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Homeland - Die sechste Staffel

In meiner Kritik zur wirklich schwachen fünften Staffel der einstmals so brillanten Thriller-Serie "Homeland" schrieb ich bereits, dass ein Ende nach der dritten Season, die damals auch die Geschichte rund um Brody zu einem Abschluss führte, doch eine gute Idee gewesen wäre. Eigentlich hatte ich auf die sechste Staffel, die kürzlich im Prime-Angebot erschienen ist, nach dem enormen LetDown der Vorgänger-Season auch kaum mehr Lust. Trotzdem dachte ich mir, dass ich der Serie doch noch eine Chance geben sollte, ohne damit zu rechnen, dass man sich plötzlich wieder in den qualitativen Fahrwassern der Anfänge wiederfinden würde. Also habe ich mich erneut durch zwölf neue Folgen geschwungen...

HOMELAND - STAFFEL 6


Carrie Mathison (Claire Danes) hat der CIA nach dem vereitelten Terroranschlag in Deutschland den Rücken zugekehrt und arbeitet nun in einer Hilfsstation. Dort sollen alleingelassene, verlorene Jugendliche, die vom rechten Weg abgekommen sind, unterstützt werden. Erneut gerät Carrie dabei jedoch in die Fänge eines womöglichen Terrorfalls, als der junge Scheinextremist Sekou Bah (J. Mallory McCree), der über Terrorpropaganda vloggt und dabei auch die USA auf extreme Art und Weise kritisiert, vom Heimatschutz hochgenommen wird. Unterdessen macht auch der aus dem Koma erwachte und mittlerweile vollkommen am Leben vorbeilaufende Peter Quinn (Rupert Friend) weitere Probleme, während Saul Berenson (Mandy Patinkin) in politische Manipulation verwickelt wird...

Nach der fünften Staffel hatte ich, wie ich bereits in dessen Review schrieb, eigentlich keine Lust mehr, denn diese war insbesondere im Vergleich zu den vorherigen Seasons, wirklich ein qualitativer Letdown der spektakulären Art. Aber nun, da Staffel 6 innerhalb des Prime-Archivs kostenlos zu genießen war, bin ich doch wieder eingestiegen und anfangs habe ich es tatsächlich bereut. Die Geschichte streut sich über etliche Subplots, die einfach nicht zusammenfinden wollen und auf ziemlich haarsträubende Art und Weise nebeneinander herlaufen. Der Plot rund um Carrie und den Scheinextremisten, der den Behörden in die Hände läuft, ist dabei wirklich noch nett, die Story um Mandy Patinkins Saul wirkt aber eher so, als würde man den Fan-Favoriten einfach noch irgendwie mitschleifen ohne dass er dabei wirklich noch gebraucht würde.
Ähnlich und noch desaströser geht man bei Peter Quinn vor, der ja seit mindestens einer Staffel irgendwie überflüssig ist und hier gleich von Beginn an eine neue Charakterentwicklung durchmacht, die so gar nicht zu diesem Superprofi passen möchte, die sich ungemein zieht, unfreiwillig komisch wirkt und viel zu viel Zeit braucht, um überhaupt mal an Zündstoff zu gewinnen - während den ersten vier Folgen, die bemerkenswert zäh und mit enorm angezogener Handbremse ablaufen, war ich schon zum wiederholten Male bereit, "Homeland" abzuhaken und das Ende der dritten Season auch als Serienabschluss anzusehen.
Aber dann bekommen sie urplötzlich doch noch mal die Kurve und der schockierende Clash, der uns nach dem ersten Drittel erwartet, sitzt insbesondere deswegen so tief, da man sich vorher doch erstaunlich viel Zeit für den Aufbau des neuen Settings genommen hat. Das gleicht einige der Handlungsschwächen auch nachfolgend nicht aus, insbesondere Quinns Plot und die damit verstrickten, eher schlecht als recht geschriebenen Familiendramen nehmen immer wieder wichtiges Tempo raus. Auch fällt der Überblick angesichts des diesmal doch wieder recht großen Ensembles aus neuen und alten Figuren nicht immer leicht, sobald die Macher jedoch beginnen, dieses zuvor sehr undurchsichtige und seltsam verstrickte Knäuel zu entwirren, packen sie uns wieder. Es ist zu keinem Zeitpunkt wieder so gut wie noch während den ersten zwei Staffeln, aber immer wieder gibt es Momente, die uns aus den Socken hauen, die uns vor Spannung die Nägel abkauen lassen und in denen vor allem die altbekannten Charaktere herausragend gesetzt sind.
Während den letzten vier Folgen kommen "Homeland"-Fans dann auch wieder richtig auf ihre Kosten, denn wie dieses Setting im letzten Drittel noch einmal Gas gibt, mit überraschenden Wendungen um sich wirft und schließlich in ein nervenzehrendes und dramatisches Finale überleitet bis hin zu einem hundsgemeinen Cliffhanger der fiesen Art... das muss man schon einfach gesehen haben. Gegen Ende wird dabei zwar nicht jeder Handlungsstrang zufriedenstellend aufgelöst und generell merkt man der Show zwischenzeitlich einfach an, dass sie mittlerweile zu lange läuft - nicht alle Figuren haben noch den nötigen Brennstoff und die Neuorientierung hin zu "House of Cards"-mäßigen Machenschaften (ironischerweise gehört auch Elizabeth Marvel zur Hauptbesetzung) funktioniert auch nicht immer.
Dennoch ist das, gerade im Vergleich zur läppischen Vorgänger-Season, in Maßen immer wieder sehr clever, baut seine Charaktere aus und traut sich zumindest hin und wieder, mal etwas Neues in seinem eigenen Rahmen zu wagen. Altbekannt und gar nicht neu ist hingegen die Darstellung von "Der Sternwanderer"-Star Claire Danes, die hier gewohnt überdreht, aber auch nicht mehr allzu schlimm wie zuvor. Vielleicht haben wir uns daran aber auch einfach nur schon gewöhnt und akzeptieren dabei sogar einen unangenehm freidrehenden Rupert Friend, während Mandy Patinkin und F. Murray Abraham die schauspielerische Fahne der Nuancität weiterhin hochhalten, was insgesamt doch deutlich unterhaltsamer und beeindruckender ist.

Fazit: Nach einem arg langsamen Beginn über mehrere Episoden nimmt "Homeland" urplötzlich wieder an Fahrt auf. Zwar treffen sie das Gaspedal nicht immer pünktlich und manch ein Plot wirkt ebenso wirr wie willkürlich, dennoch haben sie die Hochspannung wiedergefunden, die in der fünften Staffel so katastrophal verloren ging. Keine perfekte Thriller-Serie mehr, aber spannend genug, dass ich für die siebte Season doch wieder im Sattel sitzen werde.

Note: 3+







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