Seit ganz ehrlich: War irgendeiner von euch in der Schule gut im Geschichtsunterricht? Ich empfand all die historischen Fakten von zumeist schon längst unter der Erde liegenden Königen und Marschallen stets als arg trocken... besser war ich dafür in Politik, musste man dort doch auch menschlich und nicht nur faktisch sein Hirn anstrengen. Natürlich verbinden sich beide Fächer aber auch und politische Geschichte ist auch nicht immer ganz einfach. Filme können uns dabei helfen und die Geschichte spannend darbieten, sodass sogar Laien ihr folgen können. Oder es gelingt ihnen auch nicht und der Zuschauer ist am Ende ebenso gelangweilt und ideenlos wie zu Beginn... wie im Fall des Polit-Thrillers "The Secret Man".
THE SECRET MAN
1972, Washington: Es sind nur noch wenige Monate bis zur Wahl und nach dem Tod J. Edgar Hoovers, Chef des FBIs, bringt sich US-Präsident Richard Nixon in Stellung, um erneut gewählt zu werden. Mit dem Tod Hoovers hat Nixon offensichtlich ein Problem weniger, saß ihm das FBI doch angesichts seiner Watergate-Affären bereits dicht im Nacken. Nun übernimmt Patrick Gray (Marton Csokas) die Leitung des FBI und der möchte die Watergate-Ermittlungen so rasch wie möglich abschließen. Um Nixon zu Fall zu bringen, stellt sich FBI-Agent Mark Felt (Liam Neeson) als Maulwurf gegen seine Vorgesetzten und bringt eine Schmutzkampagne in Umlauf...
"The Secret Man" lief damals, trotz des brisanten Themas und der beeindruckenden, namhaften Besetzung nicht in meinem Kino... nur wenige Monate später wurde er innerhalb des monatlichen Sparfreitags aber für einen Euro zum Leihen auf Amazon Prime Video angeboten. Natürlich schlug ich sogleich zu, wartete mit der Sichtung aber noch einige Tage, bis ich in der richtigen Stimmung für das Genre eines düsteren und komplexen, noch dazu auf einer wahren Begebenheit beruhenden Polit-Thrillers war. Ich mag mir kaum ausdenken, wie der Film auf mich gewirkt hätte, wäre ich nicht in der richtigen Stimmung gewesen, denn bereits mit viel Lust auf das Thema hat mich "The Secret Man" mit einer ziemlich herben Enttäuschung zurückgelassen.
Natürlich, das Thema wurde gerade im Kinobereich schon mehrfach durchgewurschtelt, insbesondere die Nachwirkungen der Watergate-Affäre und Nixons Versuchen, sich reinzuwaschen, wurden in dem mehrfach oscarnominierten Drama "Frost/Nixon" bereits auf intensive Art und Weise behandelt. "The Secret Man" nähert sich der Historie von anderer Seite, spricht von Vertuschungsversuchen der Watergate-Skandale und wie man Nixon dennoch erneut auf den Stuhl des Präsidenten der Vereinigten Staaten hieven wollte. Was im Kern nach einem sehr interessanten Thema klingt und was es sicherlich auch ist, wird im Film aber nie so richtig klar, da man sich hier in Genre-Konventionen verläuft.
Wer sich in dem Thema nicht auskennt, wird zu Beginn zwar an die Hand genommen, trotzdem kommt "The Secret Man" in seinen hundert Minuten nie richtig in Schwung. Zu vorhersehbar, zu glatt läuft das alles ab und bringt höchstens gewisse Ahnungen innerhalb der Hintergründe des korrupt agierenden FBI zur Geltung... im Vergleich zu einer brisanten und herausragend inszenierten und geschriebenen Serie wie "House of Cards" bleibt das hier natürlich viel zu sehr an der Oberfläche. Für seine Figuren interessiert sich das Skript im Gegensatz zu dem historischen Thema weniger, was auch daran liegen könnte, dass sich hier zu viele die knapp bemessene Laufzeit teilen. Unter den vielen Stars können nur die wenigsten wirkliche Akzente setzen, so natürlich Hauptdarsteller Liam Neeson, "I,Robot"-Star Bruce Greenwood in einer prägnanten Nebenrolle und Marton Csokas, der hier zumindest in Ansätzen so etwas wie einen Gegenspieler darstellt.
Der Rest ist leider viel zu kurz dabei, um einen wirklichen Eindruck zu hinterlassen, was sowohl für Eddie Marsan, "It Follows"-Newcomerin Maika Monroe, Diane Lane und Michael C. "Dexter" Hall gilt. Eine nette Anekdote gibt es immerhin durch die Besetzung von Kate Walsh und Brian D'Arcy James, die hier im selben Film erneut zusammen spielen, nachdem sie in der kontroversen Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" als traumatisiertes Ehepaar auftraten... hier treffen sie jedoch niemals aufeinander, Walshs Rolle ist sogar so klein, dass man sie fast übersehen könnte. Der Rest ist ebenfalls nicht weiter der Rede wert: Solide inszeniert, sich vor der Historie und besonders dem Menschen Mark Felt verbeugend, aber filmisch dann eben doch nichts Besonderes. Da gibt es bessere Polit-Thriller und auch bessere Filme, die sich mit dem FBI oder Nixons Skandalen beschäftigen.
Fazit: Etwas trockener, zu vorhersehbarer und herzloser Polit-Thriller, der seine Starbesetzung in kargen Büroräumen verschenkt. Vor der wichtigen Historie wird sich verbeugt, man vergisst jedoch, den Menschen zusätzliches Gewicht zu verleihen, was auf Dauer langwierig wirkt.
Note: 4
Kommentare
Kommentar veröffentlichen