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Christopher Robin

Überraschung! Disney hat anscheinend doch kein Abo für finanzielle Erfolge für Real-Life-Remakes oder -Reboots ihrer bekannten Marken. Im Gegensatz zu den in den letzten Jahren unglaublich erfolgreich gelaufenen Blockbustern "Maleficent", "The Jungle Book" oder "Die Schöne und das Biest" (letzterer sitzt sogar heute noch unter den zwanzig erfolgreichsten Filmen aller Zeiten) ging ihr neuestes Live-Action-Filmchen nämlich baden... zumindest in den USA. Dort interessierten sich wesentlich weniger Leute als erwartet für die Geschichte eines erwachsenen Christopher Robin, der erneut auf seinen besten Freund Winnie Puuh trifft. Dass eine Geschichte aus dem gleichen Universum in diesem Jahr ebenfalls kaum beachtet wurde (ja, ich meine "Goodbye Christopher Robin"), kann kaum als Indiz gelten... ist es diesmal also wirklich die Qualität oder die fehlende Star- bzw. Tierpower, die hier fehlt?

CHRISTOPHER ROBIN


Eigentlich hatte er sich sein Leben ganz anders vorgestellt: Christopher Robin (Ewan McGregor) arbeitet in London in einem langweiligen Bürojob, mit seiner Frau Evelyn (Hayley Atwell) läuft es auch nicht mehr allzu glanzvoll und dann soll er statt eines langersehnten Familienwochenendes auch noch Geld der Firma einsparen... auch, indem er Angestellte entlässt. Genau zu diesem Zeitpunkt reist Winnie Puuh durch ein Astloch nach London und findet dort seinen lange vergessenen Freund. Nach anfänglicher Freude über das Wiedersehen ist Robin jedoch schnell gestresst, hat er angesichts der letzten Verstrickungen doch eigentlich keine Zeit, nun mit einem sprechenden Bären zu spielen, der noch dazu auf der Suche nach seinen verschollenen Freunden ist...

Warum "Christopher Robin" an den Kinokassen in den USA nun keinen vergleichbaren Rumms an den Kinokassen hinlegte, liegt eigentlich auf der Hand und dabei geht es weniger um das Fehlen eines absoluten Megastars wie Emma Watson oder Angelina Jolie (nein, Ewan McGregor hat einen solchen Hype-Status trotz "Star Wars" nun wirklich nicht). Denn im Gegensatz zu diesem arg kinderfreundlich beworbenen, niedlichen Tierchen-Abenteuer waren "Die Schöne und das Biest", "The Jungle Book" und "Maleficent" epische Märchen: Da gab es wilde Kämpfe, grandiose Computereffekte... und natürlich die wesentlich beliebteren Vorlagen, die zu den wichtigsten und auch besten Disney-Zeichentrickwerken zählen, die wir nun mal so haben. Deswegen werden nächstes Jahr auch die Live-Action-Remakes von "Dumbo" und "König der Löwen" ordentlich feiern... aber ein "Christopher Robin" spielt natürlich nicht in der gleichen, epischen Liga.
Stattdessen lässt sich dieser Film eher im Rahmen eines "Paddington"-Abenteuers einordnen, ohne wirklich die Qualität dieser beiden grandiosen Filme zu erreichen: Beide haben einen knuddeligen, tollpatschigen Bären im Fokus, spielen in England und warten mit einer seichten, dafür aber herzlichen Handlung auf, die nicht mit gigantischer Action daherkommt, sondern sich auf Gefühl, wunderbaren Witz und niedliche Figuren beschränkt. Das lässt die Kassen natürlich nicht ansatzweise so euphorisch klingeln, aber Qualität und Geld sind natürlich noch was anderes und was ersteres angeht, so steht dieser gelbe Bär den anderen Werken in nichts nach... ganz im Gegenteil sogar. Denn wo "Die Schöne und das Biest" im Grunde nur altbekanntes in wunderschönen Bildern und herrlichen Songs neu aufmischte, so ist das hier, wenn auch weit von irgendeiner Originalität entfernt, zumindest frischer.
Natürlich gibt es hier keine wirklichen Überraschungen und der Plot ist im Kern aber auch eher mau, aber das ist gar nicht so wichtig: Im Fokus stehen die Abenteuer der Bande rund um Puuh, zu der später natürlich auch der bereits erwachsen gewordene Christopher Robin stößt. Hier greifen Slapstick und Wortwitz zusammen mit niedlichen Animationen ineinander über und sorgen für viele Lacher, herzliche und bewegende Momente und ein durchaus rundes Vergnügen. Das braucht dann zwar ein wenig Anlaufzeit, welche gerade für die jüngeren Zuschauer etwas lang ausfallen dürfte, da man sich den erwachsenen Problemen des armen Christopher hier recht ausführlich widmet, ehe Puuh seinen Weg in die reale Welt findet. Auch zwischendrin verliert der Film immer mal wieder an Schwung, was aber an der dürftigen Handlung liegen kann, die eben auch nur in diese eine Richtung laufen kann... da gerät der Fuß eben auch mal von der Bremse.
Entschädigt wird man dafür mit absolut liebenswerten Charakteren und einigen herrlichen Dialogauseinandersetzungen. Highlights sind dabei die wunderbar naiven Kommentare eines Puuh, der ebenso schlagfertig wie liebenswert agiert... ohne dabei schlagfertig sein zu wollen. Fast noch besser sind die depressiv angehauchten Einlagen des Esels I-Aah, der für einige Brüller sorgt... wie schon bei der Zeichentrickserie kristallisiert er sich weiterhin als Fanfvorit, insbesondere für Erwachsene, heraus. Während sich die Erwachsenen also an spaßig geschriebenen Dialogen und einem spielfreudigen Ewan McGregor erfreuen können, werden die Kinder, trotz manch einer längeren düsteren Passage, von süßen Tieren und einem rasanten Finale unterhalten. Nichts Neues unter der Sonne also, aber unterhaltsamen und herzlichen 100 Minuten dürfte hier sonst auch nichts im Wege stehen.

Fazit: Manchmal überraschend sarkastisch und witzig, vor allem in den manchmal ungemein lustigen Dialogen, oftmals auch herzlich. Kinder und Erwachsene werden trotz der drögen Handlung gleichermaßen gut unterhalten - kurzweilig und süß.

Note: 3+









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