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Dumbo (2019)

Von den drei Realfilm-Remakes seitens Disney, die in diesem Jahr ins Kino kommen werden, empfand ich "Dumbo" von Anfang an als interessantestes Produkt. Denn wo die Neuverfilmungen von den Zeichentrick-Meisterwerken "Aladdin" und "Der König der Löwen" sich sicherlich nah ans Original halten werden, ohne mit dessen Charme konkurrieren zu können (davon gehe ich zumindest nach den ersten Bildern und den Stati der Originale aus), musste man den Blick bei "Dumbo" erweitern - der ist im Original schließlich nur rund eine Stunde lang, bietet kaum sprechende Charaktere und bietet sich auch darüber hinaus kaum für eine abendfüllende Realvariante an. Ich war also gespannt, was Tim Burton dem Stoff hinzufügen würde und ob man nun endlich ein Disney-Remake an den Start bringt, welches mehr als nur solide Unterhaltung bietet...

DUMBO


Im Jahr 1919 kehrt Holt Farrier (Colin Farrell) aus dem Krieg zum Zirkus Medici zurück - dort soll er unter dem aufgeregten Zirkusdirektor Max Medici (Danny DeVito) gemeinsam mit seinen beiden Kindern Milly (Nico Parker) und Joe (Finley Hobbins) für die Elefanten sorgen. Der Zirkus steckt in einer Krise, weswegen Medici alle Hoffnungen auf ein kleines Elefantenbaby setzt - nachdem er sich empört über die großen Ohren des neugeborenen Dumbos zeigt, stellt er jedoch bald fest, dass das kleine Tier erstaunliche Fähigkeiten in der Manege besitzt. Medici riecht das große Geld, die Farriers hingegen sorgen sich um den kleinen Dumbo, als dessen Ruhm schon bald den extravaganten Unternehmer V.A. Vandevere (Michael Keaton) auf den Plan ruft.

Diesmal hat es Disney geschafft, sich tatsächlich von der klassischen Vorlage zu lösen. Anders als noch bei "Die Schöne und das Biest" und zu Teilen auch bei "The Jungle Book" haben sich die Macher rund um "Alice im Wunderland"-Regisseur Tim Burton die bekannte Ausgangssituation zunutze gemacht, um drumherum eine weitestgehend neue Geschichte zu erfinden. Das ist an sich ja schon mal ein sehr netter Ansatz, denn in dem Moment, zu welchem das Original in den 40ern endete, ist hier gerade einmal die Halbzeit erreicht. Klassische Momente, die in den bisherigen Disney-Remakes trotz aller technischer Brillanz höchstens kopiert wurden, werden hier nur angeteasert und musikalisch als Hommage an den Zeichentrickklassiker genutzt. Das funktioniert ziemlich gut, wenn man sich dabei auf eine generell neue Geschichte einlässt und hin und wieder mit kleinen Winks zum Altbekannten geködert wird - so findet zum Beispiel die Parade der rosa Elefanten auch hier einen Auftritt, allerdings in gänzlich anderer Form. 
Das ist dann natürlich auch etwas korrekter als noch beim Original. Alkohol trinkt der kleine Dumbo hier schon mal gar nicht und auch den aus heutiger Sicht gar etwas rassistischen Auftritt der unterstützenden Raben hat man gestrichen. Generell hat man "Dumbo" also sowohl an die Neuzeit als auch ans Blockbuster-Kino angepasst: Visuell erhellend, mit einem Score, aus dem die Chöre strömen, einigen schönen Actionszenen, einem langen Showdown und Stars in Haupt- und Nebenrollen. Und trotzdem, obwohl man die Vorlage erweitert und sich zumindest ein paar neue Wege traut, wirklich begeistern will das Werk nicht. 
Das liegt zum einen an dem Plot, der hier nie wirklich Schwung entwickelt und in diesem Bereich auch ein furchtbar alter Hut ist - Spannung kommt selbst beim Finale, welches auf dieses angelegt ist, nie auf, da Disney sich zu sehr auf altgedienten Charakterschemata ausruht. Die Figuren wirken wie reine Abziehbilder und obwohl man sich eine neue Geschichte ausdachte, mangelt es vollständig an Überraschungen. Und auch die obligatorischen Magic Moments wirken lau - es ist eine schöne Szene, wenn sich der kleine Dumbo zum ersten Mal in der Manege in die Lüfte schwingt, beim dritten und vierten Mal wirkt es aber beinahe schon wieder wie eine Pflichtübung. Unter dem tosenden Score versinken die Macher schier in den immer weiteren Anlaufversuchen des kleinen Elefanten, lassen ihn zu etlichen Rettungsaktionen herumfliegen, mit sich hadern und im letzten Moment, vor dem Fall zu Boden, wieder an Luft gewinnen. 
Das ist visuell durchaus berauschend, aber es ist auch offensichtlich, dass die Ausgangssituation letzten Endes eben wenig mehr zulässt als das, was wir hier nun zu sehen bekommen: Eine leicht bekömmliche Abenteuergeschichte im Zirkus mit einem süßen Elefanten in der Hauptattraktion. Unter den Darstellern versprüht einzig "The Comedian"-Star Danny DeVito als Szenendieb so etwas wie Spielfreude, während Michael Keaton, Colin Farrell und Eva Green in typischen Rollen verheizt werden - selbst die Kinderdarsteller bleiben neben dem visuellen Spektakel reichlich blass. Das genügt zwar, um durchaus nett unterhalten zu werden, ein neuer Qualitätssprung ist Disney mit seiner Live-Remake-Reihe aber wieder nicht gelungen. Wir warten dann also besser auf "Aladdin", dem ich mehr zutraue als dem "König der Löwen" im Sommer.

Fazit: Die Geschichte des Originals wird erweitert und fortgesetzt, visuell ist das spektakulär und in einigen Momenten charmant. Dennoch weiß der Plot in seiner Einfachheit nicht zu packen, die Charaktere verkommen zu Abziehbildern und mit 112 Minuten ist diese simple Geschichte auch deutlich zu lang geraten.

Note: 3






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