Glaubt jemand von euch eigentlich an Gott? Ich tue das schon irgendwie... beziehungsweise glaube ich an etwas, dass in gewisser Form über uns steht. Auf die Kirche gebe ich hingegen weniger und bin auch in Geschichten rund um Himmel und Hölle oder gar den Teufel raus. Dennoch muss ich gestehen, dass diese Dinge innerhalb von fiktiven Plots durchaus ihren Reiz haben und mich auch zu schauern wissen - gerade in Horrorfilmen bin ich am leichtesten zu ängstigen, wenn es sich bei dem Antagonisten um einen Dämonen handelt. "Die neun Pforten" von Roman Polanski beschäftigt sich ebenfalls mit dem Teufel und seinem Reich, allerdings nicht in Form eines Fantasyhorror-Streifens, sondern als ruhig erzählter Mystery-Thriller...
DIE NEUN PFORTEN
Dean Carso (Johnny Depp) arbeitet mit einem zweifelhaften Ruf als sogenannter "Buchdetektiv" - nun soll er für den hochgeschätzten Kunden Boris Balkan (Frank Langella) zwei im Umlauf befindliche Versionen des Buches "Die neun Pforten" aufspüren. Drei gibt es nur noch auf der ganzen Welt, eine befindet sich im Besitz von Balkan selbst und Carso soll nun die anderen Bücher in seinen Besitz bringen und inspizieren, scheint doch nur eines der drei Werke von wirklicher Echtheit zu sein. Was sich anfangs noch nach einem lukrativen Job anhört, entwickelt sich für Carso jedoch bald zu einer echten Hatz, scheint sein Auftraggeber doch längst nicht der einzige zu sein, der hinter den ominösen Büchern her ist...
Natürlich ist das kein einfacher Horrorschocker, denn so etwas stände auch nicht im Stil eines Roman Polanski, der sich hier nach seinem unsterblichen Klassiker "Rosemary's Baby" erneut mit der Thematik rund um Sanatismus und dem Teufel auseinandersetzt. Dies tut er jedoch auf durchaus leise Art und Weise und bis kurz vor Schluss kann da auch noch alles möglich sein - ob es sich dabei um ein klares Fantasy-Werk handelt oder die gesamte Geschichte doch noch als vollkommen realistisch behandelter Thriller abgeschlossen wird, lässt sich über lange Zeit nicht sagen. Trotz des niedrigen Tempos und obwohl sich Polanski für die atmosphärischen Detektivarbeiten seines Protagonisten sehr lange Zeit nimmt, hält er die Spannung durchweg oben.
Wir sehen Dean Carso sehr gerne dabei zu, wie er die Brotkrumen verfolgt, dabei auch mal das ein oder andere Hindernis überwinden muss und mit mysteriösen Geheimnissen rund um die drei Bücher und deren Verfolger konfrontiert wird. Polanski kann dabei nicht allen Längen ausweichen, gleicht dies jedoch mit einer dichten Atmosphäre, einer starken Bildsprache, einem schier soghaften Soundtrack und einer durch die Bank weg überzeugenden Besetzung aus. Insbesondere "Sweeney Todd"-Star Johnny Depp spielt hier so nuanciert und zurückhaltend, dass es eine wahre Freude ist - es gelingt ihm dabei förmlich spielerisch, aus seinem Protagonisten kleine Details herauszukitzeln, die ihn durchaus glaubwürdig machen und seiner Figur zwischen den Zeilen eine angenehme Tiefe verleiht. Neben ihm sticht auch besonders Polanskis dritte Ehefrau Emmanuelle Seigner hervor, welche der Regisseur schlichtweg stilistisch zum absoluten Mysterium erhöht.
Über gute anderthalb Stunden bleibt "Die neun Pforten" dann gerade durch seinen ruhigen Stil, der absolut die Spannungskurve fördert, durchaus packend, suhlt sich nicht in Schocks und Spezialeffekten, sondern verfolgt lieber eine atmosphärische Handlung, die nicht mit offenen Karten spielt und auch nicht mit einigen überraschenden Wendungen geizt - das macht verflixt viel Freude und weiß hin und wieder auch angenehm zu schauern, ohne dabei aber seinen stillen Tonus zu verlieren.
Erst gegen Ende und mit seinem finalen Akt verliert der Film dann doch etwas an Fahrt: Der Showdown und auch das vorhergehende, etwas überzogene Geplänkel enttäuscht in seiner Einfachheit, wenn Polanski die Genrepfade verlassen will, sich aber nicht ganz traut, die Leine vollkommen loszulassen. Das wirkt dann leider ein wenig wirr und kann nicht verhehlen, dass man die zuvor so stark aufgebaute Spannung am Ende wie eine Seifenblase zerplatzen lässt - hier wäre mehr tatsächlich einmal mehr gewesen. Das ist schade, da sich "Die neun Pforten" bis eine halbe Stunde vor Schluss trotz einiger Makel mehr als wacker schlägt, um dann auf den letzten Metern zu trudeln. Ein guter, wenn auch nicht vollkommen beachtenswerter, Film ist es aber natürlich dennoch und deswegen gerade Fans von leisem Mystery zu empfehlen.
Fazit: Atmosphärischer Thriller, still und leise erzählt, stark gespielt und von Roman Polanski mit Detailtreue und Stil inszeniert. Erst kurz vor Schluss beginnt der Plot in seiner plötzlichen Wirre und Unentschlossenheit merklich zu trudeln.
Note: 3+
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