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Die Unglaublichen - The Incredibles

In seinen Anfangsjahren zeichnete sich Pixar vor allem dadurch aus, unglaublich detaillierte und kreative Welten zu erschaffen und verließ sich dabei auf Abenteuer mit Tieren oder ansatzweise menschlichen Wesen - wissend, dass Menschen ungemein schwer zu animieren sind. 2004 wollten sie den Sprung aber dennoch wagen und lieferten mit dem Superhelden-Hit "Die Unglaublichen" den bis dato ersten Pixar-Film, der Menschen zu den Hauptrollen machte... und auch keinen tierischen Charakter in tragenden Rollen präsentierte. Das Ergebnis war dann auch schlichtweg unglaublich und der Film weiß auch heute noch, dreizehn Jahre nach seiner Uraufführung, hervorragend zu unterhalten...

DIE UNGLAUBLICHEN


Der angesehene Superheld Mr. Incredible hat dem Leben als Verbrecherjäger den Rücken gekehrt: Seit er seine ehemalige Mitstreiterin Elastigirl heiratete, leben die beiden unter den Namen Helen und Bob Parr in einer geheimen Identität, arbeiten, gründeten eine Familie und leben unerkannt mitten in der Gesellschaft. Bob jedoch juckt es seit jeher unter den Fingern - er will endlich wieder als Superheld zurückkehren, wogegen sich seine geliebte Frau jedoch eindeutig ausspricht, fürchtet sie bei einer Rückkehr in dieses Leben doch besonders um das Wohl ihrer drei gemeinsamen Kinder Violetta, Flash und Jack-Jack. Als Bob einen geheimen Auftrag erhält, verheimlicht er diesen vor Helen und bricht zu einer Reise auf... nicht ahnend, dass er dadurch eine ganze Reihe von Ereignissen in Gang setzt und sogar auf einen Superschurken trifft.

In diesem Film ist tatsächlich alles ein wenig anders. Generell muss man den Mut Pixars, der heutzutage ja nicht mehr in ausschließlich jedem Werk auftritt (man denke nur an die beiden enttäuschenden "Cars"-Fortsetzungen) hier aber durchaus loben, gelang es ihnen 2004 doch, sich auf gewisse Art und Weise neu zu erfinden und neue Akzente zu setzen. Für Liebhaber der kreativen Vorgänger wie "Toy Story" und "Das große Krabbeln" bedeutet das, dass die Erwartungen ein wenig umstrukturiert werden müssen, denn vieles von dem, was andere Pixar-Filme ausmacht, fehlt hier. Das fällt besonders im Detailreichtum auf, denn wo in "Findet Nemo" noch im Hintergrund und einzelnen Montagen so viel passiert, dass man den Film fünfmal sehen muss, um alle versteckten Gags zu entdecken, so konzentriert sich "Die Unglaublichen" lieber auf seine Geschichte. 
Das geht auch auf Kosten des Humors, denn der wird sparsamer und offensichtlicher eingesetzt - Lacher gibt es angesichts der enorm sympathischen Figuren weiterhin, aber sie sind nicht mehr so clever, so ungemein einfallsreich. Um diese Mankos auszugleichen, hat man sich dem Superhelden-Genre (welches gerade heute so populär ist wie nie zuvor, Marvel sei Dank) verschrieben - und Brad Bird, der sich gerade durch diesen Film auch genügend Action-Sporen verdiente, um später sogar für den bislang besten "Mission: Impossible"-Film die Regie zu übernehmen, scheint dieses Genre wirklich zu verstehen. 
Gerade die zweite Hälfte ist eine schier pausenlose Hommage an James Bond und Ethan Hunt, vom herrlichen Soundtrack bis hin zu den grandios inszenierten Actionszenen und dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Figuren. In der ersten Hälfte geht es vergleichsweise ruhiger vonstatten und man nimmt sich erstaunlich viel Zeit, das ziemlich entnervende und langweilige Leben von versteckten Helden in Rente zu zeichnen - das sorgt zwar für ein paar ganz kleine Hänger, macht die ansonsten eben doch recht simple Geschichte aber dennoch zu etwas Besonderem. Durch die vielen netten Einfälle im Bezug auf das Einsetzen von Superkräften im realen Leben und auch durch einzelne Konflikte zwischen den Familienmitgliedern erhält "Die Unglaublichen" eine mehr als dankbare Tiefe, die sich auch bis in den überlangen Action-Showdown, der etliche Eye-Candy's bereithält, hineinzieht. 
Dieser ist dann so herrlich over the top und mit der Zusammenführung der einzelnen Superkräfte so clever choreographiert, dass er sich nicht hinter ähnlichen Materialschlachten des Blockbuster-Kinos zu verstecken braucht... und liefert mit dem in der deutschen Version von Moderator Kai Pflaume (!) gesprochenen Frozone einen der sympathischsten Sidekicks der Pixar-Geschichte. Generell ist das alles also auch technisch aller erste Sahne, über die überzeugenden Synchronsprecher bis hin zu heute nur ganz leicht veralteten, jedoch immer noch beeindruckenden Animationen. Ein gigantischer Spaß für Klein und ganz besonders für Groß, die sich an den Hommagen und der teilweise erwachseneren Geschichte erfreuen. Auf das Sequel, welches ich noch heute Abend endlich sehen werde, bin ich nun mehr als gespannt.

Fazit: Flotter Animations-Film, der weniger auf cleveren Witz und Detailreichtum als auf sympathische Figuren, dynamische Action und eine temporeiche Geschichte legt. Keine Glanzstunde von Pixar, angesichts der neuen Schritte aber durchaus unterhaltsam... und vor allem in den Actionszenen absolut herausragend.

Note: 2-




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