Das Monster-Universum, welches Universal einige Zeit lang plante und in welchem verschiedene Kultmonster wie Dracula und Der Unsichtbare getreu den Marvel-Filmen erst einen eigenen Film bekommen sollten, um schließlich in einem Werk aufeinanderzutreffen und die ganz große Horror-Gaudi abzufeiern, scheint Geschichte zu sein. Bereits der geplante Auftakt namens "Die Mumie" floppte im letzten Jahr, seitdem scheinen die Pläne stillzustehen. Unabhängig von diesen ehrgeizigen Franchise-Plänen muss man aber nicht befürchten, dass einige Kultkreaturen des Horror-Genres nicht doch immer wieder einen Auftritt als Remake oder Neuinterpretation feiern. 2016 gab es dabei zum Beispiel einen neuen Blick auf die Geschichte des wahnsinnigen Wissenschaftlers Victor Frankenstein und seines Gehilfen Igor...
VICTOR FRANKENSTEIN
Ein Buckliger (Daniel Radcliffe) arbeitet als Clown in einem Zirkus - niemals hat er etwas anderes von der Welt gesehen, noch nie von seinen Mitmenschen Liebe oder Freude erfahren, er war stets ein Ausgestoßener. Bis eines Tages der Wissenschaftler Victor Frankenstein (James McAvoy) in sein Leben tritt und das Potenzial des Buckligen erkennt. Er befreit ihn vom Zirkusleben und nimmt ihn in sein Zuhause mit, wo er ihm den Namen Igor gibt und ihn als seinen Partner für allerlei wissenschaftliche Experimente anstellt. Frankensteins Plan ist es, Leben zu erschaffen, womit er urplötzlich auch Erfolg hat... allerdings macht er sich mit dem Herumdoktern an Leichenteilen und dem Überwinden des Todes nicht nur Freunde in London.
Schon zu Beginn erzählt uns Daniel Radcliffes Igor, der hier zumindest für ein paar Sätzchen den Erzähler mimt und dem Film dadurch seinen Rahmen verleiht, dass die Geschichte doch schon bekannt ist. Ein eingeschlagener Blitz, ein irres Genie, ein unkontrolliertes Monster. Natürlich wussten auch die Macher, dass sich mit diesem Plot heutzutage kein Blumentopf mehr gewinnen lässt und nähern sich der klassischen Geschichte von einer anderen Seite. Auf den ersten Blick klingt es durchaus löblich, dass man sich nicht erneut der altbekannten Handlung rund um ein erschaffenes Monster annimmt, sondern einen Blick auf die Menschen, die dieses Experiment zu verantworten haben, wirft. Deswegen geht es hier auch weniger um Frankensteins Monster als um Doktor Frankenstein selbst, wie es auch der Titel bereits passend suggeriert. Wie gesagt, alles durchaus löbliche Ansätze, garniert mit einer namhaften Besetzung und State-of-the-Art-Tricks... trotzdem gelingt es den Machern nicht, daraus einen überzeugenden Film zu stricken.
Die vielversprechenden Ansätze nützen nämlich nichts, wenn die Figuren im Grunde gar nichts zu erzählen haben. Frankenstein selbst soll hier zwar menschelnd im Mittelpunkt stehen, viel mehr als der ursprüngliche Wahnsinn, der seinen Charakter ausmacht, ist hier aber auch nicht zu sehen. Wir erfahren kaum etwas über seine Beweggründe, er bleibt uns als Figur auch durch die arg überzogene Darstellung von "Atomic Blonde"-Star James McAvoy merkwürdig fern, wir interessieren uns nicht für ihn. Als Sympathieträger soll hingegen Daniel Radcliffe, der ehemalige Harry Potter, agieren und der macht seine Sache in der Post-Zauber-Ära dann auch gar nicht so schlecht, beweist Mut zur Hässlichkeit und dass er einen solchen Film zumindest ansatzweise tragen kann. Die Figur des Igor bleibt dennoch eindeutig zu blass, beinahe nur ein Spielball der Handlung, wobei Radcliffe dem Charakter keine echten Ecken und Kanten abgewinnen kann. Ein Paradebeispiel für die Langeweile der Figur ist die angedichtete Liebesgeschichte, die seiner Figur emotionale Tiefe bringen soll - schwachbrüstiger und weniger nachvollziehbar kann man die aufkeimenden Gefühle zwischen Mann und Frau kaum erzählen, weswegen man diesen Plot, sobald man ihn nicht mehr braucht, auch pünktlich zum großen Finale wieder fallenlässt.
Und was ist dann noch dazwischen, was passiert zwischen dem effekthascherischen, aber immerhin einigermaßen spannenden Showdown und den einzelnen, eher schwach gezeichneten Charaktermomenten? Nicht viel, muss man da wohl sagen, denn die einzelnen Plotelemente sind bereits bekannt und allzu viel Neues fügt man dem Stoff dann auch nicht hinzu. Die Inszenierung von Regisseur Paul McGuigan, der auch schon vier Folgen der beliebten Krimiserie "Sherlock" in seiner Filmografie vorweisen kann, drückt dem Werk keinen eigenen Stempel auf, die Bilder sind angenehm düster, doch es fehlt ihnen an Leben und Vision. Immerhin weiß der Soundtrack mit großem Orchester noch zu überzeugen und untermalt einige Horrormomente recht passend, trägt selten zu dick auf. Ansonsten ist atmosphärisch außer dem ständigen Gerede von großen Genies und dem ziemlich schwachen Konflikt zweier ehemaliger Freunde aber gar nicht so viel drin in dieser Horror-Mär... dementsprechend muss man seine Zeit eigentlich auch nicht daran verschwenden.
Fazit: Ein frischer Ansatz soll der altbekannten Geschichte neuen, düsteren Grusel-Glanz verleihen, doch der Schuss ging nach hinten los. Die Charaktere bleiben entweder blass oder überzogen, die Handlung kommt nicht in Fahrt und schließlich endet alles in einem zwar spannenden, aber irgendwie auch unsinnigen Effekt-Finale.
Note: 4
Kommentare
Kommentar veröffentlichen