Direkt zum Hauptbereich

The Drop - Bargeld

Habe ich schon mal erwähnt, dass der Job des Kellners ein ziemlich mieser Job ist? Sicher, manch einer kann damit mehr anfangen, für mich ist die enorme Hetzerei, das Jonglieren mit dutzenden Gläsern und Tellern und die Erledigung von zwanzig Bestellungen auf einmal jedoch nichts und solange dieser Blog als eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen noch kein Geld abwirft, stehe ich lieber an Kassen oder schauspielere mich durch kleinere Jobs als durch Restaurants zu hetzen. Kaum will ich mir vorstellen, wie es dann erst ist, wenn man eine eigene Bar besitzt... und wenn man dann auch noch Geld an grobschlächtige Gangster abzahlen muss, damit die einem den Laden nicht kurz und klein schlagen. Entfernt erzählt "The Drop" eine solche Geschichte, zerfasert dabei aber recht schnell in langatmige Einzelteile...

THE DROP


Bob Saginowski (Tom Hardy) arbeitet in einer Bar in Brooklyn hinter der Theke, gerät dabei auch mal mit seinem Cousin Marv (James Gandolfini), der den Laden leitet und unzufrieden wegen vielerlei Gratisdrinks ist, aneinander, hat ansonsten aber keine großen Probleme. Doch dann wird die Bar, wie so viele andere in Brooklyn, von einer Gangstergruppe zum sogenannten "Drop" auserkoren - eine Art Safe, wo die Männer ihr Geld sicher hinterlegen, bis es wieder abgeholt wird. Meistens bekommen die Angestellten von einem solchen Deal nichts mit, da Marv wegen etlicher Schulden jedoch mittlerweile als Strohmann agiert und einen großen Teil seiner Einnahmen abtreten muss, ist die Situation etwas prikärer. Als Marv und Bob nach Ladenschluss überfallen werden, wird die Luft schließlich noch dünner...

Das klingt doch nach einem recht wendungsreichen Gangsterfilm - eines meiner liebsten Genres, ohne zu große Ballerorgien, mit kantigen Figuren und dem ständigen Wissen, dass auch nur ein falsches Wort jedem der Charaktere das Leben kosten kann. "GoodFellas" oder auch "Departed" lassen da grüßen, in diese qualitativen Ebenen stößt "The Drop" von Regisseur Michael R. Roskam aber nicht vor. Dabei beginnt das Ganze gar nicht so übel: Man nimmt sich Zeit, um die Figuren langsam und bedächtig vorstellen und sogar der Sinn und Ablauf einer sogenannten Drop-Bar wird hier in einem Intro-Filmchen auf anschauliche Art und Weise erklärt. Auch mit Bob Saginowski, der hier als klare Hauptfigur agiert, konnte ich mich schnell anfreunden: Ein wortkarger, manchmal etwas verlorener Kerl, ein wenig naiv, sehr herzlich und ziemlich allein. 
Ein grandioser Schauspieler wie Tom Hardy verleiht dann auch diesem Rollentypus noch genügend Männlichkeit, ohne dass diese aufgesetzt wirken würde oder der Figur seine Sympathie und Glaubwürdigkeit nimmt. Ganz im Gegenteil, der "Mad Max"-Star legt dabei in einen einzigen Blick, in kleine Gesten eine solch unaufdringliche Intensität, dass der Bildschirm wackelt... und das obwohl er kaum ein Wort sagt. Unterstützt wird Hardy dann auch noch von Könnern wie "Red Sparrow"-Star Matthias Schoenaerts, dem leider bereits verstorbenen James Gandolfini in seinem letzten Film oder auch Noomi Rapace, mit der Hardy ein Jahr später für den verhunzten Thriller "Kind 44" ebenfalls wieder vor der Kamera stand. 
Diese namhaften Darsteller lassen dann erwartungsgemäß nichts anbrennen, spielen sich gegenseitig wunderbar die Bälle zu und sorgen für starke Dialogsequenzen und feurige Konflikte... Konflikte, die sich dabei aber zumeist in einer doch recht wirren, ziellosen und letztendlich schier belanglosen Story abspielen, die all diese Kernelemente nicht bündig verstrickt. Da geht es dann um die Auseinandersetzung mit den Gangstern, um eine recht seltsam und dennoch irgendwie sympathisch erzählte Liebesgeschichte, die später für manch ein Klischee zuständig ist; um die Liebe zwischen Mensch und Tier; um einen einsamen Mann, der schließlich über sich hinauswachsen muss... im Grunde hat der Plot dann aber doch nicht so viel erzählen. Deswegen schlingelt sich "The Drop" dann auch über 105 Minuten recht ereignislos herum, hat immer wieder einige Momente, die insbesondere schauspielerisch von grandioser Natur sind, erzählt aber keine packende Handlung. 
Viele Entscheidungen der Charaktere und einige zusammengewürfelte Handlungsdetails bleiben bestenfalls willkürlich und dürftig, ein passender Topf wird nicht darüber gestülpt. Das zeigt sich insbesondere in der Figur des von Matthias Schoenaerts herrlich psychopathisch angelegten Eric Deeds, der in einem Subplot glänzt, um schließlich doch noch zum extremen Antagonisten aufgebaut zu werden. Das funktioniert nicht wirklich und wirkt wie ein recht schwachbrüstiger Versuch der Macher, hier noch einen Kampf zwischen Gut und Böse aufzuziehen, nur dass dieser Film den eigentlich nicht braucht. So wirkt das Endergebnis trotz sehr erfrischender Ansätze eher wirr, verschleudert sein Herz in Kleinigkeiten und wird dem großen ganzen nicht wirklich gerecht.

Fazit: Etwas wirrer Thriller, der durch die Bank weg hervorragend besetzt ist, seine Handlung jedoch über etliche Kleinigkeiten weitererzählt, dabei kaum auf den Punkt kommt und die einzelnen Plots nicht sinnig und passend miteinander verweben kann. Das Endergebnis ist dann leider mehr Langeweile, als es einem solchen Werk gut tut.

Note: 4+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid