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Destroyer

Nicole Kidman ist in den letzten Wochen und Monaten im Kino schier omnipräsent. "Aquaman", in welchem sie eine tragende Nebenrolle einnahm, war ein schlichtweg bombastischer Erfolg für das DC-Kinouniversum und läuft noch immer in einigen Lichtspielhäusern. Anschließend war Kidman in dem Remake des französischen Kultfilms "Ziemlich beste Freunde" und in dem sensiblen Drama "Der verlorene Sohn" zu sehen... und nur gut einen Monat danach ist sie schon wieder auf den Leinwänden zu sehen, diesmal allerdings in einer Hauptrolle und endlich wieder in schauspielerischer Extraklasse. Leider ist "Destroyer" aber zu keinem Zeitpunkt so gut wie seine fantastische Hauptdarstellerin...

DESTROYER


Vor gut sechzehn Jahren wurde die damals noch junge Polizistin Erin Bell (Nicole Kidman) in die Gang des gefährlichen Bankräubers Silas (Toby Kebbell) eingeschleust, um ihn und seine Gefährten auszuhorchen und sie schließlich zu stellen. Dies ging schief - Silas ist noch immer auf freiem Fuß. Sechzehn Jahre später ist Erin eine gebrochene Frau, dem Alkohol zugeneigt. Sie hat die Kontrolle über ihre pubertierende Tochter Shelby (Jade Pettyjohn) verloren und wird auch von ihren Kollegen kaum noch ernst genommen... bis sie eine deutliche Nachricht von Silas erhält. Nun, da sie ein Lebenszeichen von ihrem Feind besitzt, schmeißt sich Erin wieder in den Sattel. Ihr Ziel: Silas aufspüren und Rache für die Zerstörung ihres Lebens nehmen.

Natürlich ist "Destroyer" kein simpler Rache-Thriller über eine kaputte Polizistin, die auf einen Kriegskurs gegen ihre ehemaligen Häscher geht - dieser Film hat mit "96 Hours" ungefähr so viel zu tun wie Fußball mit Oreokeksen. Trotzdem entwickelt das Werk von "Jennifer's Body"-Regisseurin Karyn Kusama einen eigenen Sog. Durch den nicht unbedingt neuen, hier jedoch durchaus sinnigen Kniff, sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit zu erzählen und den Zuschauer somit über zwei Stunden hinweg und bis zu einem stark inszenierten WTF-Moment zum Schluss immer wieder kleine Puzzlestücke zusammensetzen zu lassen. Das ganze Drama, welches Erin Bell damals erleben musste und welches sie bis heute nicht loslässt, entfaltet sich also erst mit der Zeit... und sobald dieses dann gelüftet ist, fühlt es sich auch ein wenig schwach an. 
Das Problem von "Destroyer" ist nicht, dass er nicht spannend wäre (einige zentrale Szenen sind schlichtweg enorm packend, ohne dabei zu überzeichnen), sondern, dass sein Plot eben nicht unbedingt das Gelbe vom Ei ist. Kusama müht sich, jeder Nebenfigur so etwas wie ein eigenes Problem mitzugeben, letztendlich ist dabei aber wenig herausgekommen, was so richtig beeindruckend ist. Denn im Kern ist es eben eine recht simple Angelegenheit, die sich hier entfaltet, die hier nun eben nicht als Actionthriller, sondern als persönliches und sehr düsteres Drama angegangen wird. Und da weder der Plot noch die Hauptfigur an sich so spannend sind, dass man zwei Stunden lang nicht den Blick von ihnen abwenden kann, fühlen sich diese hundertzwanzig Minuten ab und an eben auch recht lang an. 
Es ist also ganz klar die Show von Nicole Kidman, die diesen Thriller zumindest ansatzweise zu etwas Besonderem machen kann... und tatsächlich muss sogar ich, der kein großer Fan des "Eyes Wide Shut"-Stars ist, konstatieren, dass dies eine ihrer besten Leistungen in ihrer langen Karriere als Hollywood-Superstar ist. Hier und da überzeichnet sie noch ein wenig, ansonsten ist Kidman hier jedoch so böse, so abgefuckt, so dermaßen stark, dass man sie kaum noch wieder erkennen mag. Sie zeigt Mut zur Hässlichkeit, besitzt eine ungemeine Dringlichkeit in ihrem Spiel, ohne den Zuschauer damit zu überrollen und bleibt dabei dennoch menschlich, nahbar, nachvollziehbar. Kidman zog mich hier tatsächlich in ihren Bann und überrollt dabei sogar noch ihre talentierten Co-Stars... und dabei hat Kusama mit Marvel-Star Sebastian Stan, der für "Orphan Black" Golden-Globe-nominierten Tatiana Maslany oder auch Toby Kebbell als Bösewicht einige Könner auf dem Parkett. 
Problematisch wird es eben nur, wenn Kidman die ganze Show beherrscht, die Figur, die sie spielt, dies jedoch nicht vermag. So haben wir hier einen recht seltenen Fall einer schlichtweg grandiosen Darstellung, bei welcher die dargestellte Figur, obwohl ihr Ecken und Kanten zugestanden werden, längst nicht so schillernd und interessant ausfällt. Es war mutig, einen solch dreckigen Cop-Thriller zu gestalten, doch ist der Plot nicht so finster und abgefuckt, wie er manchmal eben tut. Im Kern kennen wir das alles schon, Regisseurin Kusama macht daraus in langen Monologen und etlichen Nebenschauplätzen aber mehr, als eigentlich da ist. Das fällt immer wieder auf und sorgt für einen Film, der kaum besser gespielt sein könnte... darüber hinaus aber an seinen eigenen, turmhoch aufgestellten Erwartungen scheitert.

Fazit: Nicole Kidman beherrscht den Film mit einer schlichtweg meisterhaften Darstellung, wogegen die von ihr gespielte Figur und der Plot nicht ankommen. "Destroyer" ist düster und dreckig, allerdings auch recht zäh und überraschungsarm, wobei er sich komplexer und innovativer gibt, als er letztendlich ist.

Note: 3-


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