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Atmosphärisch dicht und lang: Filmkritik zu "Dämon - Trau keiner Seele"

Über Jahre hinweg ermittelte Detective John Hobbes (Denzel Washington) gegen den Serienkiller Edgar Reese (Elias Koteas), bis er ihn schließlich festnageln konnte. Aufgrund seiner Taten wird Reese in der Gaskammer hingerichtet und Hobbes für den Abschluss des Falls gefeiert. Kurz darauf kommt es jedoch zu weiteren Morden, die nach dem exakt gleichen Muster wie Reeses Taten ablaufen. Hobbes glaubt an einen bislang unbekannten Partner des toten Killers oder auch an einen Trittbrettfahrer und ermittelt in den Kreisen des Psychopathen. Zudem geht er auch Hinweisen nach, die Reese ihm kurz vor seinem Tod mit auf den Weg gab. Schließlich muss Hobbes jedoch herausfinden, dass er auf der völlig falschen Spur ist und etwas ganz Anderes hinter den Morden zu stecken scheint...

Auf eine recht clevere Art und Weise spielt "Zwielicht"-Regisseur Gregory Hoblit in diesem Horror-Krimi aus dem Jahr 1998 mit den Erwartungen des Zuschauers und fordert während der ersten Hälfte, bevor die Ermittlungen doch in eine recht klare Richtung deuten, immer wieder ein Umdenken. Ob es sich nun um einen neuen, wahnsinnigen Psychopathen, einen Maulwurf innerhalb der Polizei oder doch um eine übernatürliche Macht handelt, wird zu Beginn nicht klar, woraus der Film durchaus eine ganze Menge Spannung speist. Zudem kann "Dämon" mit einer zumindest auf dem Papier starken Besetzung auftrumpfen, aus welcher ein mal wieder fantastisch agierender Denzel Washington in der Hauptrolle deutlich herausragt. Und auch die Inszenierung gefällt über weite Strecken, wobei das Tempo in bestimmten Szenen schön angehoben wird und auch der originelle Soundtrack von Tan Dun eine ständige Atmosphäre der Unsicherheit verbreitet.
Wähnt man sich zu Beginn also noch in einem düsteren Thriller auf den Spuren von "Sieben", schlägt das Pendel alsbald in eine andere Richtung aus. Es dauert jedoch eine ganze Weile, bis "Dämon" seinen Tonfall so richtig gefunden hat. Und selbst wenn schließlich mehr Klarheit herrscht, wird auch diese immer noch von einem hohen Maß an Leerlauf präsentiert. Obwohl Regisseur Hoblit immer wieder feine Spannungsspitzen gelingen, so enttäuscht er in den langen Abschnitten dazwischen. Weder kommt ein Gefühl für die Polizeiarbeit auf noch kann der fokussierte Fall auf diversen Nebenschauplätzen wirklich an Brisanz gewinnen. Dementsprechend bleiben die hochkarätigen Nebendarsteller*innen leider völlig unterfordert, was sowohl für den großartigen Donald Sutherland als auch für Washingtons "Flight"-Kompagnon John Goodman gilt. So folgt für jede Szene, die mit einer stringenten Dichte erzählt wird und sich in Sachen Dynamik immer höherschraubt, eine ganze Weile Stagnation. Und das ist für einen Thriller, der sich vor allem auf diverse Wendungen und die durchgehende, potenzielle Gefahr verstehen möchte, nicht gerade erfolgsversprechend.
Viel zu lange mäandert der mysteriöse Gegenspieler dabei eher wie ein Marionettenspieler herum - auch da dessen wirkliche Ziele merkwürdig schwammig bleiben. Das Finale an sich gerät dabei ziemlich spannend, kommt jedoch auch mit einer Wendung daher, die so vorhersehbar ist, dass sie in ihrer eigentlich turbulenten Wirkung auch ziemlich klanglos verpufft. Der Weg dahin ist wie gesagt nur in Dosen spannend. So muss man sich fragen, warum gerade das Familienleben des Hauptcharakters letztendlich so viel Raum einnimmt, wenn man darüber wenig mehr über Detective Hobbes erfährt und diese Nebenfiguren darüber hinaus auch nicht viel zur Handlung beitragen können... außer die Einsätze für den Protagonisten sinngemäß zu erhöhen. Generell leidet der Film, der im Kern eine simple Handlung liefert, an einem Übermaß aus Figuren und Subplots, erzählt sich zu verschachtelt und löst die großen Versprechungen, die all diese falschen und richtigen Spuren erst noch andeuten, nicht mehr ganz ein. Das ist dann zwar immer noch routiniert gemacht und hält auch ein paar ziemlich spannende, weil gekonnt inszenierte Spannungs- und Horrorszenen bereit... was in der Summe aber doch etwas zu wenig ist, wenn der Rest des Films dagegen so deutlich abfällt.

Fazit: Trotz einiger starker Spannungsspitzen und eines atmosphärisch dichten, mysteriösen Kriminalfalles bietet "Dämon" zwischen starken Momenten zu viel Leerlauf und flache Charaktermomente, um das Interesse langfristig wachhalten zu können.

Note: 3-



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