Seit sie denken kann träumt Sophie (Sophia Anne Caruso) davon, eine Prinzessin zu sein. Als sie davon hört, dass es der Legende nach tatsächlich eine Schule geben soll, in welcher sowohl gute als auch böse Märchenfiguren zu ihren Geschichten ausgebildet werden, bewirbt sie sich sogleich. Tatsächlich wird sie auch aufgenommen, landet jedoch auf der Seite der bösen Figuren... ganz im Gegensatz zu ihrer besten Freundin Agatha (Sofie Wylie), die sogleich zur Prinzessin ausgebildet werden soll. Beide wähnen sich auf der jeweils falschen Seite der Schule, doch versichern die Lehrkräfte ihnen, dass bei dieser Einteilung kein Fehler vorliegen sollte. Um eine Fehleinschätzung wirklich auszuschließen, soll Sophie daraufhin ihre wahre Liebe finden, wird jedoch von ihren eigenen Kräften überrumpelt, die überraschend finster ausfallen.
Wer erinnert sich nicht gerne an die ersten Schritte in die magische Welt der "Harry Potter"-Filmreihe? Trotz des düsteren Settings fühlte man sich in den wohl durchdachten Gängen von Hogwarts wie zuhause, liebenswerte und schrullige Figuren waren dort, sinnige Regeln, ein zentraler Plot von Größe sowie ein exzellenter Spannungsbogen. Eine perfekt durchdachte Welt, die vor Magie nur so strömte und neben deutlichen Gruselelementen auch viel Herz bereithielt. Seit mehr als einer Dekade versuchen etliche Filmstudios, eine ähnlich veritable Reihe aufs Parkett zu bringen, doch nicht einmal Warner Bros. selbst will dies mit ihren mittelprächtigen Spin-Off-Versuchen zur Zauberwelt noch gelingen. Und nun versucht es auch Netflix: Mit der Romanadaption von "The School of Good and Evil" bringen sie einen Fantasy-Blockbuster, der nicht nur deutliche Anleihen zur "Harry Potter"-Reihe mitbringt, sondern im besten Fall auch gleich ein solch großes Franchise gebären soll. In dem zwanghaften Drang, mindestens genauso verspielt und erfolgreich zu sein, hat sich Netflix jedoch so richtig verhoben, denn dieser seelenlose und quietschbunte Fantasy-Klon kann nie aus diesem übergroßen Schatten treten.
Wo "Harry Potter" Wärme ausstrahlte und in jedem Detail durchdacht war, da soll in Paul Feigs Märchen-Vehikel alles möglichst bunt sein. Große Hollywood-Stars chargieren albernd um die Wette, jede Figur ist mindestens komplett unter Strom oder schon vollkommen durchgedreht und in jeder dritten Szene rast irgendeine märchenhafte Kreatur oder ein bunter Zauberspruch durch die digitalen, seltsam-leeren Kulissen. Keine Spur von Mysterien, von einer greifbaren Welt oder auch nur von Charme - hier wird einfach jeder Frame zugekleistert, während den prunkvollen Kostümen offenbar deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde als den Charakteren. Diese kommen hier nämlich durchweg mindestens unsympathisch, in vielen Fällen gar richtig hassenswert herüber und das lassen sie sich auch gegenseitig spüren. Jeder scheint hier jeden zu hassen, was zu einer Dauer-Streittirade zwischen allen Figuren führt - dass da keine Zeit mehr ist, auch noch Herz einzubringen, ist klar. Allen Figuren geht es ausschließlich um ihr eigenes Ego, welches müde zwei Stunden lang ausdiskutiert werden muss und die wenigen Versuche, darüber hinaus noch so etwas wie eine übergeordnete Bedrohung zu erschaffen, bleiben bis zum Finale völlig stecken.
Es ist ein angestrengtes und anstrengendes Krakeelen, eine hyperaktive Reise durch eine seelenlose Welt, der es nicht nur an Stringenz, sondern auch an Originalität mangelt. Die ständigen Querverweise auf berühmte Märchen und Figuren verkommen zum Zitierwahn, die klischeehaften Konflikte über äußere und innere Schönheit sowie die wahre Liebe sind so dermaßen billig rekonstruiert, dass man sich bisweilen in einem Teenie-Drama auf dem Level einer "High School Musical"-Fortsetzung wähnt - das ist in Sachen Dramaturgie wirklich ein wahnsinniges Flickwerk, welches nicht nur unspannend erzählt, sondern darüber hinaus auch unstringent aufgelöst wird und etliche Logiklöcher offenbart. Doch selbst wenn man die furchtbar generische Geschichte, die ihre wenigen guten Ideen gleich selbst übersieht, mal außer Acht lässt, bleibt wenig, was das Fantasy-Herz zumindest auf optischer Ebene erfreut. Die visuellen Effekte sind oftmals erstaunlich mittelmäßig und die digitale Welt kann ihre Computerherkunft trotz des opulenten Budgets niemals abstreifen. Auch die wenigen Actionszenen geraten ziemlich fadenscheinig und oftmals weiß man als Zuschauer gar nicht, wo hier gerade die Fallhöhe liegt - auch, weil sich das Drehbuch abseits von Karikaturen so gut wie gar nicht um seine Figuren kümmern mag und ihnen nur die märchenhaften Klischees zutraut, die hier eigentlich gebrochen werden sollen. Da bleiben sogar die mau gestrickten Versuche einer "Female Empowerment"-Story als einer der vielen Haken auf einer Checkliste stecken.
Fazit: Trotz aller eigenständigen Handlungselemente und der prunkvollen Ausstattung bleibt dieser Netflix-Blockbuster mit seinen furchtbar geschriebenen Charakteren und einer lauen Dramaturgie allerhöchstens als ein Harry-Potter-Klon zurück, der es nicht mal verdient, im selben Atemzug genannt zu werden.
Note: 4-
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