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Eine verschwendete Top-Besetzung: Filmkritik zu "Das Jerico Projekt - Im Kopf des Killers"

In London wird der CIA-Agent Bill Pope (Ryan Reynolds) durch feindliche Häscher gejagt, gefoltert und anschließend getötet. Um die wichtigen Informationen zu der Identität der Feinde in Popes Kopf dennoch nutzen zu können, ruft dessen Vorgesetzter Quaker Wells (Gary Oldman) ein wissenschaftliches Programm ins Leben. Mit Hilfe des Neurowissenschaftlers Dr. Franks (Tommy Lee Jones) soll es gelingen, die Erinnerungen und Informationen in Popes mühselig am Leben gehaltenen Gehirn auf einen anderen Menschen zu übertragen. Wegen eines seltenen Hirnschadens ist der eingesperrte Verbrecher Jerico (Kevin Costner) einer der vielversprechendsten Kandidaten für dieses Experiment - der ist aber gar nicht einverstanden damit, sich ohne jede Garantie in die gefährlichste Mission seines Lebens hineinwerfen zu lassen.

Was sich ein wenig so anhört wie eine etwas weniger routinierte Version des Action-Kults "Face/Off", stellt sich letztendlich als arg generischer Thriller heraus. Dass dieser trotz der namhaften Starbesetzung in Deutschland nicht einmal einen Kinostart erhielt, lässt sich aufgrund der mangelhaften Kritiken und der tatsächlich sehr mauen Qualität des Endprodukts durchaus verstehen. Denn weder macht der Film sonderlich viel aus der an und für sich spannenden Grundidee, dass sich plötzlich zwei "Leben" in einem einzigen Menschen befinden, wobei eine von ihnen immer wieder unangenehm durchbricht. Noch funktioniert "Das Jerico Projekt" als packender Actionfilm - gerade die Actionszenen, die eher unroutiniert über die Laufzeit verteilt sind, wollen in ihrer müden Inszenierung nicht überzeugen. Oftmals wirken sie sogar so, als hätte man sie unmotiviert in die Handlung geschoben, getreu nach dem Motto: Die Figuren haben sich jetzt lange genug unterhalten, lassen wir doch besser die Bösewichter noch mal um die Ecke biegen, um ein wenig Schwung reinzubringen.
Dass dabei keine Dynamik entsteht, ist klar - und wenn solche Szenen noch nicht mal optisch wirklich etwas hermachen, ist es mit der Langeweile nicht weit her. Mit wirren Schnitten und einigen Figuren, die selbst die normalsten Dialogzeilen noch wutentbrannt umherbrüllen, soll offensichtlich eine Dringlichkeit erschaffen werden, die es aber kaum gibt. Zwar tickt schon eine gewisse Uhr, doch bleiben die Ziele des sehr marginal gezeichneten Bösewichts ohnehin so schemenhaft, dass man über weite Strecken gar nicht weiß, hinter was die "Guten" denn nun her sind. So richtig gut sind die allerdings auch nicht, tummeln sich unter dieser CIA-Gruppe doch auch ein paar ziemlich unsympathische Gesellen. Das gereicht aber nicht zu einer angenehm-ambivalenten Charakterzeichnung, sondern zu schematischen Pappkameraden, die immer dann in einer emotionalen Haltung auftreten, wenn diese gerade vom Drehbuch erwünscht wird.
Immerhin weiß Kevin Costner in der Rolle des knurrigen und oftmals unerwartet explodierenden Jerico zu gefallen. Zwar haben versiertere Filmemacher*innen einen schieren Amoklauf durch eine Stadt durch einen einzelnen Menschen schon deutlich energetischer inszeniert, aber Costner grummelt sich hier mit eindeutiger Spielfreude durch einen ansonsten arg flachen Film. Der Rest liefert dann leider nur den Standard ab: "Leon"-Star Gary Oldman brüllt im Grunde immer herum - das kann er gut, fällt dabei aber ziemlich aus der Reihe. Denn der Rest des Casts wirkt gelangweilt, geradezu schlafwandlerisch in ihren eng gestrickten Rollentypen, was ganz besonders für einen arg unterforderten Recken wie Tommy Lee Jones gilt. Gal Gadot als simple Damsel in Distress zu besetzen wirkt auch ziemlich schade, wo man doch weiß, dass der ehemalige "Fast & Furious"-Star zu deutlich mehr im Stande ist. Weitere bekannte Namen wie die deutsche Antje Traue, "Prison Break"-Insasse Amaury Nolasco oder auch die aus dem zweiten Film der "Star Trek"-Reboot-Reihe bekannte Alice Eve agieren derweil nur noch als Stichwortgeber, die durch die Handlung gescheucht oder auch wieder aus ihr entfernt werden, sobald sie ihr Soll erfüllt haben.

Fazit: Kevin Costner ist der einzige Grund, sich diesen Film womöglich mit ganz, ganz niedrigen Erwartungen anzusehen. Darüber hinaus ist "Das Jerico Projekt" in Sachen Plot, Action, Dramaturgie, Tempo und Supporting Cast ganz nah dran an einer echten Bauchlandung, die vordergründig einfach wahnsinnig öde und schematisch abläuft.

Note: 4-



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