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Was soll das Ganze?: Filmkritik zu "The Dressmaker" (2015)

Nach vielen Jahren kehrt Myrtle Dunnage (Kate Winslet), von allen zumeist Tilly genannt, in ihre Heimatstadt zurück, nachdem sie im Kindesalter aus dieser vertrieben worden war. Damals war sie des Mordes an ihrem Mitschüler beschuldigt worden, allerdings konnte ihr die Tat niemals wirklich nachgesagt werden. Nun ist Myrtle zurück und mischt die versnobte Gesellschaft mit ihren extravaganten Kleidern auf, die sogleich die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich ziehen. Auch mit ihrer Mutter Molly (Judy Davis) gibt es ein Wiedersehen, welches ebenfalls wenig freundlich abläuft. Mit dem aufgeschlossenen Polizisten Horatio Farrat (Hugo Weaving) findet sie jedoch auch eine Seele, die ihr positiver gesinnt ist... und kann mit der Zeit die Meinungen der Männer und Frauen im Ort zumindest zeitweise beeinflussen.

Es geht also um eine Frau, die des Mordes bezichtigt wurde und nun dabei ist, ihren Namen nach vielen Jahren der Einsamkeit reinzuwaschen. Nein, das stimmt so nicht ganz. Eigentlich geht es um eine Frau, die tolle Kleider schneidert und damit die verkopfte Anwohnerschaft eines Dorfes aufmischt, im direkten Konkurrenzkampf mit einer Schneidern. Was auch nicht so recht stimmt. Denn eigentlich geht es um die Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Oder nein, um einen süßen Kerl, der der Frau schöne Augen und sie sprachlos macht, als er oben ohne vor ihr steht. Nein, um ein junges Mädchen der Marke "hässliches Entlein", die sofort schön wird, sobald sie ihre Brille abnimmt und in ein schönes Kleid schlüpft... und um den Mann, dem sie eigentlich schöne Augen machen will und der sie wahrnimmt, als sie endlich hübsch aussieht. Nein, doch um den Mord, der vielleicht kein Mord war oder von jemand anderem verübt wurde. Oder um die Mutter und die Tochter... und eben auch um Kleider. Im Ernst, man kann sich sicherlich die Mühe machen, die essentielle Dramaturgie dieses dramaturgisch vollkommen deplatzierten Films herauszuarbeiten, aber es ist fraglich, ob die Antwort letztendlich zufriedenstellend ausfällt. Denn "The Dressmaker" will sehr viel auf einmal sein und ist am Ende nichts davon.
Die Dramaaspekte, die sich vor allem auf die Familie und die traumatische Vergangenheit der Protagonistin verstehen, werden wahnsinnig sentimental und exzessiv ausgebrütet. Im direkten Vergleich fällt die schmachtige Romanze mit dem gutaussehenden Buben im Dorf (Liam Hemsworth, der von jedem Charme, aber nicht von seinen muskulösen Oberarmen befreit wurde) ein wenig so aus, als hätte man den Plot von "High School Musical" in ein Westerndorf verlegt und auch die gemeinsamen Songs durch diverse Umzieh-Szenen ersetzt. Eine Art Thriller, bei der auch ein Geheimnis gelüftet werden soll, wird so lange von den bemühten Komödienelementen auf die lange Bank geschoben, bis die tatsächliche Auflösung des Geschehens auch nicht mehr interessiert - zudem sie auch ziemlich schnöde präsentiert wird. Das führt zu einem tonal völlig unentschlossenen Film, der zeitgleich bewegen, amüsieren und fesseln will, wobei nichts von alledem auch nur im Ansatz gelingt. Gerade im Hinblick auf eine freche Komödie wirkt "The Dressmaker" völlig ohne jedes Maß: Die Nebenfiguren sind dabei so oberflächlich und redundant gezeichnet, dass man sofort weiß, wo die Autoren mit ihnen hinwollen.
An der Performance von Kate Winslet in der Hauptrolle lässt sich prinzipiell nichts auszusetzen, allerdings zwingt ihr das Drehbuch einige scheußliche Dialoge sowie eine völlig hanebüchene Romanze auf, bei welcher der "Titanic"-Star auf einmal von der wortgewandten Dame zu einem rehäugigen Kitz verkommt. So richtig überzeugend agiert dann eigentlich nur Hugo Weaving als überraschend entgegenkommender und herzlicher Polizist. Auch die Naturaufnahmen sowie die aufwendigen Kostüme sind, gerade im Kontrast zur häufigen Trostlosigkeit des Settings, sehr hübsch anzusehen. Doch das hilft wenig, wenn die Dramaturgie dieses Films so dermaßen stark im Sande verläuft - als Komödie zu schrill und gewollt, als Drama viel zu sentimental, als eine Art Krimi zu vorhersehbar. Es ist letztendlich nicht nur so, dass man sich langweilen würde. Nein, tatsächlich öden uns die nur an der Oberfläche schrill geschriebenen Figuren in ihren jeweils dem Genre, welches gerade bedient werden soll, angepassten Manirismen förmlich an. Das hat weder Zug noch irgendeine Dynamik, die all diese Töne passend verbinden würde und endet damit als echte Bauchlandung, bei der man am Ende auch nicht mehr weiß, was man uns dazu sagen will. Vielleicht einfach, dass Flammen manchmal auch gut sind... wenn sie Drehbücher wie dieses verschlingen können, beispielsweise.

Fazit: Ein tonal völlig verwüsteter Film, der zugleich Drama, Komödie, Krimi und Gesellschaftskritik sein will und dabei nichts von alledem auch nur im Ansatz überzeugend ist. Übersentimental, kitschig, angestrengt und plump schleppt sich "The Dressmaker" durch teils banale, teils ziellose zwei Stunden und verliert dabei zig Male den Faden.

Note: 5+



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