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Grace of Monaco

Na, hoppla! Normalerweise brüsten sich Filme zu gerne damit, eine wahre Geschichte zu erzählen... mal basiert sie auf wahren Ereignissen, mal ist sie wahren Ereignissen nachempfunden, meistens soll es aber alles total "true" sein, auch wenn es das eigentlich nicht ist. Und nun sehe ich am Anfang dieses Films eine Texttafel, die ich so noch nie vor einem Werk gesehen: "Dies ist eine fiktive Geschichte, inspiriert von realen Ereignissen". Wussten die Macher da etwa schon selbst, dass sie nicht wirklich historisch akkurat vorgegangen waren? Oder würde hier jemand den Tarantino-Zug fahren, um einfach mal selbstständig mit Hilfe des Kinos die Historie umzuschreiben? Letztendlich ist das aber kaum wichtig, denn bei "Grace of Monaco" handelt es sich eh nicht um einen wirklich aufsehenerregenden Film...

GRACE OF MONACO


Das Jahr 1962: Das Fürstentum Monaco befindet sich in einem offenen Konflikt mit Frankreich - Monaco soll seine Bevölkerung voll besteuern, ansonsten würde Frankreich ihnen die Energie, die durch ihr Land verweigern, was das Aus für Monaco wäre. Fürst Rainier III. (Tim Roth) hat mit diesem politischen Streit schwer zu schuften und wünscht sich die Unterstützung seiner Gattin Grace (Nicole Kidman), als ehemaliger Filmstar unter dem Namen Grace Kelly bekannt. Diese bekam jüngst jedoch ein Angebot für eine Hauptrolle in dem neuen Film von Alfred Hitchcock (Roger Ashton-Griffiths) und erwägt, ins Filmbusiness zurückzukehren. Als die Öffentlichkeit von ihren Plänen erfährt, nimmt das Chaos seinen Lauf...

Regisseur Olivier Dahan pfeift auf historische Korrektheit und inszeniert die im Grunde unter allen Filmfans bekannte Geschichte, in welcher Grace Kelly aus dem Filmgeschäft ausstieg und sich stattdessen als Gattin des Fürsten von Monaco in die Politik stürzte, als romantische Verköstigung. Das klingt auf dem Papier schon ein wenig seltsam, setzt sich Dahan doch über die Fakten hinweg und möchte stattdessen das Herz sprechen lassen, die Seele seiner Protagonisten öffnen: Wer ist diese Grace Kelly eigentlich? Ist sie der Filmstar, über den jeder spricht, oscarprämiert, eine lebende Legende aus Hollywood? Ist sie die Fürstin, über das Volk wachend, mit gütigen und auch mal unbarmherzigen Händen? Oder ist sie eine echte Person, menschelnd, Fehler machend... und nur darauf bedacht, sich wohlzufühlen, sich auch selbst mal etwas Gutes zu tun? 
Dahans Antworten auf all diese Fragen geraten erstaunlich schwachbrüstig, unentschlossen und irgendwie leidenschaftslos. Er ruht sich auf den Klischees des Genres los, lässt die Protagonisten feurige Reden halten, um die Herzen der Feinde zu gewinnen, er schwelgt in seinen traumhaft schönen Bildern und kann gar nicht davon ablassen, Kidmans Gesicht immer wieder in Großaufnahmen abzulichten. Dabei war der "The Others"-Star definitiv schon besser und gibt hier, verglichen mit anderen Werken, bestenfalls eine durchschnittliche Performance - es wirkt ein wenig so, als hätte Kidman ihr Herz kaum in dieses Projekt gesteckt. 
Ein wenig fehl am Platze wirkt auch Tim Roth, eigentlich ein Garant für kühl angelegte Männer, die dann auch mal plötzlich zu einem Gewaltausbruch neigen... und sei es auch nur, wenn er mal ein Glas vom Tisch fegt. Richtig aus sich herauskommen darf aber auch der Tarantino-Schützling nicht und so ist es schließlich einzig und allein "Frost/Nixon"-Star Frank Langella, der als Pater Francis Tucker nicht nur die ewige Stimme der Vernunft ist, sondern in seiner nachdenklichen, angenehm ruhigen und dennoch kraftvollen Performance zeigt, was für eine Schauspielklasse dieses Werk eigentlich braucht. 
Der Rest ist dann eben purer Drama-Durchschnitt, trotz der moderaten Länge von 98 Minuten immer wieder ziemlich zäh, in seiner Charakterisierung bestenfalls unentschlossen und nicht bereit, auch mal über die Schmerzgrenze zu treten. Der Film porträtisiert Grace Kelly als unverbesserliche Träumerin, was ja irgendwie auch schön ist, in diesem historischen Kontext aber auch beeindruckend naiv ist... und somit dem Mysterium des ehemaligen Filmstars kaum ein Stück naherückt. Letzten Endes haben wir also nichts gelernt und wurden auch nicht sonderlich gut unterhalten - es ist vertane Lebenszeit, denn trotz seiner soliden Inszenierung ist das alles zu glatt, zu durchgerechnet... und dementsprechend, obwohl genau das eigentlich das Ziel war, nichts, was das Herz anspricht.

Fazit: Bemerkenswert naives und zähes Möchtegern-Biopic, welches die Fakten außer Acht lässt, um sich Grace Kelly als Mensch zu widmen. Diese Informationen sind jedoch nur naiv, nicht lehrreich und da auch Nicole Kidmans Performance weitestgehend unauffällig ist, bleibt von diesem Film wahrlich kaum etwas hängen.

Note: 4-




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