Das Genre ist noch relativ neu und unverbraucht, den ersten Schritt tut dieser Film dabei allerdings nicht: "Searching" ist ein sogenannter Desktop-Thriller, wobei die gesamte Handlung ausschließlich über Bildschirme wie den Laptop-Desktop oder das Smartphone abläuft - die Story erklärt sich über Skype-Gespräche, YouTube-Videos und Chats in sozialen Netzwerken. Dass das durchaus funktionieren kann, bewies vor einigen Jahren bereits der solide Horror-Schocker "Unknown User", mit "Searching" soll dieses Stilmittel nun auch in den Bereichen Thriller und Drama Punkte machen. Und die Voraussetzungen waren tatsächlich nicht schlecht...
SEARCHING
David Kim (John Cho) nutzt die Technik rund um Laptops und Social Media weitestgehend, um mit seiner Tochter Margot (Michelle La) in Kontakt zu bleiben, die fernab studiert. Seit dem Tod von Davids Frau und Margots Mutter Pamela (Sara Sohn) fehlt etwas im Leben von beiden... und als David seine Tochter eines Tages nicht mehr erreichen kann, fühlt er sich mulmig. Als er nachforscht, um Margot zu finden, stößt er auf einige seltsame Informationen, die aufzeigen, dass seine geliebte Tochter vielleicht nicht das fröhliche Mädchen war, welches sie zu sein vorgab.
Allein die ersten fünf Minuten des Desktop-Thrillers von Regisseur Aneesh Chaganty sind bereits das Eintrittsgeld wert. Man mag es kaum für möglich gehalten haben, aber Chaganty präsentiert uns, ähnlich wie im Pixar-Hit "Oben", ein ganzes Leben innerhalb von wenigen Minuten... diesmal aber ausschließlich durch Videos, Familienfotos und Desktoperinnerungen. Wir rutschen durch ein Wechselbad der Gefühle, bis hin zu einem dramatischen Eckpfeiler, den schon nach dieser kurzen Zeit niemand kaltlassen dürfte. So startet man einen solchen Film und in diesem Moment hatte mich Chaganty bereits an der Leine... jetzt war es nur noch daran, dieses Niveau in anderen Genres zu halten.
Und auch diesbezüglich zeigt sich der Herr von seiner besten Seite: Mit interessanten Wendungen, einem absolut grandiosen John Cho, bekannt aus den "Star Trek"-Reboots, in der Hauptrolle und einem wirklich feinen Skript, welches an passenden Stellen auch wunderbar sozialkritisch agiert, generiert man Tempo... und das obwohl oder sogar gerade weil man hier nun Desktops und Handybildschirme zur Verfügung hat. Später weitet man die Möglichkeiten durch Live-Nachrichten aus, aber man bleibt dem engen Konstrukt treu und macht eben einfach das Beste, was möglich ist. Tatsächlich sind wir angesichts dieser Stilmittel ungemein emotional involviert - die Macher legen Wert auf persönliche Details und wissen ganz genau, wie sie ihre Figuren agieren lassen müssen. Kleine Pausen im Schreiben von etwas prekären Nachrichten, das Ausbessern dieser, bevor sie abgeschickt werden oder auch humoristische Details wie das Klicken auf einen gefährlichen Link, was gleich eine Werbebombe auslöst - Chaganty weiß um das Sub-Genre und nutzt dieses in allen Bereichen durchaus effektiv.
Die Lücken im Korsett treten erst mit späterer Erzählung auf, wenn man uns doch einige Male allzu deutlich an der Nase herumführt: Immer wieder glauben die Protagonisten, nun die absolut wichtige Spur gefunden zu haben... dass diese nach nur einer Stunde Laufzeit entweder nur eine Fußnote im Gesamtfall des Verschwindens von Margot oder eben gleich eine faule Finte ist, dürfte dabei keine Überraschung sein. Das hätte man erzählerisch sicher noch galanter lesen können, ebenso wie die Auflösung des Falls - die letzten Wendungen sind dabei zwar recht heftig, aber dennoch früh absehbar und letztendlich auch etwas zu effekthascherisch im Gegensatz zur doch sehr persönlichen ersten Hälfte. Das kostet dann schon einige Punkte und am Ende sind wir dann auch nicht mehr ganz so begeistert - trotzdem lässt sich nicht abstreiten, dass alle Beteiligten mit cleveren Stilmitteln einen temporeichen Thriller abgeliefert haben, der auch immer wieder emotional voll ins Schwarze trifft.
Fazit: Gegen Ende verliert "Searching" trotz seiner genialen Stilmittel etwas an Schwung, wozu etwas überzogene Wendungen ihren Teil beitragen. Dennoch ist der Film ein emotional packender und ziemlich spannender Thriller, der immer wieder zu Hochform aufläuft und seine wenigen Mittel perfekt zu Nutzen weiß.
Note: 3+
Allein die ersten fünf Minuten des Desktop-Thrillers von Regisseur Aneesh Chaganty sind bereits das Eintrittsgeld wert. Man mag es kaum für möglich gehalten haben, aber Chaganty präsentiert uns, ähnlich wie im Pixar-Hit "Oben", ein ganzes Leben innerhalb von wenigen Minuten... diesmal aber ausschließlich durch Videos, Familienfotos und Desktoperinnerungen. Wir rutschen durch ein Wechselbad der Gefühle, bis hin zu einem dramatischen Eckpfeiler, den schon nach dieser kurzen Zeit niemand kaltlassen dürfte. So startet man einen solchen Film und in diesem Moment hatte mich Chaganty bereits an der Leine... jetzt war es nur noch daran, dieses Niveau in anderen Genres zu halten.
Und auch diesbezüglich zeigt sich der Herr von seiner besten Seite: Mit interessanten Wendungen, einem absolut grandiosen John Cho, bekannt aus den "Star Trek"-Reboots, in der Hauptrolle und einem wirklich feinen Skript, welches an passenden Stellen auch wunderbar sozialkritisch agiert, generiert man Tempo... und das obwohl oder sogar gerade weil man hier nun Desktops und Handybildschirme zur Verfügung hat. Später weitet man die Möglichkeiten durch Live-Nachrichten aus, aber man bleibt dem engen Konstrukt treu und macht eben einfach das Beste, was möglich ist. Tatsächlich sind wir angesichts dieser Stilmittel ungemein emotional involviert - die Macher legen Wert auf persönliche Details und wissen ganz genau, wie sie ihre Figuren agieren lassen müssen. Kleine Pausen im Schreiben von etwas prekären Nachrichten, das Ausbessern dieser, bevor sie abgeschickt werden oder auch humoristische Details wie das Klicken auf einen gefährlichen Link, was gleich eine Werbebombe auslöst - Chaganty weiß um das Sub-Genre und nutzt dieses in allen Bereichen durchaus effektiv.
Die Lücken im Korsett treten erst mit späterer Erzählung auf, wenn man uns doch einige Male allzu deutlich an der Nase herumführt: Immer wieder glauben die Protagonisten, nun die absolut wichtige Spur gefunden zu haben... dass diese nach nur einer Stunde Laufzeit entweder nur eine Fußnote im Gesamtfall des Verschwindens von Margot oder eben gleich eine faule Finte ist, dürfte dabei keine Überraschung sein. Das hätte man erzählerisch sicher noch galanter lesen können, ebenso wie die Auflösung des Falls - die letzten Wendungen sind dabei zwar recht heftig, aber dennoch früh absehbar und letztendlich auch etwas zu effekthascherisch im Gegensatz zur doch sehr persönlichen ersten Hälfte. Das kostet dann schon einige Punkte und am Ende sind wir dann auch nicht mehr ganz so begeistert - trotzdem lässt sich nicht abstreiten, dass alle Beteiligten mit cleveren Stilmitteln einen temporeichen Thriller abgeliefert haben, der auch immer wieder emotional voll ins Schwarze trifft.
Fazit: Gegen Ende verliert "Searching" trotz seiner genialen Stilmittel etwas an Schwung, wozu etwas überzogene Wendungen ihren Teil beitragen. Dennoch ist der Film ein emotional packender und ziemlich spannender Thriller, der immer wieder zu Hochform aufläuft und seine wenigen Mittel perfekt zu Nutzen weiß.
Note: 3+
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