Heute war es mal wieder Zeit für einen Film aus dem Lager von Amazon Prime - einer der Kategorie, die bald von dem Streaming-Portal verschwinden werden. Oft scrolle ich durch die Liste, um somit vielleicht doch noch eine mir bislang unbekannte Perle zu erwischen... und oft kann ich dann Filme sehen, von deren Existenz ich bislang noch gar nichts wusste, die mich aber dann doch ansprechen. Diesmal fiel die Wahl auf ein Drama, welches mich besonders wegen der starken Starbesetzung ansprach, weswegen ich keine Sekunde zögerte, den Startknopf zu drücken. Joaquin Phoenix und Marion Cotillard gehen schließlich immer.
THE IMMIGRANT
Ewa Cybulska (Marion Cotillard) flieht gemeinsam mit ihrer kranken Schwester Magda (Angela Sarafyan) aus dem durch den Krieg zerstörten Polen nach Amerika. Dort wird Magda unter Quarantäne gestellt, während Ewa in letzter Sekunde durch den Theaterregisseur Bruno Weiss (Joaquin Phoenix) vor der Abschiebung bewahrt wird. Er nimmt die arme Frau bei sich auf, versorgt sie mit Essen und Unterkunft, gibt ihr sogar einen Job in seiner Schauspielgruppe. Schon bald muss Ewa jedoch erkennen, dass sowohl seine Vorstellung eines Lebens als auch Bruno selbst nicht das sind, was sie vorzugeben scheinen und als der Zauberkünstler Orlando (Jeremy Renner) auf den Plan tritt, eskaliert die Situation...
Regisseur James Gray hat sich offenbar dem Stummfilm verschrieben - in seinem sinnlichen und leisen Drama lässt er viele Szenen ohne Worte geschehen, vertraut alleine auf die Ausdruckskraft seiner Besetzung, ohne dass diese künstlich überhöhen würde. Vertrauen kann er da natürlich, hat er für die Hauptrollen doch drei der talentiertesten Darsteller auftreiben können, die sich zurzeit in Hollywood so tummeln. Jeremy Renner hat sich in den letzten Jahren insbesondere durch viele Blockbuster und Rollen in großen Film-Franchises einen Namen gemacht, dem ging jedoch auch eine Oscarnominierung für den Kriegsfilm "Tödliches Kommando" und eine starke Rolle in Ben Afflecks Thriller "The Town" voraus... dass er diese nuancierte Darstellung nicht verlernt hat, beweist Renner auch hier mit Spielfreude und Echtheit.
Trotzdem wird er von seinen Kollegen erwartungsgemäß in den Schatten gestellt: Joaquin Phoenix ist sicherlich einer der besten Schauspieler seiner Generation, der sich seit Jahren dem Mainstream verweigert und seine Rollen sehr genau auswählt. Dabei erwischt er nicht immer gute Filme, aber stets Werke, die ihn schauspielerisch fordern und schließlich glänzen lassen. "The Immigrant" ist da keine Ausnahme und wie er gemeinsam mit der grandiosen Marion Cotillard in Einzelszenen brilliert, ohne dass sie dabei dramatisch überzeichnen und an Glaubwürdigkeit einbüßen würden, das muss man einfach gesehen haben.
Der Plot hält mit den starken Darstellerleistungen nicht wirklich mit, beginnt dafür aber sehr vielversprechend: Mit sehr viel Ruhe, einer zurückhaltenden Bildsprache und einer sich langsam, dafür aber effektiv entwickelnden Geschichte konnte der Film mein Interesse schnell wecken. Dieses blieb auch bis zum Mittelteil wach, wenn sich die Situation unter den drei Protagonisten irgendwann elektrisch aufzuladen beginnt - das ist nichts Neues, aber solide inszeniert und von den Darstellern stark getragen. Schließlich hat mich der Plot aber dennoch verloren und diesmal ist es für mich schwer zu sagen, woran genau das gelegen hat. Ich glaube, dass mir der doch etwas zu klischeehafte Männerkampf zwischen Orlando und Bruno nicht ganz so gelegen hat, werden einige der daraus resultierenden Konflikte so doch arg willkürlich von der Leine gelassen.
Die besten Momente hat immer noch Cotillard, die als Frau zwischen den Fronten schreckliche Dinge tun muss, um überhaupt am Leben zu bleiben... der Kampf dieser Frau, den sie weitestgehend im Inneren führt, ist dabei spannender und bewegender als alles, was sich zwischen den männlichen Protagonisten abspielt. Das liegt auch an der Rolle von Bruno Weiss, bei dem man schon viel zu früh ahnt, dass seine Fassade eben nicht so goldig ist wie sie glänzt, dementsprechend ist seine Entwicklung vorhersehbar, der Knall fehlt oder zündet nicht richtig. So brillant Phoenix diesen Mann auch gibt, kam ich nicht umhin, mich von dessen Vorstellungen und Inszenierungen gelangweilt zu fühlen und da "The Immigrant" seinem Part irgendwann sehr viel Zeit einräumt, hat es auch nicht mehr lange gedauert, bis der Film mich zum letzten Drittel auch ein wenig verlassen hat.
Fazit: Allein wegen den brillanten Darstellungen von Phoenix und Cotillard lohnt die Sichtung dieses zurückhaltend inszenierten Dramas. Die zuvor ruhig und sinnlich begonnene Geschichte verliert später wegen ihrer vorhersehbaren Konflikte an Schwung und Reiz, hat aber zwischendurch noch ihre Momente.
Note: 3
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