Steven Spielberg ist ein Märchenerzähler, zumindest in vielerlei Hinsicht. Viele Kritiker werfen ihm seit geraumer Zeit und obwohl er mit erschütternden Werken wie "Der Soldat James Ryan" und "Schindlers Liste" schon mehrfach bewies, dass er auch ganz anders kann, eine gewisse Naivität vor... aber was ist denn schlimm daran, positive Energie und Hoffnung durch Filme fließen zu lassen? Es muss nicht immer gleich alles so unglaublich düster sein, dass man sich am liebsten depressiv in seinen tausend Decken vergraben möchte, manchmal kann das Kino doch auch dazu sein, uns aufzubauen... und dann muss es auch nicht immer in der Realität verhaftet sein. Genau ein solcher Film ist "Gefährten" und damit ein Werk, welches in anderer Hand als der von Spielberg vielleicht auch ein wesentlich schlechterer Film hätte werden können...
GEFÄHRTEN
Als der mit Geldsorgen eigentlich bereits überhäufte, trinklastige Farmer Ted Narracot (Peter Mullan) bei einer Versteigerung ein von vielen Seiten als nutzlos angesehenes Halbblut ersteigert, zeigt ihm seine besorgte Frau Rosie (Emily Watson) glatt den Vogel. Der gemeinsame Sohn Albert (Jeremy Irvine) verliebt sich jedoch gleich in das Pferd und zieht es somit von Kinderbeinen an groß... aller Widrigkeiten zum Trotz. Einige Zeit später bahnt sich der Krieg seinen Weg nach England - Deutschland fällt in die Länder ein und Joey, wie Albert sein geliebtes Pferd taufte, wird als Armeepferd eingezogen. Dabei wechselt das Tier mehrfach den Besitzer und sieht den Krieg aus einer gänzlich anderen Perspektive...
Das klingt natürlich alles relativ kitschig und irgendwie ist es das auch - ein schier heldenhaftes Pferd streift durch den Krieg, baut dabei Menschen auf und schafft sogar Verbündungen zwischen ansonsten so erbitterten Feinden. Das ist naiv und hat mit der Realität sicherlich nicht ganz so viel gemein, doch hört man allerdings gerade in den düstersten Zeiten immer wieder diese kleinen Geschichten, die plötzlich von so viel Nächstenliebe erzählen, dass man zumindest geneigt ist, zu sagen, dass so etwas nicht unmöglich ist... zumindest in Teilen. In vielen Momenten verneigt sich Spielberg nämlich, trotz des realen historischen Hintergrundes, ganz klar vor der Struktur diverser Märchen, lässt John Williams' famosen Soundtrack tränendrüsend tösen, setzt auf Zeitlupen, schwermütige Blicke und Sonnenuntergänge.
Was in anderen Händen oftmals enorm kitschig, beinahe unangenehm schmalzig daherkommen könnte, funktioniert unter Spielbergs Fuchtel allerdings, weil er den Film immer noch als das Medium sieht, welches uns Herz bietet. Er versteht die Manirismen des Films und er nutzt sie, wie er sie gern hat - und das Herz, die Mühen, die Liebe spürt man bei "Gefährten" in jeder Filmminute. Da sieht man über märchenhafte Strukturen, die man eigentlich kopfschüttelnd mit der wesentlich heftigeren Realität vergleichen würde, gerne hinweg, da Spielberg sein Handwerk so gut versteht. Er erfindet das Rad nicht neu, ist dabei nicht einmal sonderlich originell und sogar einigermaßen vorhersehbar, aber er schafft es durch seinen gekonnten Mix aus Geschichtsstunde, Abenteuer und Drama doch, uns zu packen... und das ohne großartige Längen über 141 Minuten hinweg, was auch schon etwas heißen will.
Dabei fährt Spielberg wie gewohnt harmlosen, aber dennoch zündenden Humor auf und widmet sich besonders seinen Charakteren, die er meist in wenigen Sätzen hervorragend zeichnet. Das sind zwar keine Nolan-Typen, die man hier bis aufs Mark erklärt bekommt, aber wir lernen sie kennen, erfahren ihre Geschichte... und wenn Spielberg später zumindest manche von ihnen auf so erfrischende und erhellende Weise verbindet, dann kann man ruhig zugeben, dass es sehr bewegend ist, was der Kinomagier hier mal wieder abliefert. Tatsächlich ist nämlich Joey die Hauptfigur des Films. Er durchstreift verschiedene Stationen und landet dabei immer wieder bei Menschen, meist jedoch nur über einen gewissen Zeitraum, ehe es ihn weiter durch die Kriegsgeschichte zieht. Hier lastet "Gefährten" natürlich eine gewisse Episodenhaftigkeit an, dennoch schafft man es, hier jeder Figur ein gewisses Leben einzuhauchen, vom kaltblütigen Soldaten, zum gutherzigen Farmer bis zum engstirnigen Zausel.
Joey verbindet diese Handlungsstränge dann, was nicht immer ganz akkurat und manchmal doch etwas zu übermenschlich daherkommt, wenn Spielberg sich erneut in Kriegsschauplätze bewegt. Hier muss er sich nämlich mit sich selbst und seinem Meisterwerk "Der Soldat James Ryan" messen, wo der Krieg doch deutlich realistischer und unerbittlicher dargestellt wurde. Dafür erfahren wir hier die enorme Menschlichkeit, die auch diesen Auseinandersetzungen innewohnen kann - herausstechen tut dabei eine Szene im letzten Drittel, als sich Feinde verbünden, um einem Pferd zu helfen... märchenhaft, kitschig, naiv und dennoch wunderschön. Das ist Spielberg-Magie.
Fazit: Wunderschön bebildertes Drama mit Herz und Leidenschaft, getragen von den menschlichen und vor allem den tierischen Protagonisten. Das ist oftmals kitschig und naiv, aber gerade deswegen irgendwie auch treffend, wenn Spielberg ein Märchen vor historischem Hintergrund erzählt, was unsere Herzen berühren soll... und das gelingt ihm.
Note: 2-
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