzusetzen. Er ist komplett durchgeknallt, denkt nur an sich und bringt dabei das Leben anderer Menschen völlig durcheinander... und das schon in den ersten Minuten des Films. Dass diese Charakterzüge sich letztendlich bis zum völligen Wahnsinn steigern, liegt angesichts einer losgelösten Performance von Garfield, die mit Glaubwürdigkeit gar nichts mehr zu tun hat, auf der Hand. Dies führt jedoch auch dazu, dass der unnahbare Link keine echte Wandlung durchläuft - höchstens vom unerträglichen Arschloch zum unerträglichen Hyperdyper-Arschloch. Das kann man dann so zwar schon erzählen, doch bleibt die gesamte Geschichte um ihn herum dann jedoch vollkommen unglaubwürdig - vor allem zu unserer heutigen Zeit, wo schon deutlich weniger schlimme moralische Aussetzer einer Einzelperson genügen, um deren Karrieren nachhaltig zu schädigen.
Da Link solch eine grausame Person ist, wird niemals klar, warum sich so viele Menschen auf seine Seite schlagen. Das gilt besonders für die Faszination seitens Frankie, die erst angesteckt von seiner Energie zu sein scheint, darüber hinaus aber seine weirden, beinahe gefährlichen Facetten nicht zu sehen glaubt. Das zeichnet aus Frankie eine hoffnungslos naive Person, die im Grunde nichts zu erzählen hat - für eine Schauspielerin wie Maya Hawke schon gefährlich genug, wenn neben ihr kein absolut durchdrehender Andrew Garfield steht, der den restlichen Cast völlig überstrahlt. Er bewegt sich irgendwo zwischen dem durchgeknallten Joker und dem hyperaktiven Eichhörnchen aus "Ab durch die Hecke" - eine physische Superlative, die letztendlich nur noch anstrengt und die sensiblen Untertöne vollkommen übertönt. In der zweiten Hälfte, in welcher Garfield dann auch über die moralischen Fehltritte seiner Person (bis hin zu absolut unentschuldbaren Äußerungen und Taten) nochmals überzeichnen muss, hat der Film den Boden unter seinen Füßen längst verloren. Verstanden, wie die Gefahren dieses Themas wirklich aussehen und wie man sie angemessen anpackt, hat er ohnehin nicht, sonst hätte man einigen dramaturgischen Fallstricken wohl noch ausweichen können. Das hier ist aber nichts weiter als eine stressige Holzhammer-Methode ohne Abstufungen und mit einigen visuell interessanten Spielereien, die dir unaufhörlich ins Gesicht brüllt und dir dabei Ohrfeigen verpasst. Das macht keinen Spaß, soll es auch nicht machen... trotzdem bleibt dabei weniger hängen als wenn man mir die Geschichte auch einfach mal in einem normalen, menschlichen Tonfall erzählt hätte.

Fazit: Das Drehbuch bekommt den völlig unzurechnungsfähigen Hauptcharakter, die dramaturgische Holzhammer-Geschichte und die überzeichneten Wendungen niemals in den Griff - trotz einiger griffiger Ideen ein wahnsinnig prätentiöser Film, der unglaubwürdig, stressig und noch dazu wahnsinnig vorhersehbar ist.

Note: 4



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