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Catch Me!

Ach komm, diese Geschichte kann doch nun keinesfalls wahr sein. Niemals würden Freunde so etwas durchziehen... oder? In Zeiten des Internets wurden Videos offenbart, die Männer zeigten, wie sie einen Pool im Wohnzimmer bauten, wie sie ihre Kinder per Bobbycar hinter sich herziehen und noch ziemlich viel anderer Unsinn. Wieso sollten mehrere Freunde dann also nicht seit dreißig Jahren Fangen spielen, wenn sie sich einmal im Jahr endlich wiedersehen? Das klingt so verrückt, dass es vielleicht doch wieder wahr sein muss und auch so abgedreht, dass sich eine filmische Version definitiv anbietet. Diese fällt nun aber etwas flacher aus als erwartet...

CATCH ME!


Seit der Highschool spielen fünf Freunde in jedem Mai Fangen - selbst jetzt, wo sie bereits alle in verschiedenen Städten wohnen, sich zu diesem feierlichen Anlass aber gerne wiedersehen. Wer am Monatsende der Fänger ist, ist nicht direkt der Verlierer, erbt aber zumindest für elf Monate eine Schande. Der absolute Profi im Spiel ist Jerry Pierce (Jeremy Renner), der bislang noch nie gefangen wurde, was sich diesmal jedoch ändern soll: Er heiratet seine Verlobte Susan (Leslie Bibb) nämlich ausgerechnet im Mai, was mit dem Treffen seiner Freunde kollidiert und Pierce somit natürlich zu einem passenden Ziel macht - deswegen bilden seine Freunde diesmal zusammen, um ihren Kumpel endlich in die Enge zu treiben.

Und ja, es ist tatsächlich wahr und obwohl die Macher hier natürlich vollkommen übertreiben, wenn es um die absolut irren und teils auch extrem gefährlichen Verfolgungsjagden geht, um einen anderen Fänger zu bestimmen (wirklich, ab und an wäre es wohl wahrscheinlich gewesen, dass einer von ihnen draufgeht), so belehren uns die letzten Bilder zumindest teilweise eines Besseren. Dort sehen wir Videoausschnitte der echten fünf Freunde und ihre Taktiken, um den jeweils anderen zu erwischen und zu fangen, decken sich zumindest ansatzweise mit dem, was Regisseur Jeff Tomsic hier zeigt.
Und diese Szenen stehen dann auch im Fokus - die vollkommen abgedrehten Sequenzen, in denen die vier Freunde Hogan, Bob, Randy und Kevin irgendwie versuchen, den niemals gefangenen Jerry in eine Falle zu locken und wie dieser sich mit schier unbändigen Fähigkeiten aus den Fängen seiner Freunde entwindet. In kongenialen und vollkommen überzogenen Zeitlupen und aufwendigen Choreos (Jeremy Renner brach sich beim Dreh sogar beide Arme, was beinahe die Arbeiten am vierten "Avengers"-Film gefährdet hätte) wehrt er sich gegen seine Freunde und was die Macher dabei an Slapstick abfeuern, ist schon nicht ohne. Natürlich ist das dann recht stumpf, im Kern ist diese Geschichte aber irgendwie auch angenehm aufbauend - dass ein solch simples Spiel Freundschaften so zusammengehalten hat, ist beinahe herzerwärmend und trotz der vorlauten Fangsequenzen und übertriebener Ach-und-Krach-Szenen geht diese gar nicht mal so dumme Message niemals unter, da sie quasi allgegenwärtig ist in dieser Geschichte.
Natürlich wäre es, auch trotz eines überraschend emotionalen und zufriedenstellenden Schlussaktes, aber auch zu viel, dem Werk eine enorme Tiefe zuzusprechen, denn im Fokus steht noch immer die Comedy. Diese funktioniert dann auch weitestgehend und bringt sowohl im Slapstick- als auch im Dialogwitz sehr viele Lacher. Als Scene Stealer tut sich dabei überraschenderweise "Spider-Man"-Star Hannibal Buress hervor, der als ruhigste Persönlichkeit auch die stärksten Dialogzeilen hat, wohingegen Jeremy Renner erwartunsgemäß physisch die Nase vorn hat - wenn er seine Freunde wie ein Fuchs kommen sieht und plötzlich ein schadenfrohes Grinsen sein Gesicht durchzieht, ist es jedoch schwer, diesen Typen nicht zu mögen. Das ist dann generell alles sehr flott inszeniert und beschwört auch das Gefühl des inneren Kindes wieder hervor, selbst wenn man in der Inszenierung das ein ums andere Mal übertreibt.
Der einzige Plot, der dabei deutlich Tempo kostet, ist der um eine verflossene Liebe, um die sich die beiden Freunde Bob und Chillie balgen, bringt der doch weder den Plot voran, noch kommt dabei irgendwann auch nur ein guter Witz zustande. Das kostet dann schon Punkte in der B-Note, besonders da man dieser Handlung im weiteren Verlauf auch ziemlich viel Zeit spendet. Ausgeglichen wird diese schwache Nebenfigur durch andere Nebencharaktere, die herausragend agieren. Gesondert sollte man die wunderbare Isla Fisher erwähnen, die als Hogans Frau doppelt so viel Aggressivität ins Spiel legt wie die Männer... und das, obwohl sie nicht mal mitspielt. Als überraschend gelungen stellt sich auch der Kniff heraus, die Männer von einer Reporterin begleiten zu lassen, die zufällig von der Geschichte erfährt und sofort miteinsteigt - durch ihre verwunderten Augen erblicken wir immer wieder absolut skurille und dennoch herrlich herzliche Momente.

Fazit: Die Inszenierung ist ebenso überzogen wie witzig, die Darsteller herrlich aufgelegt und in Sachen Slapstick und Wortwitz landet der Film erstaunlich viele Mega-Treffer. Einige etwas zähe Subplots nehmen leider immer wieder zu viel Tempo raus.

Note: 3+







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