Sie spielt eine der interessantesten Rollen in einer der besten Serien der Neuzeit und das mit einer schier unglaublichen Ausstrahlung... im Kino ist sie trotz vielen Rollen in vielbeachteten Blockbustern aber trotzdem noch nicht so richtig angekommen. Die Rede ist natürlich von Emilia Clarke, die seit mehreren Jahren als Drachenkönigin Daenerys Targaryen in "Game of Thrones" glänzt, im Kinobereich aber schon mehrere Rückschläge einstecken musste. Die beiden als große Blockbuster gedachten "Terminator: Genisys" und "Solo: A Star Wars Story" enttäuschten sowohl qualitativ als auch an den Kinokassen. Den großen Leinwanderfolg feierte Clarke hingegen 2016 mit dem Liebesdrama "Ein ganzes halbes Jahr"... und gerade das ist dann plötzlich ein Film, in dem Clarke schauspielerisch nicht überzeugt.
EIN GANZES HALBES JAHR
Louisa Clark (Emilia Clarke) ist auf der Suche nach einem neuen Job, um ihre finanziell nicht sonderlich gut aufgestellte Familie, bei der sie noch immer wohnt, zu unterstützen. Ein Bewerbungsgespräch verläuft schließlich erfolgreich: Die reiche Camilla Traynor (Janet McTeer) und ihr Ehemann Steven (Charles Dance) suchen nach einer Pflegekraft für ihren seit zwei Jahren querschnittsgelähmten und auf einen Rollstuhl angewiesenen Sohn William (Sam Claflin). Generell soll sie Zeit mit ihm verbringen, ihn vielleicht von seinen schweren Depressionen und Krankheiten ablenken... und tatsächlich scheint es, nachdem die ersten Mauern rund um William gefallen sind, dass er tatsächlich seine Lebensfreude wiederfindet, je mehr Zeit er mit dieser unkonventionellen und quirliegen jungen Frau verbringt.
Ganz so einfach wie in dieser recht knappen Beschreibung der Geschichte ist es aber natürlich nicht, denn getreu nach den Regeln des Genres wird die Beziehung zwischen Louisa und William noch einige Höhen und Tiefen überwinden müssen - niemals ist es vollkommener Friede, Freude, Eierkuchen und die Freundschaft zwischen den beiden wird gerade auch von äußeren Umständen immer wieder verkompliziert. "Ein ganzes halbes Jahr" ist auf diesem Weg kaum überraschend und verläuft in gewohnten Bahnen des Subgenres, in dem sich eine Person in eine andere, schwer kranke Person verliebt. Dass es keinerlei Überraschungen gibt, man sogar das Ende schon nach der ersten halben Stunde locker vorausahnen kann, kann man dem Film letztendlich nur marginal vorwerfen, muss der sich doch an die verflixt erfolgreiche Romanvorlage von Jojo Moyes halten... etwaige Storyschwächen beruhen also wahrscheinlich auf dem Buch und wurden so eben auch mit in den Film übertragen. Sicher kann ich das nicht behaupten, da ich den Roman nicht gelesen habe, allerdings sind die Stimmen durchgehend positiv, während der Film doch deutlich gemischter aufgenommen wurde.
Und sicherlich hätte man sich gerade dem schwierigen Thema der Behindertenpflege beziehungsweise des Lebens als Behinderter etwas ehrlicher und ungeschönter widmen können. Um unangenehme Zwischenfälle schneidet der Film, im Gegensatz zum wesentlich unkonventionelleren "Ziemlich beste Freunde" nämlich doch recht eindeutig herum, sodass niemals ein wirkliches Gefühl dafür aufkommt, warum genau es Will denn nun so schlecht geht... abgesehen davon, dass er gelähmt ist, natürlich. So richtig schlau wird man aus der Figur nicht, da das doch etwas schluderige Skript uns in seiner Beziehung zu wenig an die Hand gibt, über wichtige Eckpunkte seiner Psyche viel zu hastig hinweghuscht. Es ist daher schon beinahe ein Wunder, dass die Figur des William dennoch irgendwie charmant und interessant daherkommt, was zu nicht geringen Teilen die Leistung von "Fluch der Karibik"-Star Sam Claflin ist, der trotz enorm eingeschränkter Bewegungsmuster eine erstaunliche Ausstrahlung besitzt.
Die ans Herz gehende Liebesgeschichte muss er dabei beinahe alleine am Leben halten, da seine Kollegin dafür augenscheinlich weniger taugt - Emilia Clarkes Leistung gerät hier nämlich unter aller Kanone. Natürlich, als flippiges und manchmal etwas tollpatschiges junges Fräulein soll sie Farbe und Energie ins triste Leben Williams bringen, doch geht das sicherlich auch anders, gedeckelter als mit ständigem, unglaubwürdigem und schließlich gar nervigem Grimmassieren, sodass man Clarke nicht ein Wort, nicht eine einzige stets übertriebene Geste glaubt. Selbst wenn sie nur ein Buch liest, reißt Clarke die Augen soweit auf, als würde sie gerade einen Atompilz am Horizont beobachten... im krassen Gegensatz gefällt die Figur, die sie spielt, aber sie wird eben von der falschen Schauspielerin dargestellt. Oder von der richtigen Schauspielerin (optisch passt Clarke perfekt), die hier nur einen anderen Ansatz für das Spiel gebraucht hätte.
Dass "Ein ganzes halbes Jahr" trotz dieser zwei eklatanten Mankos funktioniert, ist vor allem Regisseurin Thea Sharrock zu verdanken, die ihren romantischen Plot in stimmungsvolle Bilder taucht, ein gutes Gespür für darstellerische Zweisamkeit mitbringt und sich genug Zeit lässt, um Haupt- und Nebenplots auszutarieren. Trotz Klischees bringt sie den Ball in einem stimmungsvollen Mix aus Drama und charmanter Komödie doch noch ins Ziel, was konventionell ist, aber schließlich doch noch bewegt und gar mitreißt. Irgendwie ein Wunder, aber manchmal sollte man sich dann vielleicht gar nicht fragen, warum etwas trotz all dieser Fehler doch noch funktioniert... und einfach genießen, dass es das diesmal eben tut.
Fazit: Stimmungsvolles Drama, welches passend zwischen den tragischen und komödiantischen Elementen springt und immer wieder packende und bewegende Momente liefert. Etwaige Story-Klischees sind auf die Romanvorlage zurückzuführen - der oberflächliche Blick auf das Leben Williams und die Fehlbesetzung der Hauptrolle mit Emilia Clarke sind aber nicht die Schuld des Buches.
Note: 3+
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