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Sing

Letztes Jahr traten zwei Animationsfilme von zwei verschiedenen, ungemein erfolgreichen Studios zum Weihnachtsgeschäft gegeneinander an: Disneys "Chaos im Netz", von Kritikern, Fans und auch von mir geliebt; und "Der Grinch" von Dreamworks Animation, eine rundum kalkulierte und kaum innovative Ware von der Stange. Beide gaben sich rein finanziell nichts, was irgendwie schade ist. Denn Dreamworks liefert zumindest bis auf wenige Ausnahmen rein qualitativ stets nur Sicherheiten ab - für Kids schnörkellose Unterhaltung, aber eben nicht kreativ, wogegen Disney zumindest versucht, sich immer wieder neu zu erfinden. Auch "Sing" ist ein solches Produkt seitens Dreamworks, welches wirklich kein Wagnis eingeht und dabei nur auf kurzen Strecken wirklich unterhalten kann.

SING


Die große Leidenschaft des Koalas Buster Moon war schon immer das Theater. Mittlerweile hat es sich für ihn als Bühnenproduzent jedoch erschöpft: Seine Shows will keiner sehen, das Theater steht kurz vor der Bankübernahme, Busters Karriere steht vor dem Ende. Als letzte Rettung möchte er eine Castingshow veranstalten und den Freunden und Nachbarn der Stadt eine Chance geben, ihre Talente preiszugeben. Durch einen Tippfehler bei der Bekanntgabe des Preisgelds tummeln sich plötzlich etliche tierische Talente beim Casting und Buster Moon glaubt schon an einen gigantischen Erfolg. An den glauben auch die Castingteilnehmer, darunter die unzufriedene Hausfrau Rosita, der in kriminelle Machenschaften verwickelte Gorilla Johnny und der enorm von sich überzeugte Mäuserich Mike...

Es ist eine ausgesprochen simple Geschichte, die Dreamworks hier an den Mann bringt und sollte man wirklich versucht haben, einem aktuellen Trend nachzueifern, so kommt dieser damals zum Weihnachtsgeschäft 2016 gestartete Animationsfilm schon ein paar Jährchen zu spät - die seit ewigen Jahren laufenden Fließbandshows rund um "Deutschland sucht den Superstar" oder "The Voice" fahren ja schon länger nicht mehr die absoluten Traumquoten wie noch vor einer Dekade ein. Um die simple Handlung noch ein wenig aufzupeppen und sie auf spielfilmgerechte 108 Minuten zu strecken, haben die Jungs und Mädels von Dreamworks eine üppige Vielfalt an Charakteren zusammengetrommelt. Der Direktor des Theaters, seine Belegschaft, mehrere Castingteilnehmer, Geldgeber und sogar ein paar böse Buben - sie alle wollen zu ihrem Recht kommen, bekommen mal mehr, mal weniger ihre eigenen Plots zugedichtet und müssen eigene Probleme bekämpfen. Das sorgt dann zwar durchweg für ein hohes Tempo, der Fokus des Plots geht aber auch immer wieder verloren, wenn dieser doch recht gehetzt von einem Charakter zum nächsten springt, dabei aber auch die Zeit fehlt, mal bei einem von ihnen wirklich in die Tiefe zu gehen. 
Deswegen entstammen sie auch alle der Klischeekiste und können nicht aus dieser ausbrechen - wer da mit wem Krach haben wird und auch wie sich die Figuren mit der Zeit entwickeln, ist keine Frage des "Wie", sondern nur des "Wann". Als zentrale Hauptfigur fungiert dann der Entwickler der Castingshow und der ins Theater schier verliebte, allerdings auch mit finanziellen Problemen behaftete Koala Buster Moon funktioniert auch als Identifikationspunkt. Mit ein paar kleinen Highlights und einem hübschen Finale warten sie dann auch auf und man fühlt sich zumindest immer wieder sehr solide unterhalten - dennoch ist hier nichts wirklich bemerkenswert. 
Wie gewohnt ruht sich Dreamworks auf dem aus, was eben drin sein sollte, und verpasst es dabei, kreative Schübe zu setzen, die man so nicht erwartet. Man kann sich nur mit einem seligen Grinsen ausmalen, wie Pixar beispielsweise das erste große Vorsingen gestaltet hätte - Dreamworks hingegen lässt einfach nur verschiedene Tierarten ein paar generische und altbekannte Popsongs trällern, wobei nicht ein einziger Lacher entsteht. Das ist dann zwar alles ganz nett, aber die Idee bezüglich einer Castingshow mit Tieren hätte eigentlich auch ein paar echte Brüller erzielen können. Stattdessen ist das alles vorhersehbar und selbst die Idee bezüglich einer von vermenschlichten Tieren bewohnten Großstadt hat man in "Zoomania" schon wesentlich fixer, ausgereifter und sogar glaubwürdiger gesehen. 
In Deutschland hat man zudem, leider ebenfalls üblich, etliche Promis als Synchronsprecher engagiert. Wo Schauspieler wie Alexandra Maria Lara oder Katharina Thalbach noch einen sehr professionellen Job machen, sieht das an anderen Stellen schon schlechter aus. Einen Daniel Hartwich, der hierzulande nicht nur die Reality-Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus", sondern passenderweise eben auch die Castingshow "Das Supertalent" moderiert, als Moderator der Show zu benutzen, ist zwar ein netter Casting-Coup, als Stimmtalent funktioniert er jedoch ebenso wenig wie die schwachen und viel zu sehr auf korrekte Wortlaute bedachten Klaas Heufer-Umlauf, Olli Schulz oder gar YouTube-Star Inscope21.

Fazit: "Sing" ist definitiv unterhaltsam und legt gerade in der zweiten Hälfte noch einmal ordentlich zu. Leider wird die Idee mit etlichen Figuren überladen, man ruht sich zu sehr auf dem "netten" Niveau aus, verpasst wirklich kreative Gelegenheiten. Das ist dann zwar alles ganz okay, aber auch flott wieder vergessen und ohne sonderlichen Tiefgang.

Note: 3-





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