Die meisten, die meinen Blog verfolgen und sich wahrscheinlich zu Großteilen ungefähr in meiner Altersklasse befinden, dürften Maggie Smith aus einer der größten und besten Fantasy-Reihen aller Zeiten kennen: In sieben von acht "Harry Potter"-Filmen glänzte sie als ebenso resolute wie strenge Hauslehrerin des Hauses Gryffindor, Minerva McGonagall, und eroberte somit die Herzen zahlreicher Fans als eine der besten Figuren des gesamten Franchise. Aber natürlich, Smith ist nicht nur McGonagall: Die sechsmal nominierte und zweimal oscarprämierte, britische Darstellerin spielte in zahlreichen Klassikern und dreht auch heute noch, trotz vergangener Krebserkrankung und ihres hohen Alters von mittlerweile 83 Jahren. Einer ihrer jüngsten Filme trägt den Titel "The Lady in the Van" und beruht auf einer ebenso verrückten wie erstaunlichen, wahren Geschichte...
THE LADY IN THE VAN
Sie kennen sie alle, die Einwohner einer zahlreich bewohnten Straße in Camden, England: Die obdachlose und enorm exzentrische Mary Shepherd (Magge Smith) lebt in einem Lieferwagen, den sie dann und wann an einem anderen Punkt der Straße abstellt... sehr zum Leid der dortigen Anwohner, die sich stets über Marys strengen Geruch und ihr seltsames, anstrengendes Wesen beklagen. Letzten Endes ist es der allein lebende Autor Alan Bennett (Alex Jennings), welcher der armen Frau die Hand reicht und sie sogar einlädt, den Lieferwagen in seiner Einfahrt abzustellen. Was zu Beginn noch in reichlichen Komplikationen mündet, wächst später zu einer durchaus besonderen Freundschaft heran, die Alan sogar dabei helfen sollen, eine unglaubliche Geschichte niederzuschreiben...
Eine solche Geschichte, ob sie nun wahr oder zu Teilen auch erfunden ist (der Autor gibt dies im Verlauf sogar zu, ergänzt aber auch gleich, dass manche Dinge darin viel zu verrückt seien alsdass man sie jemals hätte erfinden können), steht und fällt natürlich mit der titelgebenden Lady, um die hier alles kreist. Von Anfang an war klar, dass man sich diesbezüglich aber wirklich keinerlei Sorge zu machen braucht, denn wer Maggie Smith schon in irgendeinem Film gesehen hat, der weiß, dass kaum jemand diese grantige Dame besser darstellen könnte. Schon in der "Harry Potter"-Reihe brachte sie ganze Schülerscharen mit einem einzigen Silberblick zum Schweigen und auch hier weist sie ihre Nachbarschaft gehörig in die Schranken. Wenn Smith hier in bester Manier loskrakeelt und Weihnachtsgeschenke mit der Antwort annimmt, man möge doch bitte ihre Tür schließen, da sie eine vielbeschäftigte Frau sei, dann ist das köstlicher und unaufdringlicher Humor, wie er eigentlich nur mal wieder von den Briten kommen kann.
Smith reißt den Film dann auch erwartungsgemäß an sich, die interessantere Wandlung macht dann aber tatsächlich jemand anders durch: Alex Jennings spielt den Autoren Alan Bennett, aus dessen Sicht auch die Geschichte erzählt wird und hier gehen die Macher tatsächlich einige Wagnisse ein. So lassen sie Bennett in surrealen Selbstgesprächen mit seinem anderen Ich sprechen, wodurch seine verschiedenen Aufgaben auf zwei gleiche Männer verteilt werden. Wie Bennett zeitgleich mit seiner neuen Nachbarin, seinem Job und seiner kranken Mutter zurechtkommen muss, ganz zu schweigen von seiner eigenen Einsamkeit, wobei er sein eigenes Leben gar als fad empfindet, das wird hier wirklich hübsch thematisiert und mit der richtigen Mischung aus leisem Zynismus und charmantem Witz aufgegriffen.
Nicht immer wirkt "The Lady in the Van" dabei aber passend, denn manch ein Subplot wirkt hier doch etwas schlecht herausgegriffen und ist somit skuriller, als es dem Gesamtwerk gut tut. Das beste Beispiel ist dabei die Handlung rund um den Polizisten, gespielt von "Game of Thrones"-Star Jim Broadbent, die eine recht läppische und seltsam aufgebauschte Auflösung erhält... wobei man die Antwort auf dieses Rätsel im Grunde schon von der ersten Minute an, wenn die Macher den Film wie einen leisen Krimi beginnen lassen, mehr als nur erahnt. Das lenkt dann leider etwas zu oft davon ab, was "The Lady in the Van" eigentlich sein will und sein sollte: Die Geschichte über eine herzliche und zutiefst skurille Freundschaft zweier Nachbarn, von denen einer seltsamer als der andere ist.
Hier und da verzweigt man sich leider ein wenig, führt Nebenfiguren ein, die später eigentlich kaum noch etwas zu sagen haben und schöpft auch vom dramatischen Posten nicht das gesamte Potenzial aus. Obwohl stellenweise bewegend wird gerade die Geschichte rund um die Vergangenheit dieser alten Dame etwas zu erschöpfend erklärt - angesichts einer solch verqueren Person hätte es diese alles klärenden Antworten sicher nicht nötig gehabt, denn dies macht die angenehme Verrücktheit Marys doch etwas zu nichte. Daher endet der Film letztendlich, auch wenn noch ein letztes Augenzwinkern mitgegeben wird, leider ein wenig zu brav.
Fazit: Maggie Smith ist ein wahres Highlight - selbst im höchsten Alter unterhält sie als resolute und verrückte alte Dame noch vortrefflich. Der britische Humor zündet dabei auch immer wieder, leider nehmen erschöpfende Antworten auf unnötige Fragen sowie einige schwache Nebenhandlungen immer wieder zu viel Luft raus.
Note: 3
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