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Reine Chefsache

Für mich war es immer eine der größten Horrorvorstellungen, irgendwann beruflich in einem Büro zu enden - ich konnte mir nichts langweiligeres vorstellen, nichts, was mich weniger erfüllen würde. Damit will ich niemandem ans Bein pinkeln, der einen Bürojob hat, denn solange es ihm oder ihr Spaß macht, ist es auch das Richtige. Bislang konnte ich den Schreibtischen beruflich glücklicherweise ausweichen und hoffe, dass ich das auch zukünftig tun werde... bis dahin kann ich mich jedoch an Filmen und Serien vergnügen, die genau das zum Thema haben. Auch die Komödie "Reine Chefsache" spielt sich weitestgehend in Büros und Bürofluren ab, gewinnt dabei aufgrund seines eher lauen Konflikts aber zu selten an Schwung...

REINE CHEFSACHE


Der zweifache Vater und Ehemann Dan Foreman (Dennis Quaid) führt die Werbeanzeigenabteilung einer Sportzeitschrift und beschäftigt sich besonders mit der Gewinnung von neuen Kunden, um das Blatt überleben zu lassen - in Zeiten des Internets steht diese Zukunft tatsächlich auf der Kippe. Als die Abteilung aufgekauft und von dem unerfahrenen Jungspund Carter Duryea (Topher Grace) übernommen wird, muss Foreman seinen Schreibtisch räumen und sich plötzlich mit dem zweiten Platz zufrieden geben... was ihm, gerade angesichts des jungen Alters seines neuen Chefs, überhaupt nicht passt. Tatsächlich fühlt sich auch Duryea als plötzlicher Miesmacher in seiner Position kaum wohl und sucht zwanghaft Anschluss, wobei er sich zuerst dem deutlich abweisenderen Foreman zuwendet...

Die Ausgangssituation ist klar und nicht sonderlich komplex: Ein älterer, enorm berufserfahrener Bürohengst muss sich mit einem neuen Vorgesetzten herumärgern, der wesentlich weniger Erfahrung besitzt und altersmäßig glatt sein Sohn sein könnte. Dass ein solcher Konflikt durchaus funktionieren und für viel Charme und Witz sorgen kann, dass man sich gut vorstellen und auch angesichts der bunten Starbesetzung und eines im Kern recht charmanten Trailers dachte ich, dass ich mit dieser kleinen Komödie vielleicht einen echten Treffer gelandet haben könnte. Letztendlich habe ich mich aber nur über kürzere Strecken gut unterhalten gefühlt, während der Film darüber hinaus viele Chancen liegen lässt, um mutlos und mit wenig Ecken und Kanten ins Ziel einzurudern, wobei am Ende nur sehr, sehr wenig hängen bleibt. 
Die Schuld der Schauspieler ist diese lauwarme Unterhaltung allerdings nicht, denn gerade Dennis Quaid und "The Big Wedding"-Star Topher Grace spielen sich in den Hauptrollen recht genüsslich die Bälle zu: Wo Grace noch hektisch und mit sich selbst und der neuen Berufssituation, der Verantwortung und dem Stress, vollkommen überfordert ist, agiert Quaid wunderbar grantig - wenn diese beiden Egos aufeinanderprallen, gibt es angesichts manch eines gut getimten Gags auch mal ein paar unerwartete Lacher zu verzeichnen. Leider sind diese innerhalb der manchmal etwas langen hundert Minuten, da Autor Paul Weitz (der übrigens auch Regie und Produktion übernahm) zu mutlos vorgeht und darauf verzichtet, seinen Darstellern auch mal etwas bissigere Kommentare in den Mund zu legen. Man geht zu sehr auf Nummer sicher und die ganze Geschichte bleibt dabei in vorhersehbaren Bahnen, bis zum versöhnlichen Ende, welches man in dieser Form natürlich auch schon von weit her hat kommen sehen. 
Das ist dann alles nicht schlecht, da Grace und Quaid über etwaige Schwächen zu gekonnt hinwegspielen, aber es ist eben auch alles ziemlich lau, streift Klischees nicht nur, sondern nimmt sie ungemein stark in sich auf und plätschert dann auch noch in einer ebenso unglaubwürdigen wie kitschigen Liebesgeschichte ermüdend vor sich hin - da kann auch die reizende Scarlett Johansson wenig retten, die hier plötzlich mit dem überforderten Duryea anbandeln muss. Dementsprechend langweilt man sich dann im Gesamtpaket zwar selten, so richtig begeistert werden aber auch nur die wenigsten sein, da man hier ein Unterhaltungsfilmchen abliefert, welches so enorm auf Nummer sicher geht, dass jegliche Überraschung fehl am Platze ist... und dem gegen Ende dann auch noch der zuvor immerhin noch wohl dosierte Charme abhanden geht. Es gibt wahrlich schlechtere Filme, um einen kurzweiligen Abend zu verbringen, doch der zentrale Konflikt hätte gerade dank der Schauspieler wesentlich mehr hergegeben als dieser harmlose Schlagabtausch.

Fazit: Eher laue Komödie, die in vorhersehbaren Bahnen verläuft, Kitsch mit zahnlosem Humor verbindet und seinem zentralen Konflikt zu wenig Schwung verleiht. Über etwaige Schwächen spielen Dennis Quaid und Topher Grace zum Glück zumeist gekonnt hinweg.

Note: 3-






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