Eigentlich war es schon vor einigen Jahren geplant gewesen: Nach dem Erfolg des zweiten Teils der "Purge"-Reihe überlegte die Macher, wie sie noch etwas Neues zum Franchise hinzufügen konnten und liebäugelten mit der Idee einer Rückreise, um die allererste Purge auf Film zu bannen. Letzten Endes wurde Teil Drei der Reihe aber dennoch eine handelsübliche und im Mittelmaß verbliebene Fortsetzung, sodass das wesentlich interessanter klingende Prequel einfach zwei Jahre später folgt. Hier sollen wir nun tatsächlich sehen, wie die Säuberung ihren Anfang nahm und was dazu führte, dass die Purge zu einem Teil der amerikanischen Geschichte wurde...
THE FIRST PURGE
Um die Gewaltakte in Amerika zu senken, entwickelt ein Team aus Politikern und Wissenschaftlern die Idee einer sogenannten "Säuberung": Als soziologisches Experiment soll es allen Bewohnern von Staten Island erlaubt sein, in einer Nacht im März zwölf Stunden lang sämtliche Delikte zu begehen, ohne dafür belangt werden zu können, inklusive Mord. Schon früh gibt es erste Demonstrationen gegen die "Purge", weswegen den finanziell schwach aufgestellten Bewohnern viel Geld geboten wird, sollten sie sich in dieser Nacht auf die Straße wagen und teilnehmen. Als die erste, offizielle "Purge" beginnt, ist nicht klar, wie das Experiment verlaufen wird... bis die Macher auf extreme Art und Weise eingreifen.
Es ist ein durchaus interessantes Unterfangen, waren die "Purge"-Filme innerhalb ihres Genres doch schon immer sehr politisch und stellten unter dem Deckmantel der Gewalt und des Suspense einige nachdenkliche Fragen. Nun hatten die Macher die Chance, noch politischer und auch menschlicher zu werden und aufzuzeigen, wie die ganze Geschichte überhaupt ihren Anfang nahm. Wieso war es nötig, eine solche Purge zu veranstalten? Was war der Beginn der Geschichte hinter den Kulissen? Wie reagieren die Menschen auf dieses neue, menschenverachtende Experiment? Antworten haben wir zumindest streckenweise auch schon in den anderen Filmen erhalten, geht es im Kern doch um die Dezimierung einer überbevölkerten Gesellschaft und um das Rauslassen der Wut in einer Nacht, sodass die Kriminalität an den anderen 364 Tagen im Jahr exorbitant sinken konnte.
In "The First Purge" wollte man nun die Zeit nutzen, um in die Köpfe der Menschen zu sehen, als sie noch nicht an diese eine Nacht im Jahr gewöhnt waren... genutzt haben die Macher diese Chance aber leider nicht gut genug. Zwar nimmt man sich für einen Horrorfilm doch überraschend viel Zeit, um die Ausgangssituation darzustellen und gleich einen ganzen Haufen Charaktere in den Ring zu schmeißen, die später natürlich um ihr Leben kämpfen sollen, allzu viel interessante Charakterstudie ist dabei aber auch nicht herumgekommen. Die essentiellen und mit Abstand interessantesten Fragen, die sich auf die Menschen an den Computern und in den Bürogebäuden beziehen, werden ziemlich fix vom Tisch gefegt und der Rest ist dann im Grunde das altbekannte "Purge"-Gesetz... aber immerhin mit einigen Neuerungen.
Als clever kann man dabei die Idee bezeichnen, dass die Menschen in diesem Film nicht gleich mordend durch die Stadt ziehen, als die Sirene ertönt und stattdessen, auch als Gegenpol, ausschweifende Partys feiern. Wie die Köpfe hinter dem Experiment ihren Willen schließlich durchdrücken, sollte logisch nicht immer allzu genau hinterfragt werden, entbehrt aber einigen moralischen Grundsatzdiskussionen nicht, weswegen der Film zumindest an der Oberfläche intelligenter ist als er sich gibt. Leider tut er das aber nicht über seine gesamte Laufzeit hinweg und schludert insbesondere bei der Darstellung seiner menschlichen Figuren. Weitaus mehr potenzielle Opfer schlagen sich nun durch die Purge-Nacht und keinem von ihnen kann das mittelmäßige Drehbuch wirkliches Leben einhauchen, sie wirken allesamt wie blasse Abziehbilder... und das obwohl es ordentliches Potenzial für Konflikte und Brennstoff gegeben hätte.
Solcherlei vielversprechende Ansätze werden jedoch von diversen Gewalteskalationen hinweggefegt, wenn die Kamera noch schonungsloser draufhält. "The First Purge" ist dabei auch der erste Film des Franchises, der in Deutschland eine Freigabe ab 18 Jahren erhalten hat und das ist auch durchaus gerechtfertigt. Die Gewaltdarstellungen sind zwar im Kern nicht extremer geworden, dafür verschließt man diesmal aber auch nicht die Augen vor einzelnen Gewalttaten und hält auch innerhalb eines Gemetzels in einer Partygruppe voll drauf - das dürfte für manch eine zartbesaitete Seele durchaus zu heftig sein. Die Gewalt kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es "The First Purge" trotz all seiner politisch kritischen Ansätze an echter Spannung mangelt: Die Inszenierung bleibt etwas flach, das Finale wird zu einem kruden, von Kopfschmerzen verursachenden Lichteffekten überdeckten Megageballer, in welchem Charaktere und Tiefe untergehen - die Chance hin zu weniger Splatter und mehr Storytelling wurde hier nur selten genutzt.
Fazit: Das Prequel zur bekannten Horrorreihe bietet natürlich einige Neuerungen, trotzdem lassen die Macher viel brisantes Potenzial liegen. Noch ein wenig brutaler und kritischer, dafür aber auch mit wesentlich flacheren Figuren und einer etwas anstrengenden Inszenierung ausgestattet bleibt somit auch dieser "Purge"-Film, wie bereits seine Vorgänger, im Mittelmaß stecken.
Note: 3-
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