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Zugleich frech und seicht: Filmkritik zu "Die Girls von St. Trinian"

Annabelle Fritton (Talulah Riley) kommt als neue Schülerin ans berüchtigte britische Mädcheninternat St. Trinian - der Ruf der Schule sagt, dass die dortigen Lehrmaßnahmen jenseits von Gut und Böse und die Schülerinnen allesamt trickreiche, bisweilen sogar gefährliche Monster seien. Annabelle will schon während der ersten Nacht und nach den ersten, bösen Streichen seitens ihrer Mitschülerinnen geschockt wieder abreisen. Zugleich handelt sich die Schulleiterin Camilla Fritton (Rupert Everett), Annabelles Tante, finanziellen Ärger ein, der in einer Schließung der Schule resultieren könnte. Um dies und einen Wechsel zu einer normalen, strengen Schule zu verhindern, raufen sich die Mädels der St. Trinian zusammen und planen gemeinsam einen großen Kunstraub, um die Schule zu retten...

Der (zumindest für mich, der mit der Materie bislang nie in Berührung gekommen ist) unerwartet freche Tonfall, von dem "St. Trinian's" in dieser Neuinterpretation lebt, hat mir durchaus gefallen. Das hier ist zumindest nicht durchweg eine glattgebügelte Kinokomödie, sondern geht bisweilen sogar richtig zur Sache. Aufgrund eindeutigen Sexszenen, ziemlich viel Brutalität und einigen Fallen, die sogar noch weit über die Härte der beiden "Home Alone"-Filme hinausgehen, ist das hier auch nicht für jüngere Kinder geeignet. Ältere Zuschauer*innen werden aber zumindest über gewisse Strecken ihre Freude daran haben, dass die Macher hier nicht die Bremse ziehen, sondern in vielen Momenten richtig Vollgas geben. Dieser Tonfall ändert aber wenig daran, dass das generelle Handlungsmuster doch sehr schematisch verläuft. Immerhin verzichtete man auf eine für dieses Genre ja sonst stets gepachtete Lovestory, kann innerhalb der persönlichen Beziehungen der Charaktere aber auch nicht immer verhindern, dass doch noch Klischees die Überhand nehmen.
Das wäre an sich nicht so wild, wenn der Film dennoch seinen anarchischen Grundton beibehalten würde. Das tut er zwar fast durchgehend, kann diesen darüber hinaus aber nicht in eine stimmige Dynamik versetzen. So wirkt "Die Girls von St. Trinian" in seiner wilden Aneinanderreihung von Chaos, Streichen und Schandtaten eher wie eine ziemlich wilde Sketch-Reihe. Einen roten Faden auszumachen, ist zwar möglich, doch fällt dieser dabei extrem dünn aus... so dünn, dass nicht einmal klar wird, welcher Figur wir hier eigentlich zentral folgen. Zu Beginn sieht es noch so aus, als würde Annabelle Fritton als neue Schülerin die Identifikationsfigur bilden, doch wird diese im weiteren Verlauf des Films fast vollständig vergessen, während andere Charaktere sich in ihren Plots abwechseln. Dabei bleibt der Humor oftmals auf der Strecke oder wird zu gewollt aufgetischt, trotz solider Leistungen des namhaften Casts.
Colin Firth bleibt dabei weitestgehend unterfordert. An anderer Stelle kann "Shrek"-Star Rupert Everett in einer sehr skurillen Doppelrolle durchaus spaßige Akzente setzen und verschwindet dabei teilweise hinter einer herausragend engagierten Maske. Auch die weiblichen Nachwuchstalente machen ihre Sache beinahe durch die Bank weg gut und für einen Filmfan ist es durchaus interessant, große Namen wie Juno Temple, Lily Cole oder Paloma Faith innerhalb dieses Ensembles zu entdecken. Das macht dann zeitweise schon Spaß, ist aber weit von dem Potenzial entfernt, was dieser Film eigentlich geliefert hätte. Er ist frech, aber oftmals zu vorhersehbar und in seiner so schon oft gesehenen Handlung schlichtweg zu durchsichtig. Und die Frechheit führt auch dazu, dass wir die Charaktere auch am Ende des Films als wenig mehr sehen als eben das: Freche Biester, die clever sind, denen wir so aber auch nicht im echten Leben begegnen wollen würden. Das ist dann unterm Strich doch etwas zu wenig, wenn man bedenkt, wie viele Fans die Originalvorlage hat.

Fazit: Durchaus anarchistischer, aber auch zu durchsichtiger und überfüllter Comedy-Streifen, der zwar gute Darstellerleistungen liefert, hingegen jedoch eine Mücke von einer Handlung, die zu oft zur reinen Sketch-Aneinanderreihung ohne roten Faden verkommt.

Note: 4+



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