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Liebe zu Besuch

So richtig viel hört man von Reese Witherspoon eigentlich nicht mehr... könnte man zumindest meinen. Der ehemalige "Natürlich blond"-Star ist auch heute noch gut beschäftigt, ihre letzten Werke fanden beim Publikum aber nur wenig aufsehenerregenden Anklang. Der im April angelaufene Disney-Flop "Das Zeiträtsel" versagte sowohl künstlerisch als auch kommerziell auf ganzer Linie und ansonsten wird Witherspoon eben immer noch gerne in romantischen Komödien eingesetzt - ein Genre, welches sie beherrscht, wobei sie aber weitestgehend stets unter ihren gigantischen Möglichkeiten bleibt. Auch "Liebe zu Besuch" ist so ein Film, der aber überraschenderweise recht konsequent aus den Fallstrecken seiner Klischees ausbricht...

LIEBE ZU BESUCH


Der Autor George (Jon Rudnitsky), der angehende Schauspieler Teddy (Nat Wolff) und Regisseur Harry (Pico Alexander) planen einen gemeinsamen Film und sind auf der Suche nach einem Produzenten... als arbeitslose Künstler sind sie vorrangig jedoch erst einmal ohne Bleibe. In einer Bar lernen sie die ihren vierzigsten Geburtstag feiernde, zweifache Mutter Alice Kinney (Reese Witherspoon) kennen, die von ihrem Mann, dem Musikproduzenten Austen (Michael Sheen) getrennt lebt - zwischen Harry und ihr entfaltet sich eine gemeinsame Nacht. Obwohl sie von dem Plan erst nichts hält, erlaubt sie den drei Künstlern schließlich, eine Weile bei ihr und ihren Kindern zu wohnen, bis sie eine eigene Bleibe gefunden und wichtige Geschäftsgespräche mit interessierten Produzenten abeschlossen haben. Das klappt anfangs, später hängt dieser neuartige Familiensegen angesichts der neuen Liebschaften und alten Eifersüchteleien aber schief...

Im Grunde rechnete ich einfach mit einer erneuten Liebeskomödie, in der sich ein jüngerer Kerl in eine ältere Frau verliebt, was letztendlich für allerlei Komplikationen sorgt - so suggerierte es der Trailer und rief Erinnerungen an den miesen "Lieber verliebt" mit Catherine Zeta-Jones und Justin Bartha wach, der diese Prämisse ja auch bereits langweilig totnudelte. Und natürlich, diese Versatzstücke finden sich auch im neuesten Film von Produzentin Nancy Meyers, der Frau hinter solch kitschigen Werken wie "Liebe braucht keine Ferien" und "Wenn Liebe so einfach wäre". So ist die doch etwas tempoarme "Love"story, die sich hier zwischen Alice und dem aalglatten Harry aufbaut, dann auch wahrlich nichts Besonderes, leidet an den üblichen Genre-Schwächen und nimmt dem Film die Fahrt... dass dieser die aber ansonsten hat, ist kaum von der Hand zu weisen. 
Tatsächlich nimmt sich "Liebe zu Besuch" (was für ein schwachsinniger und im Kern auch unpassender deutscher Titel) dann auch in gewissen Dreieckskonstellationen dieser Thematik an, es ist aber nicht der Mittelpunkt einer anderthalbstündigen, recht braven, aber auch sehr charmanten Komödie. Tatsächlich geht es wesentlich mehr darum, wie sich Alice mit drei jungen Männern in ihrem Haus zurechtfindet, was das für neue Ansätze in ihr Leben bringt und wie auch ihre beiden Töchter auf den Besuch reagieren. Zudem geht es auch nicht zu geringen Teilen um den beruflichen und künstlerischen Werdegang von George, Harry und Teddy, die sich mit gierigen Produzenten und Details übersehenden Geldgeiern herumschlagen müssen, um ihr Traumprojekt zu verwirklichen. 
Für siebenundneunzig Minuten ist das an Plots eigentlich auch schon etwas zu viel, was dazu führt, dass nicht jeder Handlungsstrang hier wirklich zufriedenstellend auserzählt wird und es am Ende auch irgendwie etwas zu flott Richtung versöhnlichem Happy End geht. Zuvor hat man angesichts des doch recht originellen Figurenensembles, welches sich nicht nur in ewigen Liebeleien, sondern auch in gegenseitiger Freundschaft und in manch einem Konflikt verstrickt, recht viel Spaß gehabt. Natürlich bleibt die Geschichte vorhersehbar, diesmal tappt man aber nicht durchgehend in schwache Klischees, sondern lässt auch mal die Ruhe übernehmen, ohne gleich großspurige Liebesbekundungen und tränenreiche Trennungen in den Mittelpunkt zu stellen. 
Durch die sympathische Aneinanderreihung von nicht großartig tiefen, aber liebenswürdigen Figuren obsiegt der solide Spaß über einige klare Schwächen innerhalb des Skripts und auch die Schauspieler zeigen sich in glänzender Laune. Reese Witherspoon, mittlerweile nicht mehr in Oscargefilden wie bei "Walk The Line", aber zumindest charmant, gibt überzeugend eine vierzigjährige und trotzdem herausragend aussehende Mutter, der beinahe die Decke auf den Kopf fällt und auch Jon Rudnitsky und "Ashby"-Star Nat Wolff überzeugen als liebenswürdige Jungspunde. Blass bleibt nur ausgerechnet der das Liebesdreieck bestimmende Pico Alexander, der hier doch etwas zu eindeutig als glatter Schönling besetzt wurde, dem vom wesentlich kantigeren Michael Sheen in einer prägnanten Nebenrolle die Schau gestohlen wird. So wirkt dieses Familienglückseel dann auch manchmal etwas zu einfach gestrickt, zu arm an Kanten... ist dafür aber auch durchgehend sympathisch genug, um nicht zu langweilen, einige Lacher zu verstecken und sogar ein wenig zu berühren, wenn am Ende der Vorhang fällt.

Fazit: Gut besetzte Komödie, die sich nicht zu viel mit kitschiger Romantik aufhält, sondern besonders den Nebenplots und Nebenfiguren viel Raum zum Atmen gibt. Das ist mal kitschig und mal einfach durchgehend sympathisch und liebenswert - kein großartiger Film, aber ein wirklich netter Zeitvertreib mit schönen Momenten.

Note: 3




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