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In allen Belangen falsch: Filmkritik zu "Proud Mary"

Über die Jahre hat die professionelle Auftragskillerin Mary (Taraji P. Henson) schon vielen namenlosen Opfern das Licht ausgepustet. Nun entdeckt sie jedoch ihre sensible Seite, als sie mit dem jungen Danny (Jahi Di'Allo Winston) den Sohn eines ihrer Opfer auf der offenen Straße wiederfindet... und sich dem verlorenen Kind annimmt. Damit verstößt Mary jedoch auch gegen die strengen Regeln ihres Bosses Benny (Danny Glover) und droht, als sie Danny aus seinen kriminellen Strängen zu befreien versucht, sogar einen Bandenkrieg auszulösen. Nun muss sie sich entscheiden, wem sie wirklich die Treue schwört - ihrer mordenden Berufsfamilie oder doch dem Jungen, der diese mütterlichen Gefühle in ihr auslöst.

Zumindest ein paar der Fakten klangen ja nicht schlecht: Eine Wiedererweckung des gerade in den 70er Jahren populären (und wichtigen!) Blaxploitation-Genres scheint passend - in Zeiten, wo sich die schwarze Bevölkerung noch immer mit so viel sinnloser und rassistisch motivierter Gewalt konfrontiert sieht, sind schwarze Helden im Kino unabdingbar und gern gesehen. Und wenn es dann auch noch eine schwarze Heldin ist, sind die Jubelstürme vorprogrammiert. Die Macher dieses Films haben diese eigenen Ideen und wichtigen Ansätze aber scheinbar sogleich wieder übersehen, nachdem sie sie ins Skript implementiert hatten. Denn warum erschaffen sie eine starke Frauenfigur, wenn sie dieser danach nur noch durch Klischees Aufmerksamkeit schenken? Den Autoren reicht es, der grimmig dreinschauenden Mary eine Knarre in die Hand zu drücken - das muss dann schon irgendwie stark genug sein. In diesem Fall wirkt es aber nicht nur forciert, sondern ungemein einfallslos... als wäre man zu faul gegeben, dieser Mary darüber hinaus noch irgendeine Art der Zeichnung zu verpassen, die über die tumben 80er-Klischees a la Dolh Lundgren hinausgehen.
Aber gut, zugegeben, ganz so ist das nicht. Denn Mary bekommt noch einen eigenen, persönlichen Konflikt, der sie zu mehr macht als einer eiskalten Profikillerin. Denn für eine weibliche Figur im Action-Genre ist es natürlich mehr als passend, wenn sie plötzlich ihre Muttergefühle entdeckt. Wenn sie ganz sensibel wird, sobald sie ein Kind sieht. Weil sie ja eine Frau ist. Und Frauen sind besonders dann sensibel und nahbar, wenn sie Mutter sein dürfen. Nein, ganz im Ernst: Dass sich ein Film, der zeitgemäß sein will, mit solch einem tumben Klischee aus der Affäre ziehen will, grenzt an eine Beleidigung. Man spürt dauerhaft, dass den Machern ganz offensichtlich nichts anderes einfiel, als die Mutter-Karte zu ziehen, wenn es um eine weibliche Hauptfigur geht... und das setzen sie dann auch auf drögeste Art und Weise um. In kitschigen Dialogen, mit allerlei Tränendrück-Momenten und forcierten Momenten der Trauer und des Schmerzes wird uns ein veraltetes Frauenbild präsentiert, welches wir so wirklich nicht mehr sehen müssen.
Wäre "Proud Mary" aber in all diesem Stumpfsinn immerhin noch ein rasanter Actionstreifen, hätte man ihn vielleicht noch irgendwie goutieren können - die "John Wick"-Reihe beispielsweise schafft es ja auch seit vielen Jahren, eine Mücke von einer Geschichte durch bravouröse Actionszenen auszugleichen. Auch hier herrscht jedoch Tristesse: Die seltenen Actionszenen wirken fahrig und wie nach dem Lehrbuch gefilmt - einzig ein Shootout während des Showdowns kommt hier etwas knackiger und flotter daher. Der Rest der entsetzlich lang wirkenden 90 Minuten wird mit banalen Dialogen gefüllt, welche Mary und ihren jungen Schützling in langweilig inszenierten Alltagssituationen darstellen. Eine Bindung zwischen den beiden Charakteren sowie auch eine Verbindung von den Figuren zum Publikum findet dabei niemals statt. Und sogar Taraji P. Henson, die sich nicht umsonst den Status einer starken Charakterdarstellerin erarbeitet hat, wirkt in diesem mauen Treiben vollkommen antriebslos. Insgesamt ist nicht mehr als ein vergessenswerter Actioner herausgekommen, der seine eigenen Präferenzen ad absurdum führt und dabei dann nicht nur langweilig, sondern auch ziemlich dumm daherkommt.

Fazit: Stumpfer Auftragskiller-Actioner, der seine weibliche Hauptfigur zum banalen Klischee degradiert und darüber hinaus weder mit einer sinnigen Geschichte noch mit knackigen Actionszenen aufwarten kann. Am Ende ist da nur Langeweile pur - banal, zäh und ohne jede Spur von Originalität.

Note: 5 



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