Ensemblefilme haben oftmals eine spezielle Wirkung auf seine Zuschauer. Durch viele Charaktere gibt es ebenso viele verschiedene Handlungen, die Abwechslung versprechen; es ist dank verschiedener Geschichten im Grunde immer was los; und natürlich kann man gerade in der Werbekampagne mit einer ganzen Armada von Stars werben, wie es Episodenfilme a la "Tatsächlich... Liebe" und "Happy New Year" schon oft vorgemacht haben. "The Best Exotic Marigold Hotel" hat dann zwar nicht ganz so viele Stars vorzuweisen, dennoch sind es eine ganze Menge bekannter Namen, die sich urplötzlich in Indien tummeln, was sich schon recht beeindruckend liest. Nur ist eine hochkarätige Besetzung nicht immer auch ein Garant für einen guten Film, was sich hier leider auch in Ansätzen zeigt...
BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL
Nicht alle, aber zumindest die meisten von ihnen haben die Schnauze voll von dem tristen Leben in den überfüllten Großstädten Englands und Amerikas. Sie alle befinden sich, wie sie sagen, im besten Alter und wollen eine Auszeit nehmen, mal etwas von der Welt sehen, ein Abenteuer erleben... und so stoßen sie alle auf das "Best Exotic Marigold Hotel", ein Hotel in Indien, welches Entspannung, Weitsicht und eine ganz neue Weltansicht verspricht. Geleitet wird dieses von dem jungen, indischen Unternehmer Sonny Kapoor (Dev Patel), der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Als seine neuen Gäste von der Lage und dem Zustand des Hotels negativ überrascht sind, befürchtet er bereits eine baldige Schließung des Hotels... doch dann finden die Senioren zusammen und der Wind dreht sich langsam.
Das klingt nun alles ein wenig nach den üblichen Glückskeksweisheiten: Einige vom Leben gezeichnete, teils recht grummelige Menschen begeben sich in den Pfuhl von Indien, sehen sich plötzlich mit Menschen aus ärmlichsten Verhältnissen, baufälligen Gebäuden und einem ständigen Gewimmel auf den Straßen konfrontiert, wobei sie mit der Zeit einen genaueren Blick riskieren und genau dieses Leben zu lieben lernen. Die Messages, die uns "Best Exotic Marigold Hotel" mit auf den Weg geben will, sind dabei ebenso einfach wie im echten Leben kaum anwendbar: Mach dir keine Gedanken über die Zukunft, lebe den Moment, halte deine Augen offen für neue Erlebnisse. Generell sind das schöne Weisheiten, die man seinen Mitmenschen so auch gerne weitergeben möchte, aber sie sind natürlich auch auf ihre eigene Art und Weise kitschig.
Es verwundert daher nicht, dass der Film von "Die Erfindung der Wahrheit"-Regisseur John Madden einigen Klischees nicht ausweichen kann, weswegen sich das Werk oftmals ein wenig wie der Inhalt eines Glückskekses anfühlt: Irgendwie süß, aber auch etwas belanglos. Das klingt nun aber deutlich härter als es eigentlich verdient ist, unterhält "Best Exotic Marigold Hotel" über zwei Stunden doch eigentlich sehr passabel. Das Drehbuch schafft es, dem recht großen Ensemble gerecht zu werden und jeder Figur seine eigene Handlung und somit auch seine Momente zu geben. Natürlich, einige Figuren bleiben mehr in Erinnerung als andere und bei manchen wird dann auch ein wenig geschludert, was zum Beispiel für den eher für die Komik zuständigen Norman, gespielt "Prince of Persia"-Star Ronald Pickup, gilt. Auch bei Maggie Smiths Muriel, zu Beginn noch eine der interessantesten Figuren, die sich mit rassistischen Tendenzen durch die Welt bewegt, hält man das Tempo nicht durch und macht den Charakter letztendlich sehr schnell zu einer Weisheiten von sich gebenden, alten Dame - das passt nicht wirklich zusammen.
Aber gut, bei einem großen Ensemble muss man eben manchmal Abstriche machen, was dann zwar stört, angesichts der restlichen Figuren, die ausnehmend gut gezeichnet sind und auf sympathische und herzliche Art und Weise zueinander finden, nicht extrem auffällt. Natürlich ist es ein wenig berechnend und schließlich auch vorhersehbar, wenn gefühlt jede Figur irgendwann ihre schwere Lebensgeschichte beichtet und anschließend von einem anderen Charakter in den Arm genommen und aufgebaut wird, man hat sich aber dennoch Mühe gegeben, die Figuren voneinander abzugleichen - so hat hier jeder seinen Plot, dem sich mit Herz gewidmet wird. Der Humor kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz und wie es für Komödien dieser Art üblich ist, erzeugt der Kulturen-Clash, wenn sich wohl verdienende Briten plötzlich in schmutzigen Slums wiederfinden und irgendwie ihre Fassung bewahren wollen, die meisten Lacher.
Da lohnt es dann auch, dass man eine starke Besetzung zusammengetrommelt hat, die so etwas wie das Who is Who der britischen Ü70-Riege darstellt. Die "Harry Potter"-Stars Bill Nighy und Maggie Smith geben sich die Klinke in die Hand, der aus dem indischen Mega-Hit "Slumdog Millionär" bekannte Dev Patel gibt mit freudiger Energie den aufgeregten Besitzer des titelgebenden Hotels und es ist ohnehin eine wahre Freude, einen Könner wie Tom Wilkinson mal wieder in einer größeren Rolle zu sehen. Erwartungsgemäß stellt "Stolz und Vorurteil"-Star Judi Dench aber das Herzstück des Films dar - sie vereint in ihrer Rolle den britischen Stolz, die Abenteuerlust und die Weisheit, die auch das ganze Werk prägen sollen.
Fazit: Die britische Starbesetzung sorgt für Freude und Herz, die etwas kitschige Handlung, die jeder Figur noch eine etwas bemühte Wandlung mitgeben soll, hat manch einen Hänger. Das ist dann zwar kein ganz großer Spaß, aber immerhin solide Unterhaltung mit einigen schönen Momenten und aufregenden Bildern.
Note: 3
Ich hatte damals den Trailer gesehen und beschlossen, darauf zu warten, bis der Film im Fernsehen erscheint. Die Besetzung ist zwar top, aber die Klischees würden mich sehr nerven.
AntwortenLöschenLG
Sabienes