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Hercules (2014)

1997 regten sich viele Kinogänger auf... und das auch noch wegen einem harmlosen Disney-Film. Die Zeichentrickversion von "Hercules" gehört zwar heute ganz klar zu den Klassikern des modernen Zeichentrickfilms, einige Zuschauer störtens ich trotzdem daran, dass die epischen Sagen rund um Herakles und Zeus doch so vereinfacht wurden. Nun kann man aber in einem Familienfilm keine Dramen rund um Kindmord, Vergewaltigung und Massenschlachten erwarten, weswegen solch eine Kritik in diesem Fall doch eher schwachsinnig wirkte. 2014 war der Aufschrei bereits wieder weniger groß, denn da wurde diese Sage erneut vereinfacht, diesmal jedoch fürs große Blockbusterkino... womöglich regte sich dort aber auch schon niemand mehr auf, da das Projekt von Anfang an einfach viel zu schlecht aussah, um Energie daran zu verschwenden.

HERCULES


Hercules (Dwayne Johnson) gilt als größter Held seiner Zeit: Unbesiegbar, Bezwinger von etlichen Monstern und Kreaturen und obendrein ein ziemlich guter Mensch. Mittlerweile zieht er als Söldner durchs Land, um sich Geld zu verdienen... die Legende um seinen Namen hat ihm kein Leben in der Obrigkeit beschert. Eines Tages erhält er von dem alternden König von Thrakien, Cotys (John Hurt), den Auftrag, sein eigenes Heer auszubilden, um anschließend gegen den Tyrannen Rheseus (Tobias Santelmann) in die Schlacht zu ziehen - der bedroht nämlich sein Reich. Hercules und seine Freunde willigen ein, sehen sich jedoch gleich der ersten Herausforderung gegenüber: Cotys' bereits schwer dezimiertes Heer besteht aus kampfunerfahrenen Bauern...

Natürlich habe ich mir wenig erwartet, denn das alles sah schon nach einem ziemlichen Supergau aus. Gut, Dwayne Johnson hat zumindest in den letzten Jahren bewiesen, dass er sich nicht immer die besten, aber viele der spaßigsten Hirn-aus-Kracher des Sommers für seine Filmografie aussucht und dabei, auch wenn das Drehbuch noch so gaga ist, zumindest immer mit viel Spielfreude glänzt - da fällt es auch kaum mehr auf, dass er im Grunde immer den gleichen Charaktertypen spielt, mal mit mehr, mal mit weniger Selbstironie. Da passt dann natürlich die Verkörperung des griechischen Helden Hercules perfekt in sein Repertoire und niemand dürfte hier widersprechen, wenn man behauptet, dass der "Fast & Furious"-Star physisch die absolute Idealbesetzung für die bereits oft von anderen Hünen in Film und Fernsehen dargestellte Rolle ist. Er stellt seine unglaublichen Muskelberge passend zur Schau, wirft immer wieder einen flotten Spruch ein und hat offensichtlich viel Spaß bei der Rolle - mehr kann man in einem Brain-Out-Blockbuster wie diesem, der ja wirklich nur auf kurzweiligen Krawumm aus ist und keinerlei Tiefe verfolgt, in der Titelrolle ja eigentlich kaum fordern. 
Der Film funktioniert aber trotzdem nicht, was zu keinerlei Zeitpunkt Johnsons Schuld ist, sondern viele andere Gründe hat. Die Geschichte beispielsweise ist selbst für einen hirnlosen Sommer-Blockbuster noch viel zu dünn und nimmt sich die griechische Sage allerhöchstens als Vorbild für allerlei Actionszenen, die jedoch ziemlich durchschnittlich inszeniert sind. Das ist dann natürlich auch irgendwie ein Markenzeichen von Brett Ratner - ein solider Handwerker, aber ohne eigenen Stempel, der streng nach Regelbuch filmt und dabei im Grunde keine Idee hat, wie man das Spektakel inszenatorisch noch ein wenig aufhübschen kann. Man erkennt es an den extrem mittelmäßigen Effekten und den unendlichen Schlachtszenen: Es fehlt an Substanz, es wird nicht packend. Man sieht Körper an Körper prallen, Lanzen in Brustkörbe stechen, aber man spürt es zu keiner Minute. 
Der durchschnittliche Soundtrack untermalt das Dauerfeuer, in welchem höchstens mal ein paar flotte Sprüche während den rasselnden Schwertern ausgetauscht werden (die meisten gehen auf das Konto des unterforderten "Fluch der Karibik"-Stars Ian McShane), mit Lethargie: Das soll alles ganz groß wirken, tut es aber nicht. Neben Johnson verkommen dabei auch namhafte Darsteller wie der leider bereits verstorbene John Hurt oder "Greatest Showman"-Star Rebecca Ferguson zu farblosen Fußnoten, die auch nicht viel zu sagen haben. Und die überraschende Wendung, die uns nach gut zwei Dritteln aus den Sitzen hauen soll, ist keine solche, sondern war von Anfang an absehbar. 
Das einzige, was zumindest den Ansatz besitzt, etwas mehr als pures Schlachtengetümmel mit leisem Humor aus dieser "Hercules"-Version zu machen, ist, wie mit den übermächtigen Kräften des Göttersohnes verfahren wird. Diese Idee nutzt sich zwar mit fortschreitender Laufzeit ab, ist aber zumindest ausreichend nett, um einige der bekannten Actionszenen mit etwas mehr Verve und Charme auszuzeichnen... zwei Attribute, die dem Film ansonsten schier über die gesamten hundert Minuten fehlen.

Fazit: Seelenloses Schlachtengetümmel, in welchem einzig Dwayne Johnson als muskulöser Titelheld mit angenehmer Spielfreude glänzt. Der Rest ist krachendes Actionkino mit schwachen Effekten, einer ideenlosen Regie und einer mauen Handlung - vergessenswert.

Note: 4



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