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Action Top, Drehbuch Flop: Filmkritik zu "Operation: Broken Arrow"

Der Kampfpilot Major Vic Deakins (John Travolta) und sein jüngerer Kamerad Captain Riley Hale (Christian Slater) unternehmen einen Testflug in der Wüste Utah mit einem Tarnkappenbomber, der zwei nukleare Waffen geladen hat. Mitten auf dem Flug greift Deakins jedoch seinen Kameraden an, katapultiert ihn mit einem Schleudersitz aus dem Jet, greift sich die Nuklearwaffen und lässt den Bomber an einer Felswand zerschellen. Bei der US-Regierung klingeln sämtliche Alarmglocken aufgrund des Verschwindens der Waffen, während Deakins mit seinem Team versucht, diese wieder in Besitz zu bringen. Dabei hat er die Rechnung jedoch ohne Hale gemacht, denn der hat seinen Absprung überlebt und tut sich mit der rein zufällig am Tatort anwesenden Parkrangerin Terry Carmichael (Samantha Mathis) zusammen, um Deakins und seine Männer aufzuhalten.

Auf der Höhe seiner Hollywood-Karriere (und rund ein Jahr vor seinem endgültigen Durchbruch mit dem kultigen "Face/Off") inszenierte John Woo diesen Action-Kracher. Und dabei bietet er dem Publikum im Grunde alles, was man sich von der Konstellation aus Woo sowie den beiden Hauptdarstellern John Travolta und Christian Slater vorstellen kann - alle drei lassen es mächtig krachen und werden dabei auch noch von einem knackigen Soundtrack von Hans Zimmer unterstützt. Das Drehbuch muss dabei jedoch in einer der zahlreichen Explosionen in Flammen aufgegangen sein, denn das hier dargebotene Storygepinsel lässt eher die Vermutung zu, dass es gar kein echtes Skript gab und Woo seine wenigen Figuren eher rau durch die etlichen Actionszenen gezogen hat. Dabei ist es nicht das Problem, dass man den Alibi-Plot von gestohlenen Nuklearwaffen, die in die Hände von eiskalten Terroristen geraten, auch im Jahr 1996 schon zigfach gesehen hat. Dass Woo aber wirklich keinen Deut mehr aus diesem Aufhänger macht als eine simple Aneinanderreihung von Action-Momenten lässt "Broken Arrow" dann doch deutlich hinter Filmen wie "The Rock" zurückfallen.
Christian Slater darf dabei zum wiederholten Male den farblosen Helden geben - das macht er wie gehabt solide, ohne dabei aber mit großartigem Charme auftrumpfen zu können. Deutlich schillernder agiert da schon der für "Pulp Fiction" oscarnominierte (und deswegen im Jahr 1996 einen echten Karriere-Frühling erlebende) John Travolta. Dessen absolut eindimensionaler Vic Deakins lässt zwar im Grunde auch keinerlei Ambivalenz zu, aber Travolta ist mit solch sichtbarem Spaß an der Sache dabei, dass es schwer fällt, da keine Faszination für dieses Overacting zu finden. Fast durchgehend mit einem fiesen Grinsen im Gesicht und mit einigen herrlichen Onelinern im Gepäck ("Schieß nicht auf Nuklearwaffen!") macht Travoltas Performance einfach nur Spaß. Dabei sind sämtliche Figuren eigentlich nur funktional angelegt - das gilt sowohl für das typische Love Interest als auch für die keinen Deut weiter gezeichneten Helden und Bösewichter, die allesamt entweder einfach fies oder einfach nur gut sind. 
Aber wenn Regisseur Woo eines beherrscht, dann sind es nun mal Actionszenen und das "Broken Arrow" an dieser Front genau das abliefert, was man sich von einem Film wie diesem verspricht, lässt sich nicht wegargumentieren. Zu einer Zeit, als noch mit feiner Handarbeit und echten Stunts gewerkelt wurde und eine herausragende Actionsequenz wie das atemlose Finale auf einem fahrenden Zug nicht von tausend mittelmäßigen CGI-Effekten verunstaltet wurde, hält uns "Broken Arrow" schlichtweg in Atem. Natürlich ist das auch physikalisch alles absoluter Nonsens und Woo's Leidenschaft für ständige Explosionen, wenn Hubschrauber oder Autos mit Felswänden kollidieren, kommt schon nah an die Zerstörungswut eines Michael Bay heran. Aber es hat nun mal durchweg knackigen Style, ist wunderbar dynamisch inszeniert und sorgt dafür, dass die 108 Minuten mit einem Wahnsinnstempo vorbeiziehen. Überraschungen oder irgendwelche originellen Ideen darf man dabei abseits des ständigen Krachens nicht erwarten, aber immerhin liefert Woo das versprochene Actionfeuerwerk praktisch von Anfang bis Ende. Und genau das ist es doch, was dieser Film sein will, weswegen man konstatieren muss, dass er seine eigene Mission durchaus erfüllt... auch wenn er nicht mal ansatzweise den Willen hat, sich auf dem Weg noch irgendwelche Zusatzpunkte abzuholen.

Fazit: Travolta, Slater, Woo, Zimmer... das kann ja nur krachen. Und dementsprechend wird dann auch ein temporeiches und hervorragend inszeniertes Actionfeuerwerk abgeliefert, welches einen durchaus in Atem hält. Das Hirn muss vorab natürlich zwingend abgeschaltet werden, da man die holzschnittartigen Figuren und das völlige Fehlen einer dramaturgischen Logik innerhalb des Alibi-Plots sonst nur schwer ignorieren kann.

Note: 3-



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