Fast jeder Mensch hat seine Leichen im Keller, jeder hat Geheimnisse - der Mensch ist quasi darauf ausgelegt, irgendwo auch seine Abgründe zu haben, wobei manche tiefer als andere sind. Das Klischee, was natürlich in vielen Fällen auch der Wahrheit entspricht, ist dabei die Oberschicht: Reiche Geschäftsmänner und -frauen, die so viel Erfolg und Geld besitzen, dass man sich kaum vorstellen kann, dass sie da nicht auch irgendwelche finsteren Geheimnisse besitzen... und Gott behüte sie, sollten diese eines Tages ans Licht kommen. Die Politserie "House of Cards" trägt genau diese Plots seit mittlerweile fünf Staffeln und auch in der Filmgeschichte ist es immer wieder Thema... so auch in dem wortgewandten und starbesetzten Thriller "Arbitrage".
ARBITRAGE
Robert Miller (Richard Gere) hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann: Er ist ein enorm erfolgreicher Hedgefondsmanager, besitzt Geld bis zum Umfallen, ist mit der stets an seiner Seite stehenden Frau Ellen (Susan Sarandon) verheiratet und arbeitet Seite an Seite mit seiner geliebten Tochter Brooke (Brit Marling). Und doch läuft in seinem Geschäft nicht alles rund - ein bald unter Dach und Fach gehender Deal stresst ihn, die Konkurrenz sitzt ihm im Nacken... und dann wird er auch noch in einen Autounfall mit Todesfolge verwickelt. Aus Angst flieht Robert vom Tatort und will seine Spuren verschleiern lassen - nicht auszudenken wäre es, wie diese Tat sich auf sein Geschäft und sein ganzes Leben auswirken würde. Schon bald sitzt ihm jedoch der gerissene Cop Michael Bryer (Tim Roth) im Nacken...
Allzu oft sieht man Richard Gere, vor einigen Dekaden ein Garant für erfolgreiche Thriller in den Kinos, nicht mehr auf der Leinwand... könnte man jedenfalls meinen. Denn eigentlich ist er immer noch da, spielt nur gerne in kleineren Filmen, die nicht jedes Kino zeigen will, da sich davon kein großes Publikum versprochen werden kann. Es ist also schwerer geworden, Gere in den Kinos zu finden, aber er ist noch da und macht seine Sache weiterhin gut. Wer sich davon überzeugen will, dass Gere es auch immer noch drauf hat, ist mit dem dialoglastigen Thriller "Arbitrage" gut bedient. Den lockeren Geschäftsmann, der schließlich gegen die Wand gedrängt wird, da er einige eklatante Fehlentscheidungen trifft, nimmt man ihm ohnehin ab und auch wenn Gere hier nicht alle Gefühlsausbrüche seiner Figur passend auslotet, so macht er seine Sache wirklich ausgezeichnet - auf seine alten Tage wird er also sichtlich nicht müde.
Neben ihm hat die großartige Susan Sarandon, zuletzt noch mit "Bad Moms 2" als Mutter-Schrecken in den Kinos, leider weniger zu tun, als Scene Stealer erweist sich hingegen Tarantino-Favorit Tim Roth: Als cleverer Cop, der stets den richtigen Riecher zu haben scheint und mit kleinen Gesten und gezielten Worten an sein Ziel zu gelangen versucht, ist Roth natürlich eine Idealbesetzung. Auch weitere Nebenrollen sind dabei prägnant und prominent besetzt, so zum Beispiel mit den Serienstars Reg E. Cathey (bekannt unter anderem aus "House of Cards" und "The Blacklist", leider vor einigen Monaten verstorben) und Bruce Altman (bekannt aus "Mr. Robot"), die in wenigen, dafür aber erinnerungswürdigen Momenten auftreten.
Und auch als Film weiß der Thriller von dem damals gerade einmal dreiunddreißigjährigen Regisseur Nicholas Jarecki zu überzeugen - zumindest von vielen Seiten. Jarecki beweist eine gekonnte Weitsicht, kann den ungemeinen Stress seiner Hauptfigur, seine Ängste, Befürchtungen und den extremen Druck von außen, nachvollziehbar auf den Zuschauer übertragen. Seine Bildarbeit ist gut, er kann seine Schauspieler führen und auch die Handlung ist alles andere als unspannend. Zwischendrin fehlt es "Arbitrage" aber zuweilen an Zug - der Film grast auf vielen Nebenschauplätzen, die gegen Ende, trotz eines eher unzufriedenstellenden Schlussaktes, verwoben werden, wobei er aber immer wieder an Tempo verliert.
Nicht immer lassen sich der im Fokus stehende Kriminalfall und die weiteren, geschäftlichen Aktivtäten der Hauptfigur passend miteinander verweben, es wirkt nicht immer ganz rund und die an sich intensive Spannung wird zu oft vom etwas langsamen Tempo stillgehalten. Das ist immer noch weit besser als viele andere Konkurrenzprodukte, die mit ähnlichen Themen spielen, keine Frage... etwas konzentrierter hätte der Film aber womöglich sein können, um den Zuschauer noch etwas direkter abzuholen. So bleiben dann einige starke Momente, zum Beispiel das erste Aufeinandertreffen zwischen Miller und dem verschmitzten Cop Bryer, aber auch manch ein merklicher Hänger.
Fazit: Spannender Thriller, gut besetzt mit Gere und Roth. Generell grast der Film auf zu vielen Subplots, die er mit fortschreitender Laufzeit nicht alle passend unter einen Hut bekommt, dennoch ist dem Werk eine generelle Grundspannung nicht abzusprechen.
Note: 3
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